Sonntag, Oktober 13

Nach der dritten Niederlage in Folge verdüstert sich die Lage des Nationalteams zusehends. Spieler und Trainer suchen die Gründe zu wenig bei sich selbst.

Wenn die Schweizer Fussballer in nächster Zeit einmal etwas Ablenkung brauchen, ein paar schöne Erinnerungen vielleicht, dann werden sie bestimmt nicht nach Leskovac zurückdenken. In der Stadt in Südserbien wurden sie am Samstagabend vom Publikum nicht gerade freundlich empfangen, allen voran Granit Xhaka. Der Schweizer Captain musste laute Pfiffe über sich ergehen lassen. Und als Xhaka und die Schweizer das kleine, aber schmucke Dubocica-Stadion wieder verliessen, taten sie das als Verlierer, zum dritten Mal in Folge.

0:2 in Serbien, nach dem 1:4 gegen Spanien und dem 0:2 in Dänemark: Mit jedem Spiel, das seit der EM in Deutschland ins Land zieht, verdüstert sich die Lage des Nationalteams. In Leskovac verloren die Schweizer gegen einen Gegner, der zuletzt vor einem guten Jahr ein Pflichtspiel gewonnen hat.

Als sie hinterher in den engen Katakomben Ursachenforschung betrieben, landeten sie erstaunlich oft nicht etwa bei sich selbst. Sondern bei den äusseren Umständen, zum Beispiel dem Rasen. Der Verteidiger Manuel Akanji wies darauf hin, dass dieser nicht einfach zu bespielen gewesen sei. Später tat das auch der Trainer Murat Yakin.

Yakin und das fehlende Wettkampfglück

Tatsächlich hatte das Geläuf in Leskovac wenig gemein mit den Rasenteppichen, welche die Schweizer Fussballer im Ligaalltag mit ihren Klubs antreffen. Aber ihre Probleme gingen in Leskovac schon tiefer; tiefer auch als das mangelnde Wettkampfglück, das sie hinterher wieder einmal beklagten. Der Trainer Yakin sagte, es sei halt vieles gegen die Schweiz gelaufen – das Eigentor von Nico Elvedi in der ersten Halbzeit, der verschossene Penalty von Breel Embolo in der zweiten.

Ähnlich hatte das schon nach den ersten beiden Nations-League-Spielen gegen Dänemark und Spanien im September geklungen. Damals durchaus zu Recht, weil die Schweiz gegen Dänemark eine ungerechtfertigte rote Karte kassierte und gegen Spanien das Pech hatte, dass der Videoschiedsrichter es nicht gut mit ihr meinte.

Doch nun, gegen Serbien, lagen die Dinge anders. Da hatten die Schweizer zu Beginn gegen einen sehr passiven Gegner zwar fast immer den Ball. Doch sie wussten kaum etwas mit ihm anzufangen. Nur einmal kreierten sie eine Chance, nach 32 Minuten, als Breel Embolo am Tor vorbeischoss.

Als die Serben dann mehr Gegenwehr leisteten, höher angriffen, ihre Körper wuchtiger in die Zweikämpfe warfen, hatten die Schweizer ihnen nur noch wenig entgegenzusetzen. Murat Yakin lag richtig, als er sagte, die Zweikämpfe seien «sicher nicht» die Stärke der Schweizer gewesen.

Das serbische Führungstor kurz vor der Pause kam zwar glückhaft zustande, weil Nico Elvedi den Ball nach einem Freistoss ins eigene Tor ablenkte. Aber eine Überraschung war es nicht mehr. In der zweiten Halbzeit lieferten die Schweizer dann keine Reaktion. Vielmehr verabschiedeten sie sich aus dem Spiel, ganz so, als hätten sie gar keine grosse Lust, überhaupt noch hier zu sein, in Leskovac, im Dubocica-Stadion.

An der EM im Sommer flogen die Schweizer hoch und bis in den Viertelfinal. Nun stellt sich immer lauter die Frage, warum die Schweiz jetzt so anders auftritt als noch in Deutschland. Murat Yakin sagte nach dem Spiel, da müsse man «die Spieler mit ins Boot holen»; der Goalie Gregor Kobel gab zu Protokoll, dass die Nations League schon etwas anderes sei als die EM. Damit war schon einiges gesagt.

Diesen Herbst geht es für die Schweizer nun nur noch darum, den erstmaligen Abstieg aus der obersten Liga der Nations League zu verhindern. Natürlich wäre es kein Weltuntergang, wenn ihnen das nicht gelänge; so, wie auch die Niederlage in Serbien kein Weltuntergang ist, wie Fabian Rieder nach dem Spiel anmerkte.

Die Schweizer haben ihr Selbstverständnis eingebüsst

Schlimmer ist die Diagnose, dass die Schweizer sich wieder mit Problemen herumschlagen, die im Sommer weit weg waren. Sie haben ihr Selbstverständnis eingebüsst und auch die Widerstandskraft. Und dann hat ihr Offensivspiel seine Durchschlagskraft fast völlig verloren; es erinnert in diesem Herbst zuweilen wieder an den Frühling, als die Schweiz gegen Dänemark und Irland testete und dabei kaum Torgefahr ausstrahlte.

An der EM war das anders, weil das System von dem Trainer Yakin und dem Assistenten Giorgio Contini hervorragend funktionierte. Die Serben entzogen sich dem Schweizer Pressing nun, indem sie sich oft tief zurückfallen liessen. Yakin sagte nach dem Spiel, es sei nicht einfach, die DNA des Schweizer Spiels einfach so zu verändern. Gleichzeitig sollte es für den Gegner auch nicht so einfach sein, auf sie zu reagieren.

In Serbien zeigte sich erneut, wie sehr der Schweiz gerade ein Torjäger fehlt. Breel Embolo sucht im Nationalteam weiterhin seine Form. Der verschossene Penalty passt ins unglückliche Bild, das der Basler derzeit abgibt. Dan Ndoye, dessen Rückkehr nach einer Verletzung im September einige Hoffnungen schürte, konnte sein Tempo nur selten einsetzen. Granit Xhaka prägte das Schweizer Spiel nicht wie üblich, was angesichts der Umstände aber verständlich war. Der Captain brachte das komplizierte Spiel souverän hinter sich.

Nun wartet am Dienstag in St. Gallen die Partie gegen Dänemark auf die Schweizer. Sie brauchen im Abstiegskampf dann einen Sieg. Im September, als die Schweiz in Kopenhagen 0:2 verlor, gingen die Dänen in Führung, als Breel Embolo verletzt am Boden lag – und sie den Ball nicht ins Aus spielten. Die Schweizer machten jüngst mehrfach klar, dass sie das nicht vergessen haben.

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