Samstag, Oktober 12

Edelweiss_Loren Bedeli

Das Paradies im Herzen Mittelamerikas hat sich vorgenommen, Millionen von Touristen durch das Land zu schleusen, ohne die Natur in Mitleidenschaft zu ziehen. Eigentlich ist das unmöglich. Costa Rica versucht es trotzdem.

Plötzlich ist es still. Der Guide legt den Zeigefinger an die Lippen, niemand rührt sich. Das Boot schaukelt sanft, links und rechts der dichte Regenwald Costa Ricas. Einen Moment lang sollen wir innehalten, aufsaugen, was uns umgibt: feuchtes Holz, ineinander verwobene Lianen, moosgrüne Blätter. Ohne einen Mucks von uns zu geben, nehmen wir nun den Klang des Waldes immer deutlicher wahr – als ob jemand einen Lautsprecher aufdrehte: die zwitschernden Vögel in den Baumkronen, das Zirpen von Zikaden neben uns, das Röhren weit entfernter Brüllaffen, das Plätschern des Wassers an der Bootsschale.

Es ist sieben Uhr morgens, wir sind in Tortuguero, einem abgelegenen Nationalpark an der Karibikküste. Jetzt stehen die Chancen gut, Tiere zu sehen, denn sie befinden sich gerade auf ihrer morgendlichen Nahrungssuche. Exotische Tiere sind einer der Hauptgründe, weshalb Touristen nach Costa Rica und besonders nach Tortuguero reisen. Auch wir begreifen noch am selben Morgen aus nächster Nähe, warum ein heimischer Basilisk «Jesus Christ Lizard» heisst: weil er nämlich flink übers Wasser rennt. Wir beobachten Kaimane, die in der vermeintlichen Sicherheit ihrer Tarnung erstarren, wenn ein Boot voller Touristen naht. Und wir sehen Kapuzineräffchen dabei zu, wie sie sich, eins nach dem anderen, durch die Äste über den Fluss hangeln.

Für diesen einen Augenblick reicht allein der Klang des Regenwalds, der uns ehrfürchtig staunen lässt. Dann ist der Moment vorbei. Der Motor heult auf, und wir setzen die Fahrt fort. Stundenlang zieht saftiges Emeraldgrün an uns vorbei. Zwei Oropendola (goldenes Pendel) fliegen über unseren Köpfen durch: Singvögel in einem rotbraunen Federkleid mit himmelblauen Flecken um die Augen, umrahmt von einer leuchtend orangen Schnabelspitze und goldgelben, langgezogenen Schwanzfedern. Wir sehen den Jesus-Christ-Basilisken, die Kaimane, Kapuzineräffchen. Die Eindrücke sind so zahlreich, dass ich irgendwann aufhöre, bei einer Entdeckung die Kamera zu zücken. Nicht aus Achtsamkeit, sondern aus Sättigung.

Hat mich die stete Unterhaltung der modernen Welt für solche urnatürlichen Erfahrungen verdorben? Oder ist Costa Rica einfach zu schön, um wahr zu sein?

Egal, wie abenteuerlich wir uns beim Reisen fühlen, letztlich entlarven wir uns immer wieder als Konsumenten, die ihren Appetit auf Aufregendes und Schönes stillen wollen. Als ich mich nun an einem derart schönen Ort wiederfinde, passiert etwas Seltsames: Ich beginne, an seiner Echtheit zu zweifeln. Da muss doch ein Haken sein?

Ich ahne: Die überwältigende Natur Costa Ricas hat ihren Preis.

Wo man zwei Ozeane gleichzeitig sehen kann

Costa Rica war lange ein Geheimtipp. Das kleine Land im Herzen Mittelamerikas zieht jährlich bis zu 2,5 Millionen Touristen aus aller Welt an. Die meisten von ihnen sind Amerikaner, viele reisen direkt an den Strand. Seit einigen Jahren zählt Costa Rica auch in der Schweiz zu den beliebtesten Ferienzielen: Laut dem nationalen Tourismusinstitut (ICT) reisten im vergangenen Jahr über 29 000 Schweizerinnen und Schweizer nach Costa Rica. Das sind etwa gleich viele Personen, wie jeden Tag den Louvre in Paris besuchen. Doch im Gegensatz zu vielen Amerikanern suchen Herr und Frau Schweizer mehr als kitschige Palmenstrände.

Costa Rica ist ein seltenes Paradies. Über die Hälfte des Landes ist mit Wald bedeckt. Wer nur an tropischen Regenwald denkt, liegt falsch. Die Vielfalt des Landes zeigt sich schon hier: Costa Rica beheimatet sechs verschiedene Arten von Wäldern.

Da sind Flachlandregenwälder, Auwälder oder die eindrücklichen Nebelwälder – etwa im beliebten Monte Verde –, die von einer mystischen Wolke umhüllt werden. Die Pazifikküste wiederum beheimatet tropischen Trockenwald im Norden und im Süden Mangrovenwälder, deren Wurzeln wie Pfähle aus dem Wasser ragen; sie schützen ganze Küstengebiete vor Sturmfluten.

Costa Ricas Wälder verdanken ihre Existenz nicht nur der Nähe zum Äquator, sondern auch der Topografie: Eine Bergkette erstreckt sich von der Grenze Nicaraguas im Norden bis zur Grenze Panamas im Süden. Sie teilt das Land in eine karibische und eine pazifische Seite. Die Bergkette hat nicht nur drei verschiedene Klimazonen im Land geschaffen, sie sorgt auch dafür, dass die herannahenden Wolken aus der Karibik regelrecht an der Bergkette «gemolken werden» – was den Regenwald erhält.

Für die Touristen bringt diese Bergkette ein paar Besonderheiten mit sich: Einerseits macht sie das Wetter auf der Karibikseite unberechenbarer. In der Regenzeit etwa nahen von dieser Seite Tropenstürme. Andererseits erschwert die Topografie eine Reise quer durchs Land. Wer den Weg über die wenigen, aber kurvigen Bergstrassen wählt, bezahlt oft mit einem flauen Magen. Wer das Gebirge umfährt, muss für den Weg von der Ost- zur Westküste schon einmal eine ganze Tagesreise einrechnen.

Dabei liegen die beiden Küsten stellenweise nur 120 Kilometer Luftlinie auseinander. Diese Besonderheit ermöglicht hingegen, dass man von gewissen Orten zwei Ozeane gleichzeitig sehen kann. Zum Beispiel, wenn man mit etwas Wetterglück auf den Aussichtspunkt am Vulkan Irazú wandert. Die Chancen, freie Sicht auf beide Küsten zu geniessen, stehen in der Trockenzeit (von Dezember bis April) am besten.

Die Jaguare sind hungrig

Es ist kurz vor Mittag auf Tortuguero, der überwaldeten Landzunge, eingeklemmt von Wasser. Wer sich hier fortbewegt, tut das per Boot. Die Sonne steht hoch am Himmel, die Luft ist so feucht, dass die Kleider an der Haut kleben. Wir legen am Pier der «Mawamba»-Lodge an. Ihre Bungalows, mit dunklem Tropenholz verkleidet und auf Stelzen gestellt, erstrecken sich wie alle Hotels in Tortuguero zwischen Fluss und Meer. Eugenia Jurado, die Hotelmanagerin, begrüsst uns; sie trägt Shirt, Anzugshose und Flipflops. Eigentlich lebe sie in der Hauptstadt San José, wo sie noch andere Hotels betreut. Regelmässig pendle sie nach Tortuguero. «Und jedes Mal, wenn ich hierherkomme, fühle ich dieselbe Ehrfurcht wie beim ersten Mal», erzählt Jurado. «Es ist, als betrete man eine andere Dimension.» Worte, die ich vor meinem Besuch als pathetisch und übertrieben abgetan hätte. Doch hier, zwischen Fluss, Regenwald und Strand, zweifle ich nicht daran.

Hier in Tortuguero scheint die Welt in ihren Fugen, hier leben Mensch, Tier und Pflanze noch in Einklang, denke ich mir. Das Gebiet ist eine lange Landzunge, umgeben von Meer auf der einen Seite (schwimmen verboten, weil Haie) und Fluss auf der anderen (schwimmen verboten, weil Kaimane).

Die Umgebung aber ist auf Tortuguero nebensächlich. Der Ort ist nach dem spanischen Wort für Schildkröte (Tortuga) benannt. Jeden Sommer legen hier mehr als 20 000 Meeresschildkröten ihre Eier entlang des Strandes. Bis in die Herbstmonate können Besucher jungen Schildkröten beim Schlüpfen zusehen – und dabei, wie sie den lebensgefährlichen Weg ins Meer auf sich nehmen. Das grösste Risiko aber birgt die Zeit davor: Viele Eier werden bereits im Nest gefressen, vor allem von Jaguaren, grossen Vögeln und zunehmend auch von Streunerhunden.

Die Schildkröten haben ihre Eierlegezeit noch nicht begonnen. Die hungrigen Jaguare tauchen deshalb immer öfter in der Nähe des Dorfes auf. «Vor zwei Tagen hat ein Jaguar abends einen Hund seiner Halterin entrissen», sagt der Guide. Auch das ist Natur, denke ich mir, und davon gibt’s hier reichlich.

Wie Costa Rica zum nachhaltigen Vorzeigekind wurde

So unberührt, wie sie scheint, ist die Natur hier nicht. Das Gebiet steht stellvertretend dafür, was in Costa Rica in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist. Tortuguero steht erst seit den 1970er Jahren unter Naturschutz. Ein grosser Teil des Gebiets ist kein unberührter Urwald, sondern ein wiederaufgeforsteter Wald.

Lange Zeit war die Region um Tortuguero unbesiedelt. Die ersten Bewohner, die sich hier in den 1930er Jahren niederliessen, waren Schildkrötenjäger. Doch sie töteten nicht nur die Schildkröten, sondern rodeten auch grosse Teile des Waldes. Das heutige Paradies war ein ausgebeuteter Fleck Landschaft.

In den 1970er Jahren begann ein Umdenken, Costa Ricas Regierung wagte ihre grösste Wette: Sie bremste jene Wirtschaftszweige, die die Natur plünderten, und setzte stattdessen auf deren Erhalt – mit dem Risiko, dass es nicht gleich lukrativ sein würde. In den letzten fünfzig Jahren hat das Land zahlreiche Gebiete geschützt und Nationalpärke geschaffen (zum Beispiel Manuel António oder Braulio Carrillo). Der Tourismus erfand sich mit möglichst ökologischen Angeboten neu. Regierung und NGO haben die Forschung und den Erhalt von Arten vorangetrieben. Der Grosse Soldatenara beispielsweise – ein auffälliger, limettengrüner Papagei mit türkisfarbenen Flügeln und einem roten Band über der Stirn – war schon fast ausgestorben. Seit ein paar Jahren vermehrt er sich in den geschützten Gebieten des Landes wieder. Kurz: Costa Rica hat die Wette gewonnen. Es wurde zum nachhaltigen Vorzeigekind Lateinamerikas.

Heute zieht das Land Besucher aus aller Welt an – und zwar mit dem Alleinstellungsmerkmal einer enormen Biodiversität, die sich bereisen lässt, ohne dass man ein schlechtes Gewissen zu haben braucht. Der Tourismus ist heute die wichtigste Einnahmequelle des Landes. «Früher haben wir die Natur getötet, um zu überleben. Heute erhalten wir sie, um zu überleben», summiert der Guide.

Das klingt gut. Und doch befindet sich Costa Rica damit in einem konstanten Spannungsfeld: Millionen von Touristen durch das Land zu schleusen, ohne die Natur in Mitleidenschaft zu ziehen – eigentlich ist das unmöglich. Costa Rica versucht es trotzdem.

Zahlreiche Hotels und Resorts geben an, den Wasserverbrauch so tief wie möglich zu halten, manche verzichten auf Klimaanlagen (zum Leidwesen der Amerikaner), und alle beteuern, so viel wie möglich zu rezyklieren. Auch das zeigt sich nirgends deutlicher als in Tortuguero – ganz einfach deshalb, weil alles, was hier im Abfall landet, stundenlang mit dem Boot aus dem Nationalpark wegtransportiert werden muss. «Also bemühen wir uns, so wenig wie möglich überhaupt von Tortuguero wegschaffen zu müssen», sagt die Managerin der «Mawamba»-Lodge auf Tortuguero. Die neusten Bungalows beispielsweise sind mit einem bunt gefleckten Boden ausgestattet. Erst wer genauer hinschaut, kann den Ursprung der farbigen Stücke erahnen: Es sind zerkleinerte PET-Flaschen und -Deckel, die in den Zement integriert wurden – und so nicht entsorgt werden mussten.

Recycling ist vor allem für die Touristen

Überhaupt soll künftig weniger Plastikabfall entstehen: Stolz erzählt unser Guide von einem Gesetz, das kürzlich verabschiedet worden sei, um Einwegplastik zu verbieten. Auf unserer Reise stellt jedes Hotel seinen Gästen Wasserspender zur Verfügung, um die Trinkflaschen mit gefiltertem, kühlem Wasser aufzufüllen. Um die Bemühung zu unterstreichen, schenken die Hotels ihren Gästen auch gerne gleich eine Alutrinkflasche, die wahlweise mit dem Hotellogo mit landestypischen Sujets (Vulkane, Koalas, Tukane) versehen ist. Am Ende der Reise werde ich drei solcher Flaschen im Gepäck mitschleppen – und mir überlegen, wie ich zwei davon möglichst umweltfreundlich wieder loswerden könnte.

Am Strand von Tortuguero stehen «5 Minute Beach Cleanup»-Stationen: Abfallstationen, bei denen die Lodge-Gäste sich einen Eimer schnappen und während fünf Minuten Abfälle im Sand einsammeln können. Fünf Minuten, um das Gewissen zu erleichtern, denke ich mir, eine Art ökologischer Ablasshandel. Die gesammelten Abfälle landen im Recycling-Center von Tortuguero: einer Lagerhalle im Herzen des 700-Seelen-Dorfes, in der die Materialien getrennt, zerkleinert und neu aufbereitet werden. Was nicht wiederverwendet werden kann, wird in die Hauptstadt San José verschifft.

Für entsorgungsbewusste Schweizer mag dieser Ort wenig beeindruckend sein, in Costa Rica gilt die Anlage aber als revolutionär. Gerade für Costa Ricaner, die am Existenzminimum leben – und von ihnen gibt es einige –, hat es nicht oberste Priorität, den Müll korrekt zu trennen. Ob sich das mit den jüngsten Bemühungen verändert hat? «Für die Einheimischen ist das Rezyklieren noch immer etwas fremd», erklärt der Betreiber des Zentrums. «Es ist nicht ganz einfach, sie umzugewöhnen.» Dient das Recycling also bis jetzt vor allem dem Tourismus?

Der Verdacht erhärtet sich, als unsere Reise uns von der Karibik- zur Pazifikküste führt. Verlässt man die touristischeren Gebiete, säumen immer wieder PET-Flaschen und leere Aludosen die Strassenränder. Vor einigen Häusern verbrennen Leute ihren Abfall. Ich ertappe mich beim Gedanken: «So ganz angekommen scheint das Umweltbewusstsein bei der Bevölkerung ja noch nicht.» Und erinnere mich, dass ich über 9000 Kilometer hierhergeflogen bin, zu Hause ein Auto habe, exotische Früchte nicht nur in den Ferien geniesse – und mein ökologischer Fussabdruck den der meisten Costa Ricaner bei weitem übertrifft. Der ausgeprägte Eco-Tourismus gibt mir das Gefühl, ziemlich nachhaltig Ferien zu machen.

Wir fahren durch zahlreiche Dörfer. Die Behausungen sind auf der karibischen Seite oftmals sehr einfach: einstöckige Häuser mit fensterförmigen Aussparungen und Wellblechdach. Sie werden grösser und moderner und die Gärten blumiger, je mehr wir uns dem Pazifik nähern. Was im ganzen Land gleich ist: Das Leben findet draussen statt, auf den Schaukelstühlen vor den Häusern, auf dem Fussballplatz im Dorfzentrum, bei den Märkten am Strassenrand.

Die Ticos, so nennen sich die Costa Ricaner, sind bekannt für ihre Lebensfreude. Der Ausdruck «pura vida» («pures Leben») ist untrennbar mit Costa Rica verknüpft, und er ist mehr als ein plumper Slogan im Reiseprospekt. Er ist das Lebensmotto der Ticos und ein Ausdruck, den sie gerne an allen möglichen Orten im Gespräch einwerfen. Zum Beispiel als Antwort auf ein Dankeschön: «Gracias» – «Pura vida». Oder um zu fragen, wie es einem gehe – und auch, um zu sagen, dass es gutgehe: «Pura vida?» – «Pura vida.» Es vergeht kein Tag, an dem man den Ausdruck nicht irgendwo hört. Und er verrät einiges über die Kultur: Ticos sind Geniesser, sie leben im Hier und Jetzt. Ganz gleich, wie die Umstände sind – da ist immer Raum für Positivität, Freude, da ist immer «pura vida».

Um diese lebensfrohe Einstellung werden die Ticos oft beneidet. Doch sie birgt auch eine Herausforderung: Wenn für eine Gesellschaft nur das Heute zählt – wie bringt man sie dazu, ihren Alltag darauf auszurichten, auch die Zukunft lebenswert zu machen?

Das Geheimnis der Ceviche

Es ist ein schwüler Abend, als wir in La Fortuna eintreffen, einem Ort am Fusse des Arenal-Vulkans. Er ist ein Symbol dafür, dass die Natur nicht immer unseren touristischen Wünschen folgt. Über Jahrzehnte galt der Arenal als einer der aktivsten Vulkane der Welt. Zahlreiche Postkarten und Souvenirs mit einem Magma-speienden Berg zeugen davon. Vor ein paar Jahren erlosch er – und der Ort verlor plötzlich seine wichtigste Attraktion. Noch immer sind zahlreiche Hotelfenster auf den inzwischen schlafenden Vulkan ausgerichtet. Man stelle sich vor, das Matterhorn verlöre plötzlich seine markante Silhouette.

La Fortuna musste sich neu erfinden. Geworben wird nun mit den zahlreichen «hot springs», mit Wanderungen und Action-Angeboten rund um den Arenal. Der Region kommt zugute, dass ein Vulkan fruchtbare Erde hinterlässt: Die Natur um den Berg spriesst in leuchtenden Farben. Und die Neuausrichtung funktioniert: Der Ort ist noch heute voller Touristen.

An jenem Abend betreten wir ein Restaurant. Zwei Frauen verteilen gleich am Eingang Welcome-Drinks, Ananaspüree mit Schuss. Dazu: Röhrchen, auf deren Papierverpackung «biodegradable» steht. Sie muten verdächtig nach Plastik an. Warum ich auch überall das Haar, pardon, den Plastik in der Suppe suchen muss.

Apropos Suppe: Auf dem Tisch stehen Schälchen mit Ceviche. Die kühle Fischsuppe schmeckt süss und erfrischend sauer zugleich. Sie ist so lecker, dass meine Zweifel sofort vergessen sind. Wenig später dürfen wir die hausgemachte Ceviche versuchen. Ich nehme mir vor, das Rezept zu notieren, gedanklich serviere ich die Suppe bereits zu Hause beim nächsten Grillabend. Dann weiht uns die ältere Köchin in die Geheimzutat ein: Sie zeigt auf eine PET-Flasche – und ich schlucke leer. Nicht wegen des Plastiks, nein, wegen des Inhalts: Es ist kein Gartenkraut und kein selbstgemachter Trank, was die Ceviche so erfrischend süss schmecken lässt. Es ist Ginger Ale.

Als wir wieder am Tisch Platz genommen haben, tunken wir selbstgemachte Tortillas in die Ginger-Ale-Ceviche. Das Gericht steht sinnbildlich für die Reise: Manchmal ist etwas so gut, dass man lieber nicht alles darüber erfahren will. Weil es einem die Illusion stiehlt. Und oftmals sind Ferien genau das: das Schwelgen in einer Phantasie. Man geht nach Hause, ehe einen die Realität einholt.

Mein Blick schweift zum erloschenen Vulkan. Die Natur dieses Landes ist überwältigend, und sie ist echt. Doch sie birgt die Verantwortung, sie zu erhalten.

Ich nippe am Strohhalm.

Diese Reportage wurde möglich dank der Unterstützung von Edelweiss (www.flyedelweiss.com). Die Fluggesellschaft fliegt direkt nach San José.

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