Freitag, November 29

Zahlreiche Rohstoffpreise, besonders Gold, Silber und Kupfer, dürften am Beginn eines grösseren Aufwärtstrends stehen. Das begünstigt Minengesellschaften. Schwellenländer-Indizes gewinnen ebenfalls an Stärke.

Hat einmal ein Trend mit einem langfristigen Potenzial im Rohstoffbereich begonnen, kann sich sehr hohes Momentum entwickeln. Das hat man im Zeitraum von März 2003 bis März 2008 gesehen, als in Rohstoffpreisen und ihren Aktien Kurssteigerrungen von 500 bis 1000% entstanden. Diese Entwicklung begann damals in einer Zeit, in welcher die Konjunkturprognosen deutlich negativer waren als heute.

Und jetzt ist aus meiner Sicht die Zeit grosser Trends angebrochen. Wirklich neu ist diese Sicht der Dinge nicht, hatte ich doch bereits in meinen Beiträgen vom 14. März und vom 11. April über Gold und Minenaktien geschrieben.

Die Metalle sind ausgebrochen

Im März dieses Jahres ist eine lange Auseinandersetzung im Gold zwischen Bären und Bullen zu Ende gegangen:

Die Kurse sind seither um gut 16% gestiegen. Seit Mitte April konsolidieren sie.

Schon allein der Begriff «konsolidieren» besagt, dass ich höhere Kurse erwarte.

Lassen Sie mich an dieser Stelle erwähnen, dass es Leute gibt, die sehr viel Wissen haben über Gold, Silber und die Minengesellschaften. Dazu gehöre ich nicht. Ich setze allein auf Momentum, womit Kurs- und relatives Momentum gemeint sind. Das relative Momentum misst sich am MSCI Welt.

Silber hat, nicht anders als Gold, eine lange Seitwärtsbewegung hinter sich gebracht:

Die Seitwärtsbewegung begann im August 2020. Der Ausbruch nach oben ist eben erst gelungen.

Solche Ereignisse können auch durchaus Fehlsignale sein, sogenannte Bullenfallen. Die Abgrenzung eines gültigen Ausbruchs von einer Bullenfalle kann tückisch sein. Sie gelingt auch bei sehr viel Erfahrung nicht immer.

Mir genügt nie das nur mechanische Signal, das in diesem Fall aus einem Kurs besteht, der aus der Handelsspanne – die von den Bollingerbändern begrenzt wurde und rund dreieinhalb Jahre anhielt – im wörtlichen Sinne ausgebrochen ist.

Ein alleinstehendes Kurssignal ist bestenfalls die sprichwörtliche erste Schwalbe im Frühling, schlimmstenfalls ein Fehlsignal.

Die neu gewonnene Stärke von Silber ist jedoch eingebettet in eine stark in die Breite gehende Marktphase, in deren Folge die zurückgebliebenen Segmente neu in die Portfolioallokation aufgenommen werden. Von diesem Prozess werden, wie man über die relativen Preise beobachten kann, auch portfoliotaugliche Metalle wie Gold und Silber ergriffen. Daher beurteile ich den Ausbruch aus dem Seitwärtstrend als Beginn eines grösseren Aufwärtstrends und nicht als eine Bullenfalle.

Und noch zwei Produkte, die weniger mit dem Gütesigel der Portfoliotauglichkeit ausgezeichnet werden können, aber in das «Capex-Narrativ» der weltweit steigenden Kapitalinvestitionen passen: Kupfer, sowie, noch mit Einschränkungen, Platin.

Kupfer hat, wie die folgende Grafik zeigt, zwanzig turbulente Jahre hinter sich:

Im Mai ist zum ersten Mal, seit der Aufwärtstrend von Juni 2003 bis Mai 2008 zu Ende ging, ein Hinweis entstanden, der eine konsistente Aufwärtstrend-Entwicklung andeutet. Zum Verständnis der These, dass eine für den Sektor der Minenaktien positive Phase eingeläutet wurde, sind diese Metalle von einiger Bedeutung.

Was sonst noch in der Welt passiert

Nun weiche ich hier ab, steige von Gold und Silber, Kupfer und Platin aus und zeige ein Index, das es in sich hat, den MSCI All Country Far East ex-Japan:

Hier ist ein Abwärtstrend, der zwanzig Monate dauerte und einen Rücksetzer von bis zu 40% verursachte, von einer Bodenbildung abgelöst worden, die 15 Monate in Anspruch nahm und in einen Aufwärtstrend mündete.

Ähnlich bauen nach mehrjähriger relativer Schwäche die Indizes MSCI Far East ex-Japan Small Cap und der MSCI Emerging Marktes neu relative Stärke auf.

Die Geschichte, die mir die marktgenerierten Daten erzählen, ist jene, dass die Konjunkturaussichten recht günstig beurteilt werden, wahrscheinlich befeuert durch Investitionen in Kapitalgüter. Das wiederum scheint der Zeit geschuldet zu sein: Infrastruktur, Umwelt, Rüstung, Relokation von Produktionsstätten, finanziert durch Bankkredite, die teilweise mit staatlichen Bürgschaften abgesichert sind. Dazu kommen riesige Subventionen.

Das alles lässt weiterhin relative Stärke in den Sektoren Industrials, Information Technology, Financials und Materials erwarten. Und neuerdings in Aktienbereichen, die in vielen Core-Satellite-Strategien eingefügt werden, wenn erwartet, wird dass die Konjunktur die Kleinen blühen lässt.

Starke Trends in Goldminenaktien und den entsprechenden Indizes, Rohstoffaktien, aber auch insbesondere die kleineren Aktien in den potenziellen Wachstumsmärkten reflektieren nicht nur erwartete steigende Unternehmensgewinne, sondern sind auch eine Folge des breiten Geldflusses in ein niedrig kapitalisiertes Marktsegment.

Das war im Zeitraum von 2003 bis 2008 ganz sicher so. Genau das kann sich wiederholen.

Interessant ist dabei auch, dass damals wie heute die Meinung vertreten wurde, dass in Phasen steigender Rohstoffpreise ausser Rohstoffaktien alle anderen Segmente leiden würden. Das war bis 2007 aber nicht der Fall. Im April 2007 setzte damals eine relative Schwäche in Bankaktien ein, was zeigt, dass der Markt die auf die Banken zukommenden Probleme früh erkannt hatte. Ab Herbst 2007 setzte relative Schwäche von Woche zu Woche in weiteren Industrien und Sektoren ein und verschonte lediglich die Rohstoffaktien bis weit in das Krisenjahr 2008 hinein.

Alfons Cortés

Alfons Cortés ist seit März 1971 professionell an der Börse unterwegs. Bis Juni 2017 war er Geschäftsführender Partner von UnifinanzTrust reg., Vaduz. Seit Juli 2017 ist er Senior Partner im Unternehmen und für den Bereich Research zuständig. Diesem hat er von Anbeginn seiner Tätigkeit an besonderes Augenmerk zukommen lassen. Daraus erwuchs die prominente Position des Unternehmens in der Anwendung von Behavioral-, Neuro- und Evolutionary Finance. Cortés hat nicht nur als Vermögensverwalter und Analyst, sondern auch als Mitglied von Anlageausschüssen institutioneller Anleger über Jahrzehnte Erfahrungen mit den Finanzmärkten gesammelt. Er schreibt jeden zweiten Donnerstag eine Kolumne für The Market.
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