Sonntag, September 29

Aktien aus der Halbleiterindustrie dürften an den Börsen in die zweite Reihe treten, die Sektoren Immobilien und Gesundheit gewinnen an relativer Stärke. Chancen bieten zudem weiterhin die Aktien von Goldminenkonzernen.

Der Mann an der Pauke kann mit einem falschen Einsatz die Dirigentin, die erste Geigerin und das gesamte Orchester aus der Fassung bringen. Und wenn er nicht aufhört zu pauken, entsteht aus der schönsten Sinfonie eine chaotische Kakofonie.

An den Aktienmärkten war der Mann an der Pauke der DJ US Semiconductors Index. Auf eine brillante Karriere folgte ein Absturz von 31% innerhalb von rund vier Wochen, die von einer Erholung um 33% abgelöst wurde, um am vergangenen Freitag lediglich 9% unter Jahreshöchst zu schliessen.

Wie bei der Konstellation zu erwarten war, die die globalen Aktienmärkte seit Mitte April prägte, zeichneten alle Indizes die Bewegungen des DJ US Semiconductors nach, wenn auch nicht im gleichen Ausmass.

Der MSCI Welt als Dirigent der globalen Börsensinfonie verlor mit einem Taucher von 9% Anfang August vorübergehend die Fassung, verliess die Bühne aber am vergangenen Freitag mit erhobenem Haupt auf einem historischen Höchstkurs.

Die Grundtendenz bleibt positiv

Kehren wir jetzt zum profanen Börsenleben zurück: Zum wievielten Male seit 2022 wurde in diesem – durchaus turbulenten – August ein entstehender Bärenmarkt ausgerufen? Ich habe nicht mitgezählt.

Der Mathematiker und Pionier der Spieltheorie, John von Neumann, sagte einmal, Strategie sei die Vermutung, was andere Spieler entscheiden werden. Ich vermute, dass andere Spieler weiterhin Entscheide zu Gunsten von Aktienanlagen treffen werden, und zwar in einem Ausmass, das sich im MSCI Welt positiv niederschlagen wird. Dies allerdings mit einer etwas anderen Gewichtung der Präferenzen als bisher und erst nach einer weiteren Pause, im Börsenjargon bekannt als Konsolidierung, während der gewisse Retuschen an der Ausrichtung der Portfolios vorgenommen werden.

Aus meinem Blickwinkel betrachtet zeichnet sich bereits ab, dass zwei Sektoren, die lange Zeit relativ schlecht abgeschnitten haben, deutlichen Rückenwind erhalten: MSCI Real Estate und MSCI Health Care.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch der Sektor Consumer Staples (Basiskonsum) folgt.

Ich schätze zudem, dass Marktbreite und Momentum den MSCI Financials an der Spitze der elf globalen Aktiensektoren halten werden, gefolgt von Real Estate und Health Care, mit den Sektoren Information Technology und Industrials im Mittelfeld.

Semiconductors bleiben volatil

Die Halbleiter-Industrie dürfte in einem nächsten Schritt eher zurückfallen. Ich rechne mit einer hohen Volatilität zwischen etwa 16’000 und 20’000 Punkten im DJ US Semiconductors Index.

Wie im unteren Fenster in der oben abgebildeten Grafik deutlich wird, ist mit weiteren Rückschlägen der relativen Stärke des Sektors zum MSCI Welt zu rechnen.

Gold und Goldminen glänzen

Ganz am Schluss unter den elf MSCI-Sektoren figuriert derzeit Materials. Das verdeckt Chancen, die in diesem Sektor eine kleine Familie von «Gleichgeschalteten» bieten: die Goldminenaktien. Sie laufen meistens in die gleiche Richtung wie der Goldpreis, dessen Bullenmarkt nach einer sieben Monate dauernden Auseinandersetzung zwischen Bullen und Bären im März seine Fortsetzung fand, wobei die Volatilität der Goldminenaktien deutlich höher ist als die des Goldpreises.

Oben abgebildet ist der NYSE Arca Gold Bugs Index, der seit dem 1. März dieses Jahres 56% zugelegt hat, während der Gold-Future mit einem Anstieg von 24% halb so schnell gestiegen ist.

Während Gold zu einem Rekordkurs gehandelt wird, notiert der Gold Bugs Index allerdings immer noch rund 50% unter seinem im September 2011 registrierten Höchstkurs.

Die hohen Divergenzen im Momentum von Gold und Goldminenaktien bedeuten, dass das gelbe Metall und die Aktien der Unternehmen, die es schürfen und auf den Markt bringen, als Anlagen mit unterschiedlichen Verhaltensmustern angesehen werden müssten.

In kleinen Schritten anpassen

Das alles stelle ich mir vor als taktische Massnahmen in kleinen Schritten in einer insgesamt nach wie vor auf Hausse getrimmten Strategie.

Für grosse Schritte weiss ich zu wenig. Aber viele kleine Schritte, die in einem stringenten Prozess vollbracht werden, der die erfolgreichen Versuche potenziert und die Irrtümer erkennen und korrigieren lässt, führen dazu, dass die relativ starken Sektoren zunehmend eine höhere Vertretung im Portfolio finden als die relativ schwachen.

Alfons Cortés

Alfons Cortés ist seit März 1971 professionell an der Börse unterwegs. Bis Juni 2017 war er Geschäftsführender Partner von UnifinanzTrust reg., Vaduz. Seit Juli 2017 ist er Senior Partner im Unternehmen und für den Bereich Research zuständig. Diesem hat er von Anbeginn seiner Tätigkeit an besonderes Augenmerk zukommen lassen. Daraus erwuchs die prominente Position des Unternehmens in der Anwendung von Behavioral-, Neuro- und Evolutionary Finance. Cortés hat nicht nur als Vermögensverwalter und Analyst, sondern auch als Mitglied von Anlageausschüssen institutioneller Anleger über Jahrzehnte Erfahrungen mit den Finanzmärkten gesammelt. Er schreibt jeden zweiten Donnerstag eine Kolumne für The Market.
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