Mittwoch, März 19

Bio Suisse hat die Produktionsrichtlinien verschärft. Nun müssen Molkereien Werbung machen, um noch genügend Biobauern zu finden.

Bioprodukte sind im Trend. Das gilt auch für Milch. «Die Nachfrage wird weiter wachsen», sagt André Bernet, Leiter Milchvermarktung und Dienstleistungen bei der Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten ZMP. Doch Biomilch wird zunehmend knapp in der Schweiz. Deswegen rühre die ZMP nun die Werbetrommel und motiviere Bauern zum Umstieg auf Bioproduktion. «Früher gab es Wartelisten für das Knospe-Label. Jetzt berät der Kanton Luzern Milchbauern kostenlos bei der Umstellung auf Bio», sagt Bernet.

Bauern kehren der Knospe den Rücken

Bio Suisse bestätigt, dass sich schweizweit einen Mangel an Biomilch abzeichnet, wie die «Sonntags-Zeitung» zuerst berichtet hat. Im Jahr 2023 wurde 3,3 Prozent weniger an die Molkereien geliefert als im Vorjahr. Auch 2022 war die Produktionsmenge bereits geschrumpft. Der Mediensprecher Lukas Inderfurth nennt zwei Gründe für den Rückgang. Viele Bauern hätten Mühe mit den neuen, verschärften Anforderungen, die Bio Suisse für Wiederkäuer erlassen habe. Es darf nur noch fünf Prozent Kraftfutter zugegeben werden, und das Bioheu muss vollumfänglich aus der Schweiz stammen. Vor allem Betriebe in den Berggebieten täten sich damit schwer. Das halte manche Bauern von der Umstellung auf Bio ab. Einige hätten sich deswegen sogar von der Knospe abgewandt.

Zudem gehe der Trend in Richtung Mutterkuhhaltung. Übernehme die nächste Generation einen Hof, so wendeten sich die jungen Bauern und Bäuerinnen oft von der Milchproduktion ab. Sie müssten sonst entweder morgens und abends stets präsent sein, um ihre Kühe zu melken oder grosse Investitionen für Melkroboter tätigen. André Bernet von der ZMP nennt noch einen weiteren Grund: Der Preis für konventionelle Milch sei in den letzten Jahren angestiegen. Der Anreiz zum Wechseln sei nun nicht mehr gross.

Im Laden wird Biomilch billiger

Paradoxerweise wird die Schweizer Biomilch ausgerechnet jetzt günstiger in den Läden, wie die «NZZ am Sonntag» kürzlich geschrieben hat. Die Migros verkaufe den Literkarton neu für 1.85 Franken, Aldi und Lidl für 1.80, Coop für 1.90. Im Jahr 2023 sei der Durchschnittspreis noch höher gewesen: bei 1.96 Franken. Dass die Grossverteiler ihre Preise gerade jetzt senken, erstaunt Stefan Flückiger nicht. Er ist Präsident des Vereins Faire Märkte Schweiz, der ein Preismonitoring für Bio- und konventionelle Landwirtschaftsprodukte lanciert hat.

Im Februar 2024 habe man erstmals auch die Daten der Discounter Aldi und Lidl in den Preisvergleich einbezogen und festgestellt, dass Bioprodukte dort rund ein Viertel günstiger seien als bei Migros und Coop, sagt Flückiger. Offenbar habe dieser Druck gewirkt und die beiden Marktführer hätten ihre Preise nun gesenkt. Auch der Preisüberwacher hatte die hohen Margen bei Bioprodukten von Coop und Migros zuvor kritisiert. Die Detailhändler widersprechen allerdings und sagen, ihre Margen seien im Biosegment nicht höher als sonst.

Die Preissenkung dürfte die Nachfrage nach Biomilch weiter ankurbeln. Davon profitieren nun jene Biomilchbauern, die der Knospe treu geblieben sind. Gemäss Lukas Inderfurth von Bio Suisse erhalten sie ab 1. Juli dieses Jahres 3 Rappen mehr pro Kilogramm Biomilch. Ob das bedeutet, dass die Ladenpreise auch bald wieder steigen werden, ist offen.

Trotz aller Werbekampagnen wird die Biomilch-Menge nicht so rasch ansteigen wie die Nachfrage. Wer das Knospe-Label beantragt, der muss zuerst eine Umstellungszeit von zwei Jahren überbrücken. Erst dann darf die Milch mit dem Bio-Label ins Kühlregal.

Futter für Kühe anbauen?

Derweil dürfte die Kritik an Bio Suisse nicht verstummen. So sagt beispielsweise der Engadiner Biobauer Armon Mayer, es sei den Bergbauern gar nicht möglich, die neuen Fütterungsanforderungen zu erfüllen. Sie könnten die Proteinnahrung, die ihre Kühe brauchten, in der Höhe nicht selbst anbauen. Bisher habe man beispielsweise Bioraps aus Deutschland verfüttert.

Nun seien aber nur noch Schweizer Bioprodukte zugelassen, obschon es solche auf dem Markt kaum gebe. Zwar habe Bio Suisse die Umsetzungsfrist für das neue Regime verlängert, aber das Problem bleibe bestehen. Mayer wirft die Frage auf, ob es nicht klüger wäre, die Schweizer Äcker für den Anbau von menschlicher Nahrung zu nutzen. Er selbst hat noch nicht entschieden, ob er künftig dem Knospe-Label treu bleiben will.

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