Dienstag, Januar 7

Die spanische Fussballliga ist die Finanz-Tricks von Barça endgültig leid. Olmo könnte den katalanischen Verein nun ablösefrei verlassen – das will er vorerst aber nicht.

Die Situation ist wohl einmalig in der Geschichte des europäischen Spitzenfussballs. 48 Millionen Euro plus Boni vereinbarte der FC Barcelona im Sommer mit RB Leipzig als Ablöse für den spanischen EM-Star Dani Olmo.

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Nun sieht es danach aus, dass sich Barça quasi selbst um dieses Geld geprellt hat. Am Samstag haben die Liga und der Fussballverband in Spanien die Verlängerung der Spielberechtigung von Olmo und des ebenfalls im Sommer verpflichteten Angreifers Pau Víctor definitiv verweigert. Damit bleiben die Profis ab sofort ohne Einsatzmöglichkeit. Olmo wird laut einer Klausel in seinem Vertrag damit zum «free agent» – der Offensivspieler könnte ablösefrei zu jedem anderen Verein wechseln und dort auch problemlos eingeschrieben werden.

Olmos Spielberechtigung vom Sommer war befristet

Warum das in Barcelona nicht mehr möglich ist, liegt an den jahrelangen Schuldenproblemen der Katalanen sowie an den Regelungen der spanischen Fussballliga zur Gehaltsobergrenze. Jeder Verein erhält von der Liga individuell einen Rahmen für die Personalausgaben. Barça presste Olmo schon in Sommer erst mit Verspätung und nur deshalb zeitlich befristet unter diesen Lohndeckel, weil der Klub die Bezüge des langzeitverletzten Andreas Christensen aus der Gleichung streichen durfte. In der zweiten Saisonhälfte wird der Däne allerdings wieder einsatzfähig sein.

Um Olmos Spielerlaubnis über den 31. Dezember hinaus zu verlängern, hätte Barça bis zu diesem Stichtag neue Ressourcen generieren und bei der Liga belegen müssen. Die nötigen Millionen wurden mit dem Verkauf künftiger Einnahmen aus den VIP-Logen des Stadions Camp Nou an Investoren vom Persischen Golf zwar letztlich auch beschafft. Wie die Liga nun bestätigte, darf Barça damit in diesem Winter-Transferfenster erstmals seit 2019 wieder ohne notwendige Einsparungen bei den Personalausgaben agieren. Doch der Nachweis der Zahlungen durch die neuen Investoren gelang dem Fussballklub erst am 3. Januar. Und eine zweite Spiellizenz für denselben Profi im gleichen Verein und in der gleichen Saison ist laut spanischen Verbandsvorschriften verboten.

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Unter anderem gegen die Anwendung dieses Passus, der ein Hin-und-her-Verschieben von Spielern verhindern soll, auf den Fall Olmo will Barça nun eine Art Gnadengesuch vor der spanischen Sportaufsichtsbehörde CSD einreichen. Der entsprechende Antrag soll am Dienstag, dem ersten Werktag dieser Woche in Spanien, gestellt werden. Auch mit der asynchronen Frist des 31. Dezember kann der Klub zu argumentieren versuchen, da sich das Winter-Transferfenster und damit die Chance zu Korrekturen in der Kadergestaltung erst zu diesem Termin öffneten.

Barça erwägt den Gang vors Gericht

Notfalls will der Klub sogar den Weg vor die ordentliche Gerichtsbarkeit gehen. Doch die Erfolgschancen gelten schon deshalb als gering, weil der Verein über alle Vorschriften stets im Bilde war. Schon vor dem Jahreswechsel waren zwei Klagen Barças gegen die Liga abgewiesen worden. Süffisant erinnerte der zuständige Handelsrichter an die Chronologie des Olmo-Transfers, der vor der zunächst «rettenden» Verletzung Christensens besiegelt worden war: «Es wurde praktisch jemand für eine Elternzeitvertretung unter Vertrag genommen, noch bevor überhaupt die Schwangerschaft existierte.»

Derweil Barças definitiver Schaden noch zu taxieren sein wird, braucht sich der Verein um den Spott nicht zu sorgen: Am Samstag beim 4:0 gegen den Viertligisten Barbastro in der Copa del Rey sangen die gegnerischen Fans: «Wo ist Dani Olmo, wo ist er?»

Noch problematischer für den skandalumwitterten Verein ist allerdings der neuerliche Verlust von Prestige und Glaubwürdigkeit. Die Liga ist die Finanz-Tricks aus Barcelona endgültig leid, der Verband verzichtet womöglich sogar auf einen Auswahl-Star. Denn ohne einen gültigen Spielerpass darf Olmo auch nicht fürs Nationalteam antreten. Die Funktionäre standen bei ihrer Entscheidung aber auch unter dem Druck der anderen Vereine. «Wir hoffen, dass die Regeln für alle gleich gelten», sagte etwa Diego Simeone, der Trainer von Atlético Madrid.

Barça scheint nun auf Gedeih und Verderb auf Olmos Goodwill angewiesen zu sein; andernfalls droht dem Verein ein Millionenverlust. Der Klub spekuliert sogar darauf, sich mit Olmo im schlimmsten Fall gütlich auf eine vorübergehende Vertragsaufhebung zu einigen. Die würde dem Fussballer ein halbes Jahr in einem anderen Verein ermöglichen – ab dem Sommer könnte Olmo dann zum FC Barcelona zurückkehren.

Bis anhin trainiert der 26-Jährige weiterhin mit dem Team, auch zum spanischen Supercup diese Woche in Saudiarabien soll er reisen. Via seinen Agenten Andy Bara liess Olmo ausrichten, dass «wir nicht an andere Optionen als Barça denken». Olmo ist Katalane und ein Eigengewächs des Vereins; mit 16 ging er um der Karriere willen nach Kroatien zu Dinamo Zagreb, danach zu RB Leipzig, bevor er im vergangenen Sommer nach Barcelona zurückkehrte. Es sollte ein Happy End werden.

Auf ein solches muss nun insbesondere der Barça-Präsident Joan Laporta hoffen. Im Zuge der «beispiellosen Lachnummer» – wie das örtliche Prestigeblatt «La Vanguardia» schrieb – geriet wieder einmal dessen selbstherrlicher Führungsstil in die Kritik. Laportas Vereinsführung seit 2021 ist gekennzeichnet von Sprunghaftigkeit und blinder Gefolgschaft. Der Klub hat seither über zwanzig Vorstände und Manager verloren, weil der Präsident findet, einen Fussballklub mit potenziellem Milliardenumsatz «wie ein Familienunternehmen» führen zu können.

Freilich war unter Laportas Angehörigen niemand in der Lage, in den vier Monaten seit dem Sommer eine belastbare Lösung zur Einschreibung des Königstransfers Olmo zu finden. Nun steht Barça vor einem Scherbenhaufen. Und hat die Kehrschaufel nicht einmal mehr selbst in der Hand.

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