Samstag, Oktober 5

Mode für die Massen statt Pariser Haute Couture: Die ehemalige Chloé- und Givenchy-Chefdesignerin geht zu Uniqlo.

Jil Sander, Tomas Maier, Jonathan Anderson: Die Liste der Designer, die schon für den japanischen Retailer Uniqlo entworfen haben, ist nicht lang, aber illuster. 2023 stiess Clare Waight Keller mit zwei Kollektionen pro Jahr dazu: Nachdem die Britin ihren Job als Kreativdirektorin beim Pariser Couture-Haus Givenchy im Frühjahr 2020 aufgegeben hatte, war es ruhig geworden um sie. Nun hat Uniqlo bekanntgegeben, dass Waight Keller auch für die Hauptkollektionen der japanischen Marke für Frauen und Männer verantwortlich sein wird.

«Neben ihrer aussergewöhnlichen Originalität und ihrem grossen Erfahrungsschatz hat mich vor allem ihr ausgeprägter Sinn für Ausgewogenheit beeindruckt, der nie die Perspektive der Kundinnen und Kunden aus den Augen verliert», wird der CEO und Präsident des Uniqlo-Besitzers Fast Retailing, Tadashi Yanai, in einer Pressemitteilung zitiert.

Veteranin der Modewelt

Clare Waight-Keller ist seit den neunziger Jahren in der Modewelt zu Hause. Direkt nach ihrem Masterabschluss am Royal College of Art in London wurde sie bei Calvin Klein in New York City angestellt. Nach Abstechern zu Ralph Lauren und Gucci unter Tom Ford leitete sie bald das Traditionshaus Pringle of Scotland. 2011 wurde sie zur Kreativdirektorin von Chloé ernannt. Ihre Vorliebe für fliessende Silhouetten und Mode, die sich mit der Trägerin bewegte und wandelte, zeichnete ihre Kollektionen für das von Gaby Aghion gegründete Haus aus.

2017 wurde Waight Keller als erste Frau zur Kreativdirektorin des Pariser Couture-Hauses Givenchy ernannt. Dort entwarf sie unter anderem das schlichte, bodenlange Brautkleid mit ausladender Schleppe, das Meghan Markle trug, als sie Prinz Harry heiratete. Doch schon 2020 verliess die Designerin das Modehaus. Auf sie folgte der Amerikaner Matthew Williams; seit seinem Abgang ist der Posten des Kreativdirektors bei Givenchy vakant.

Trenchcoats und Plisseeröcke

2023 begann die Zusammenarbeit mit Uniqlo für die gemeinsame Kollektion «Uniqlo: C», die diesen Herbst zum dritten Mal erscheint und Klassiker wie Trenchcoats und Plisseeröcke mit der Handschrift von Clare Waight Keller versieht. «Neue Modeformen» könne man nun für die Hauptkollektion erwarten, erklärte die Designerin gegenüber «Vogue Business»: mehr flache Schuhe, mehr Prints, weiter geschnittene Jeans, jüngere Silhouetten. Gerade auch wegen der anhaltenden Auswirkungen der Pandemie auf die Art, uns zu kleiden, sei es ihre Mission, «Komfort mit einem ausgeprägten Sinn für Mode zu verbinden». Das Ziel sei «etwas, das sich gut anfühlt, gut aussieht, aber auch ganz einfach zu tragen ist», sagte sie.

Gerne wird Clare Waight Kellers Stil auch dafür gelobt, dass er die weibliche Perspektive besonders gut repräsentiere. Als 2023 zahlreiche Neuernennungen männlicher Kreativdirektoren bei grossen Modehäusern bekanntwurden, war es ihr Name, der als Beispiel dafür genannt wurde, dass viele talentierte Frauen in der Modebranche bei solchen Entscheidungen übergangen würden. Nun hat Waight Keller eine Stelle inne, mit der sie wohl weit mehr Menschen erreichen wird als mit einem Posten bei einem Luxushaus.

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