Die Erholung des Halbleitermarktes verschleppt sich, doch die strukturellen Treiber gelten als intakt: The Market zeigt, was diese Ausgangslage für die Schweizer Zulieferer bedeutet und welcher von ihnen den Anlegern das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.

Die Schweizer Halbleiterwerte haben einen schlechten Start ins Jahr 2025 erwischt. Als Comet am 6. März den Jahresabschluss präsentierte, stürzten ihre Aktien um 12% ab. Der Ausblick für das laufende Jahr fiel tiefer als erwartet aus.

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Auch Inficon wurde abgestraft. Die Titel büssten am 13. März wegen des ebenfalls enttäuschenden Ausblicks mehr als 9% ein: Nachdem der Umsatz zuletzt leicht auf 671 Mio. $ abgenommen hatte, soll er in diesem Jahr 660 bis 710 Mio. $ erreichen – davor war der Analystenkonsens von einer Steigerung auf mehr als 720 Mio. $ ausgegangen.

Comet, Inficon und VAT im Vergleich

Am besten erging es VAT Group. Die von ihr prognostizierte Umsatzbandbreite für das erste Quartal 2025 verheisst ein Wachstum von rund 40 bis 50% gegenüber dem Vorjahr. Auch ihre Valoren liegen im bisherigen Jahresverlauf im Minus, wenn auch weniger als die anderen zwei Halbleiterwerte.

Wachstumstreiber intakt

Auch wenn Comet, Inficon und VAT alle als Ausrüster für die Halbleiterindustrie tätig sind, gibt es zwischen ihnen einige bemerkenswerte Unterschiede.

Zurzeit treibt gerade der Trend zu künstlicher Intelligenz (KI) die Investitionen in die Fertigung von hochwertigsten Logikchips. VAT sei in diesem Leading-Edge-Segment «voll involviert», sagt Urs Beck, Fondsmanager bei Arfina Capital. Diesbezüglich gebe es einen Unterschied zu Comet, die vorab im Ausrüstergeschäft für Memory Chips tätig sei: Der Markt für diese Speicherchips ist stark zyklisch und derzeit noch von Überkapazitäten geprägt. Eine Erholung hat sich immer wieder verzögert.

Eine zentrale Frage lautet daher, wann der Investitionszyklus in der Halbleiterindustrie volle Fahrt aufnimmt. Sowohl Beck wie Manuel Bottinelli, Portfoliomanager bei Peter J. Lehner & Partner, heben hervor, dass die strukturellen Wachstumstreiber völlig intakt sind.

Miniaturisierung und Autarkie

Megatrends wie KI, die exponentiell steigenden Datenmengen oder das zuletzt etwas aus dem Blickfeld geratene autonome Fahren treiben die Nachfrage nach Halbleitern. Die Miniaturisierung schreitet voran: Chips kleiner als 7 Nanometer zählen zum Leading-Edge-Segment. Für dieses Jahr wird die Einführung von 2-Nanometer-Chips erwartet. Zur Herstellung solcher Leading-Edge-Chips sind inzwischen rund 2000 Prozessschritte erforderlich.

Bottinelli verweist auch auf das Bedürfnis nach einer vom Ausland unabhängigen Chipproduktion in den USA (Chips and Science Act), in Europa (European Chips Act) und insbesondere auch in China. All diese Faktoren treiben die Investitionen in Anlagen für die Halbleiterfertigung und damit die Nachfrage nach den hochwertigen Produkten der Schweizer Zulieferer.

Mit Blick auf den zyklischen Markt für Memory Chips respektive das Massengeschäft erwarten Comet wie Inficon einen Aufschwung für die zweite Jahreshälfte. Noch am Kapitalmarkttag vom November 2023 hatte Comet die Aussage gewagt, dass der aktuelle Halbleiterzyklus 2027 sein Hoch erreichen könnte – nach den Verzögerungen vermutet Fondsmanager Beck nun, dass das erst 2028 der Fall sein werde.

Inficon am stärksten diversifiziert

Unter den drei Halbleiterzulieferern gibt es gewichtige Unterschiede hinsichtlich der Produkte und der Marktausrichtung. Am wenigsten abhängig von der Halbleiterindustrie ist Inficon, die in diesem Markt geschätzt 50 bis 55% des Umsatzes erzielt. Die breitere Diversifizierung hat zur Folge, dass ihre Aktien verglichen mit Comet oder VAT üblicherweise etwas geringere, allerdings immer noch weit überdurchschnittliche Kursausschläge verzeichnen.

Inficon gilt als innovativer, führender Anbieter von Messtechnik, Sensortechnologien und Software zur Prozesssteuerung. Wie The Market in einer früheren Analyse ausgeführt hat, kommen die Produkte unter anderem in der Gaslecksuche für Klimatechnik, in der Halbleiterfertigung oder der Qualitätskontrolle von Batterien in der Automobilindustrie zum Einsatz. Aufgrund des breiten Sortiments und der vielen Endmärkte sei Inficon komplex und schwierig zu verstehen, sagt Fondsmanager Beck. Dieser Faktor dürfe mit Blick auf die Börsenpsychologie nicht unterschätzt werden.

Fokussierung von Comet

Comet hat sich in diesem Jahrzehnt zusehends stärker auf den Halbleiterbereich ausgerichtet. Die veränderte Fokussierung macht aus Sicht von Portfoliomanager Bottinelli Sinn. Er betont zudem, dass das Unternehmen «sehr innovativ» sei.

Seine Hochfrequenzsystemlösungen steuern kritische Plasmaprozesse innerhalb der Herstellung von Halbleitern und anderen digitalen Bausteinen. Matchboxen dienen dabei zur Stabilisierung des Plasmas, mit diesen Regelgeräten hält Comet einen Marktanteil um 40%. Bei Vakuumkondensatoren, die einen zentralen Teil der Matchboxen bilden, beträgt er rund 70%.

Ein noch junges Produkt im Sortiment ist der RF-Generator. Er dient, als Herzstück der Stromversorgung, zur Plasmaanregung und treibt die Matchbox an. Damit erschliesst sich das Unternehmen einen Milliardenmarkt. Ein Verkaufsargument lautet, dass die Kunden eine Schnittstelle weniger haben, wenn sie bei Comet zugleich Matchbox und RF-Generator ordern.

Einige Bedenken

Das Ziel sei, im laufenden Zyklus mit dem RF-Generator einen Marktanteil um 10% zu erreichen, weiss Beck. Er gibt aber zu bedenken, dass die Halbleiterbranche «konservativ ist und die Zulieferer nicht gern wechselt».

Tatsächlich ist der Verkaufsstart für den Hoffnungsträger harzig verlaufen: «Der Markt hat mehr erwartet», bestätigt Bottinelli von Peter J. Lehner & Partner. Er sieht das ambitionierte Management aber auf Kurs zu einem realistischeren Marktplan. In Bezug auf die Unternehmensleitung hat er jedoch einen Kritikpunkt: «Uns fallen die häufigen Wechsel negativ auf.»

Nun tritt an der Generalversammlung im April noch Verwaltungsratspräsident Paul Boudre nach nur einem Jahr im Amt ab. Die Passage in der Mitteilung, wonach er sich «auf andere Verpflichtungen» konzentrieren wolle, hört sich für Bottinelli nicht danach an, als sei Comet für Boudre zu einer Herzensangelegenheit geworden.

VAT dominierend

Der unkomplizierteste Fall für Anleger ist VAT. In der Halbleiterfertigung werden Vakuumkammern in grossem Umfang eingesetzt, und das Unternehmen aus dem Rheintal liefert die dazu benötigten Ventile. Als ein Wachstumstreiber wirkt die Miniaturisierung. Denn je kleiner die Chips werden, umso mehr vakuumgestützte Prozessschritte sind für die Herstellung erforderlich, und umso grösser fällt der Bedarf an Vakuumventilen aus.

Bei VAT haben, inklusive des Segments Global Service, rund 80% des Umsatzes einen Halbleiterbezug. Wie Bottinelli ausführt, eignen sich ihre Aktien «besonders gut dafür, die strukturellen Trends oder auch die Zyklen in der Halbleiterindustrie zu nutzen».

Das Unternehmen dominiert seine Konkurrenz: Sein Marktanteil im Segment für Halbleiter und halbleiternahe Vakuumventile ist in den vergangenen fünf Jahren stets gestiegen, zuletzt um 2 Prozentpunkte auf 70%. Ungeachtet dieses hohen Levels rechnet das Management damit, in diesem Jahr «und darüber hinaus» das erwartete Marktwachstum zu übertreffen. Die Annahme lautet, dass VAT dank des höheren Marktanteils bei Spitzentechnologieanwendungen in hohem Masse von der Miniaturisierung sowie dem Technologiewandel in den Bereichen Logik und Speicher profitieren kann.

VAT zielt auch auf die Erhöhung des Share of Wallet: Laut Beck hat sie als Lieferantin am gesamten Einkaufsvolumen eines Endkunden wie des taiwanesischen Halbleiterfertigers TSMC derzeit einen Anteil von 2 pro 100 Fr. Durch Ausschöpfung der Möglichkeiten und zusätzliche, ergänzende Angebote sei bis zu eine Verdoppelung möglich.

Margen zeigen Qualitätsrangfolge

Die herausragende Stellung von VAT unter den Halbleiterzulieferern manifestiert sich in den Margen: Das Unternehmen setzte sich 2022 für die folgenden fünf Jahre zum Ziel, ein Betriebsergebnis auf Stufe Ebitda im Korridor von 32 bis 37% des Umsatzes zu erreichen. Nachdem dieses Band 2024 im ersten Halbjahr unterschritten worden war, resultierte im zweiten Halbjahr eine Marge von 32,2%.

Damit bestätigt VAT, dass sie in der Qualitätsrangfolge unter den drei Halbleiterzulieferern an erster Stelle steht. Inficon erzielte letztes Jahr eine Ebitda-Marge von 23,1%. Comet schaffte 13,6%, hat sich jedoch die Vorgabe gesetzt, auf dem Gipfel des Halbleiterzyklus einen Wert von 25 bis 30% zu erreichen.

Finanziell stehen die drei Zulieferer alle auf sehr gesunden Beinen: VAT hat geringfügige Nettoschulden von 0,3-mal Ebitda. Inficon und Comet weisen gar Nettoliquidität aus. Damit liesse sich auch ein Abschwung überstehen.

Die Frage der Bewertung

Für den erwarteten Aufschwung sind die Unternehmen gut gerüstet, erläutert Bottinelli. So habe VAT, die vorwiegend in der Schweiz, Malaysia und Rumänien produziere, die Kapazitäten ausgebaut. Als ein Meilenstein gilt der Bau der zweiten Produktionsstätte im malaysischen Penang, der 2024 abgeschlossen wurde. Auch Comet hat im letzten Oktober den Spatenstich für ein neues Werk in Penang gefeiert. Dieses Jahr will man in dem südostasiatischen Land, als einem regionalen Hub, 40 Mio. Fr. investieren.

Vor dieser verheissungsvollen Zukunft bleibt für die Anleger die Frage, ob die Aktien der Zulieferer preiswert sind. Billig sind sie jedenfalls alle nicht, wie die nachstehende Tabelle zeigt. Bei allen liegt aber das Shiller-Kurs-Gewinn-Verhältnis, das auf dem Durchschnittsgewinn der letzten zehn Jahre basiert, näher beim Zehnjahrestief als beim Zehnjahreshoch.

Empfehlenswert, je nach Risikoneigung

Beck von Arfina Capital sagt, er habe die Valoren von VAT in seinem Fonds übergewichtet. Da sie die beste Qualität unter den Halbleiterzulieferern böten, seien sie in diesem schwierigen Umfeld die sicherste Wahl.

Er behält Comet und Inficon aber im Blick: Je mehr in Kapazitäten für Speicherchips investiert werde, umso mehr würden diese Titel an Momentum gewinnen. Comet werde am meisten vom Aufschwung im Halbleitermarkt profitieren, dank ihren neuen Angeboten, zu denen neben dem RF-Generator ein neues Röntgensystem zur Inspektion von Halbleitern gehört.

Bottinelli von Peter J. Lehner & Partner sieht alle drei Halbleiterwerte als gute Beimischung im Portfolio an. Zurzeit sei man in VAT investiert, «wenn wir noch einen weiteren dazunehmen, dann Inficon». Distanz hält er zu Comet, anders als so manche Schweizer Vermögensverwalter und Fonds, die in diesem Titel positioniert sind. Bottinelli anerkennt, dass Comet das grösste Potenzial zur Margenverbesserung habe, aber dieser Fall sei auch mit den grössten Unwägbarkeiten behaftet.

The Market kann sich den beiden Vermögensverwaltern anschliessen. Alle drei Halbleiterwerte haben ihren Reiz, bei einem unterschiedlichen Risikoprofil: VAT bietet unbestritten Topqualität. Inficon zeigt dank breiterer Diversifizierung eine etwas weniger volatile und flachere Entwicklung. Comet birgt die grössten Risiken, bietet aber auch das grösste Wachstums- und Erholungspotenzial.

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