Sonntag, April 20

Der neue Ableger des Zürcher Restaurants Silex beeindruckt mit urbaner Leichtigkeit, einem Faible für saisonale Küche und coolen Weinen. Genau richtig, um ein kurzes oder längeres Menu zu gestalten und sich ein bisschen mit dem Koch zu unterhalten.

Bevor wir überhaupt für die uns begrüssende Kellnerin ins Englische wechseln konnten, nahte schon die Serviceleiterin und führte uns zum Platz. Sie kam uns bekannt vor. War das nicht Julia von Meiss, die wir bereits im «Silex» erlebt hatten? Jedenfalls erklärte sie uns das Prinzip der Karte, die Speisen, die Weine.

International geht es auch in der Küche zu, an deren Theke uns ein Platz reserviert worden war. Die beiden diensttuenden Köche – unter ihnen der Küchenchef Fabio Righi, ein Italiener, der zuvor im «Silex» gewirkt hatte – sprachen miteinander Englisch. Und die Positionen der Weinkarte sind ein bunter, verblüffend spannender Mix aus Spanien, Frankreich, Schweiz und anderen Ländern – mit Fokus auf junge, coole, nachhaltig arbeitende Erzeuger.

Ein Musterbeispiel für Lockerheit à la Zürich

Unkomplizierte Bistros liegen ja gerade im Trend, in Zürich besonders, aber auch anderswo. Lange Menus sind eher aus der Mode gekommen. Im «Capet», einem sogenannten Neo-Bistro, das aus unerfindlichen Gründen nach der Dynastie der Kapetinger benannt wurde, kann der Gast weitgehend selbst bestimmen, wie lange er bleiben will. Zwei Snacks und zwei Gläser Wein? Oder vier und mehr Gänge? Bitte schön.

Auch der Platz kann frei gewählt werden: ein «richtiger», recht schmaler Tisch, ein Platz am grossen «Central Table» oder, so wie wir, ganz vorne inklusive Kommunikationsmöglichkeit mit der Küche.

Ein Teil der Plätze würde für spontan kommende Gäste freigehalten, erfuhren wir, weshalb wir durchaus dazu raten, einfach einmal vorbeizuschauen. Zumal es auch einige Sitzmöglichkeiten im Freien hat. Wozu wir noch raten? Nun, etwa mit Brot (7 Franken) zu beginnen. Das war soft und fluffig und liess sich stückchenweise gut in die Honigbutter tunken. Dazu ein Glas Corpinnat, also katalanischer Schaumwein (13 Franken).

Artischocken, Zwiebeln und Hühnerleber gehören zum Angebot

Das Menu war kurz, die Speisen klangen so, als liessen sich viele Bestandteile gut vorbereiten und müssten bei Bestellung nur zusammengestellt werden. Der Grill schien uns fast stärker im Einsatz als der Topf. Vielleicht sind so die günstig wirkenden Preise zu erklären. Für Stracciatella, also ein Nebenprodukt der Mozzarella-Herstellung, samt grillierten Frühlingszwiebeln zahlten wir 16 Franken, die frittierten Artischocken mit einer Mayonnaise von geröstetem Knoblauch haben 9 Franken, das Brot mit Mangalitza-Speck 15 Franken gekostet.

Statt Schweinebauch und Spargel, den Hauptbestandteilen von zweien der Main Dishes, bestellten wir dann Agnolotti mit einer Füllung aus Hühnerleber. Schön gemachte, perfekt gegarte Pasta mit einer cremig-würzigen Füllung und Lorbeer in der Sauce (31 Franken). Okay, wer einen riesigen Appetit hätte, würde damit wohl kaum satt, aber einen Riesenhunger zu haben, ist ja eher nuller Jahre. Also nicht mehr zeitgemäss.

Überraschungen der festen und flüssigen Art zum Schluss

Und ausserdem gäbe es ja noch Käse (16 Franken). Der war natürlich nicht selbstgemacht, aber von einem guten Erzeuger stammend: «Waldgeheimnis» nannte er sich und wurde von einem hausgemachten Senf mit kandierten Orangen ausgezeichnet begleitet. Dazu passte der letzte Schluck Amontillado-Sherry von La Bota (9 Franken; Kenner wissen, was gemeint ist), welcher auch zur Pasta eine exzellente Figur gemacht hatte. So guten Sherry gibt es nicht oft in der Zürcher Gastronomie.

Danach noch Eis mit schwarzem Knoblauch – das viel besser schmeckte als es klang – samt kandierten Kirschen zu 8 Franken. Eine tolle Idee, nicht zu süss, wunderschön würzig. Madeira hätten wir dazu ordern können, doch wir warteten noch und bestellten als Digestif lieber eine Bénédictine, einen französischen Kräuterlikör in einer Abfüllung aus den sechziger Jahren (das Gläsli zu 22 Franken). Schlicht wirkend, aber mit dem gewissen Kick – so wie der Zeitgeist sich nun einmal gerade präsentiert.

Auf einen Blick

Adresse

Capet, Bertastrasse 36, 8003 Zürich

Kosten:

Hauptgerichte kosten zwischen 31 und 38 Franken.

Bewertung:

Küche: 7/10, Gastkultur: 8/10

Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.

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