Der Detailhändler Coop will sich auf seine eigenen Stärken konzentrieren. Die Differenzen zur Migros sind deutlich – auch bei den Geschäftszahlen.
Im Schweizer Detailhandel ist gerade viel im Umbruch. Die Migros als grösste Detailhändlerin des Landes hat jüngst einen radikalen Umbau angekündigt: Sie will unter anderem die Reisetochter Hotelplan verkaufen sowie verschiedene Fachmärkte wie den Elektronikhändler Melectronics und den Sportartikelanbieter SportX.
Der Konkurrent Coop hat nun jedoch klargemacht, dass er nicht als Käufer dieser Firmen infrage komme. Man habe «kein Interesse an einer kompletten Übernahme von Marken der Migros», sagte der Coop-Chef Philipp Wyss an der Jahrespressekonferenz des Unternehmens in Basel. Das gelte sowohl für Hotelplan wie Melectronics und auch andere zum Verkauf stehende Migros-Tochterfirmen.
Konzentration auf Interdiscount und Fust
Laut Wyss will sich Coop auf seine eigenen Formate konzentrieren. Im Elektronikhandel habe man bereits im vergangenen Jahr die Hausaufgaben gemacht. Die Tochter Microspot ist vollständig in das Online-Angebot von Interdiscount integriert worden. Damit ist Coop im Elektronikhandel im Wesentlichen noch mit den zwei Formaten Interdiscount und Fust präsent – sowohl im Internet wie mit stationären Läden. An der Trennung dieser Unternehmen wolle man aber festhalten, weil sie unterschiedliche Zielgruppen und Sortimente hätten.
Eine vollständige Übernahme der Melectronics-Läden passt nicht in die Coop-Strategie – zumal die Hälfte der Umsätze im Schweizer Elektronikhandel ohnehin bereits ins Internet abgewandert ist. Laut Wyss hat Coop aber Interesse an einzelnen Ladenflächen. Wenn zum Beispiel in einem Migros-Einkaufszentrum die Melectronics-Filiale verschwinden sollte und ein anderer Elektronikhändler gesucht werde, könne dies für Fust oder Interdiscount attraktiv sein.
Coop will keine Arztpraxen
Für die Migros ist das mangelnde Kaufinteresse von Coop keine gute Nachricht. Branchenexperten gehen davon aus, dass es sehr schwer werden wird, überhaupt einen Käufer für Melectronics und SportX zu finden. Auch die Reisetochter Hotelplan wird die Migros womöglich nur loswerden, wenn sie filetiert und in Teilen verkauft wird.
Die gegenwärtigen Umbrüche zeigen klar die Differenzen zwischen Migros und Coop. So will sich die Migros nun zwar fokussieren, indem sie Teile ihres bisherigen «Gemischtwarenladens» verkauft. Aber als einen strategischen Pfeiler sieht sie weiterhin das Gesundheitsgeschäft mit dem Betrieb von Arztzentren, Zahnarztpraxen und Apotheken (Medbase-Gruppe). Die Migros fühle sich im Sinne des Firmengründers Gottlieb Duttweiler der Volksgesundheit verpflichtet, heisst es.
Der Coop-Chef Wyss sagt demgegenüber: «Wir haben uns bewusst gegen einen Einstieg ins Gesundheitsgeschäft entschieden.» Zwar betreibe Coop auch Apotheken. Aber Arztzentren und Zahnarztpraxen wolle man nicht führen, denn das sei ein branchenfremdes Geschäft. «Als Detailhändler sehen wir das nicht als unseren Auftrag.»
Solide Geschäftszahlen
Coop kommt derzeit zugute, dass das Unternehmen seit langem eine klare Strategie und Struktur hat. Bereits vor zwanzig Jahren wurden die Regionalgenossenschaften abgeschafft, während sie bei der Migros nach wie vor für eine komplizierte Organisationsstruktur sorgen. Strategisch fokussiert sich Coop auf den Detailhandel sowie auf den Grosshandel und die Produktionsbetriebe.
Diese Klarheit schlägt sich auch in den Geschäftszahlen nieder. Coop hatte 2023 erneut ein solides Geschäftsjahr. Bei der Migros hingegen wird wegen des Umbaus ein hoher Abschreiber auf dem Gewinn lasten, wie sie angekündigt hat.
Coop vermochte den Netto-Umsatz im Jahr 2023 auf 33,6 Milliarden Franken (+1,4 Prozent) zu steigern. In der Schweiz legten die Supermärkte vor allem wegen steigender Preise zu, die Non-Food-Fachformate schrumpften hingegen leicht. Besonders dynamisch entwickelte sich die Grosshandelstochter Transgourmet, die vor allem im europäischen Ausland tätig ist. Der Grosshandel ist zusammen mit den eigenen Produktionsbetrieben (u. a. Bell, Halba) mittlerweile das zweite starke Standbein von Coop mit einem Umsatz von 16,6 Milliarden Franken.
Robust entwickelte sich auch die Ertragskraft von Coop. Die Betriebsgewinn-Marge (Ebit) erhöhte sich leicht auf 2,6 Prozent des Umsatzes. Das ist ein Wert, den die Migros mit ihren Umbauplänen auch anstrebt. Fast unverändert ist in den vergangenen fünf Jahren die Reingewinn-Marge von Coop geblieben. Im Jahr 2023 betrug sie 1,7 Prozent. Die Konstanz ist ein Ausweis für die Solidität von Coop.