Die Basler sind Meister, zum 21. Mal bereits, aber dieser Titel ist nach dem Absturz im Vorjahr ein besonderer. Für eine neue Basler Ära im Schweizer Fussball gibt es indes wenige Anhaltspunkte, zu viele Fragezeichen umgeben den Klub immer noch.

Eigentlich hätte das ja die Saison werden sollen, in der die Super League wieder einmal ein Titelrennen bietet, Spannung und Drama, bis zur letzten Runde. Lange sprach vieles dafür. Acht Teams innerhalb von sechs Punkten, so war das noch Anfang März, und die Metapher vom Schneckenrennen um den Meistertitel in jenen Tagen eine oft bemühte.

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Aber jetzt, Anfang Mai und drei Runden vor Schluss, steht der FC Basel bereits als Schweizer Meister fest. Lange gehörten auch die Basler zu den Schnecken. Aber dann versetzte sie die Aussicht auf den ersten Meistertitel seit 2017 in einen Tempo-, einen Siegesrausch. Sie jagten der Konkurrenz davon, gewannen zuletzt sieben Meisterschaftsspiele in Folge, Torverhältnis: 25:4. Es ist die passende Schlusspointe einer zuweilen bizarren Saison.

Der FC Basel hat bereits seine 21. Meisterschaft gewonnen, doch dieser Titel ist nicht einfach ein weiterer in seinem reich befrachteten Palmarès; er geht als Besonderheit in die Geschichte ein, weil er überraschend kommt wie kaum einer zuvor.

Schliesslich ist es noch nicht lange her, dass der FC Basel am Boden lag. Vor eineinhalb Jahren war er Tabellenletzter in der Super League. Der Klub stand damals neben sich, zerzaust vom Transferwirbelsturm, dem ihn der Präsident David Degen ausgesetzt hatte.

Zahlen reichen nicht, um Shaqiris Wirkung zu erfassen

Jetzt hat der FC Basel wieder mehr Halt, die Frage ist nur, wie nachhaltig er wieder zu sich gefunden hat. Und wie sehr Xherdan Shaqiri alte Probleme überdeckt, dieser kleine grosse Fussballer, der in Basel herangewachsen war, in die Fussballwelt zog und mit 32 Jahren zurückkehrte.

Als sich Shaqiri im August den euphorisierten Basler Massen präsentierte, dauerte es nicht lange, bis der Heimkehrer vom «Barfi» sprach, dem Barfüsserplatz, wo der Klub seine Titel zu feiern pflegt. Das klang damals forsch, etwas überheblich. Es gab Beobachter, die prophezeiten, dass das nicht gut kommen werde mit dem alternden Shaqiri und dem strauchelnden FC Basel. Und die Basler Verantwortlichen riskierten ja auch einiges mit dem Transfer, weil Shaqiri ein teurer Fussballer ist und einer, um dessen Fitnesszustand sich schon länger Fragezeichen rankten.

Es ist gut gekommen, mehr als das. Shaqiri erblühte in der Heimat, wo es Nestwärme gibt und er das Zentrum von allem ist, noch einmal. 31 Spiele, 18 Tore, 20 Assists, 87 Prozent absolvierte Spielminuten: Das sagt schon viel, doch Zahlen reichen nicht aus, um Shaqiris Wirkung zu erfassen.

Er kam als verlorener Sohn nach Hause, um den Klub wieder aufzurichten. Andere hätte diese Aufgabe erdrückt, aber nicht Shaqiri; er schulterte sie mit der ihm eigenen Leichtigkeit. Allein in den letzten sieben Spielen, als die Basler zum Meistertitel spurteten, war er an 17 Toren beteiligt. Shaqiri war hinten, vorne, überall. Ganz so, als wolle er allen zeigen, was da gerade auf dem Spiel stehe.

Shaqiri hat eine Geschichte geschrieben, die man sich noch lange erzählen wird, in Basel und darüber hinaus; er hat die Liga dominiert, wie das noch kein anderer Spieler vor ihm getan hat, und man kann sich schon fragen, was das über die Super League aussagt. Er ist der wichtigste Basler Protagonist dieser Saison. Ein anderer heisst David Degen, der Präsident.

Wie lang bleibt Degen ruhig?

Vier Jahre ist es nun her, dass Degen den Klub von Bernhard Burgener übernommen hat. Es war eine stürmische, gar wilde Zeit, in der Degen zuweilen wie ein Irrwisch durch den Transfermarkt rauschte, bis irgendwann nichts mehr zusammenpasste, alles zerfiel, siehe: letzter Platz im Herbst 2023.

Degen erklärte sein Vorgehen auch damit, dass er den Klub zuerst sanieren müsse, bevor er ihn stabilisieren könne. Auf dem Transfermarkt ist die Bilanz seines FC Basel vorzüglich. Er betreibt gutes Scouting, besitzt Verbindungen, zeigt Geschäftsgeschick. Das illustrieren die alljährlichen Handelbilanzsüberschüsse – zuletzt waren es 27 Millionen Franken –, die geholfen haben, die Klubfinanzen zu stabilisieren.

Auf dem Transfermarkt bewies Degen oft ein gutes Näschen; auf dem Personalmarkt gilt das weniger. Einst trennte er sich zu früh von Trainer Patrick Rahmen, wie er später selbst einräumte. Schraubte später endlos an den sportlichen Strukturen. Griff mit Trainer Timo Schultz daneben. Musste auch der Sportchef Heiko Vogel entlassen und viele andere mehr, aus allen möglichen Funktionen.

Doch zuletzt ist in Basel so etwas wie Ruhe eingekehrt, für Degen-Verhältnisse zumindest.

Es gibt mit Daniel Stucki seit einem Jahr einen Sportchef, der komplizierte Dossiers wie die Abgänge der Identifikationsfiguren Fabian Frei und Taulant Xhaka erstaunlich geräuschlos moderierte und der überhaupt eine beruhigende Wirkung zu haben scheint, auf Präsident Degen und den Klub. Im FC Basel kommen jetzt deutlich weniger Fussballer als in der Vorsaison zum Einsatz, er hat an Stabilität und Reife gewonnen. Mit Shaqiri haben sich die Basler das entscheidende Puzzleteil geleistet, das zwar keinen Wiederverkaufswert besitzt, aber den Klub und die Stadt wieder zusammengebracht hat.

Über Fabio Celestini, den Trainer, wurde zwar im Herbst und im Frühling diskutiert. Das verdeutlicht, wie fragil die Basler Ruhe zuweilen war. Aber Celestini ist immer noch da. Alles andere wäre auch erstaunlich, schliesslich hat er den Klub als Tabellenletzter übernommen, damals, im dunklen Herbst 2023. Hat die diffizile Aufgabe, Shaqiri alle Freiheiten und dem Team doch ein Gleichgewicht zu geben, vorzüglich gelöst. Und steht nun vor dem Gewinn des Doubles.

In den letzten 15 Jahren hat zuerst der FC Basel acht Titel in Folge gewonnen und dann YB sechs von sieben. Jetzt spricht wenig dafür, dass wieder eine Ära anbricht. Der FC Basel ist ein verdienter Meister, und seine Auferstehung ist spektakulär, doch der Blick in die Zukunft offenbart auch viele Unsicherheiten.

Ohne Xherdan Shaqiri wäre diese Saison wohl ganz anders gelaufen, und es steht in den Sternen, wie lange er noch so gut ist, wie er das zuletzt war. Im Herbst wird Shaqiri 34, und die neue Saison bringt für die Basler wieder Europacup-Fussball, vielleicht sogar die Champions League, bestimmt aber: viel mehr Spiele, die Shaqiri nicht alle bestreiten können wird.

Ob der Trainer dann immer noch Fabio Celestini heisst, ist zumindest fraglich. Präsident Degen und der Sportchef Stucki betonten zuletzt, mit dem Romand weitermachen zu wollen, aber herzhaft taten sie das nicht. Das ist ja überhaupt die Grundfrage: Wie nachhaltig ist die Basler Ruhe? Den einen oder anderen Transfer werden sie bestimmt tätigen, nur schon, um ihr strukturelles Defizit – die Rede war zuletzt von aktuell noch zehn Millionen Franken – zu decken. Und manchmal reichen ein, zwei neu gesetzte Schräubchen, und schon geraten die Dinge durcheinander.

So gross das Basler Glück gerade auch sein mag: Es könnte sich schon bald als flüchtig entpuppen.

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