Freitag, November 29

Eine Studie hat die Wohnsituation von alleinstehenden Frauen von zwischen 55 und 75 Jahren untersucht. Viele der genannten Probleme gelten auch für Männer. Doch die Studie verdeutlicht: Bei Frauen sind sie besonders akzentuiert.

Eine Studie im Auftrag des Bundes hat untersucht, wie es um die Wohnsituation der weiblichen Babyboomer steht. Genauer von Frauen im Alter von 55 bis 75 Jahren. Zwar haben Männer und Frauen im Alter oftmals dieselben Herausforderungen: Armut, Einsamkeit, eingeschränkte Mobilität. Doch die Studie zeigt: Frauen spüren sie besonders deutlich.

Frauen leben im Durchschnitt länger. Es gibt daher mehr Frauen, die im Alter allein wohnen. Und weil sie häufig fürs Alter schlechter abgesichert sind als Männer, sind sie in ihren Möglichkeiten bei der Wohnungssuche auch stärker eingeschränkt.

Laut neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik leben in der Schweiz über 280 000 Frauen ab dem Alter von 55 Jahren allein. Das sind mehr als ein Viertel aller weiblichen Babyboomer.

Nachfrage nach Alterswohnungen

Laut der Studie wohnen alleinstehende Frauen ab 55 im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen am längsten in ihren Wohnungen: ein Grossteil von ihnen länger als 40 Jahre. Die meisten wohnen in einer 3- bis 3½-Zimmer-Wohnung. Wegen der alten Mietverträge liegt der Mietzins im Vergleich mit auf dem Markt verfügbaren Wohnungen besonders tief.

Doch die Wohnungen sind oftmals in einem schlechten Zustand. Sie wurden länger nicht mehr saniert und sind fürs Leben im Alter ungeeignet. Es fehlen Lifte, Geländer im Treppenhaus, begehbare Duschen. Viele trauen sich nicht, bei der Verwaltung Sanierungsarbeiten oder Umbauten einzufordern, aus Angst vor einem höheren Mietzins.

Viele Frauen sind laut der Studie im Alter mit einem Dilemma konfrontiert: in einer günstigen, aber fürs Alter ungeeigneten Wohnung zu bleiben. Oder eine neue Wohnung zu suchen, die sie sich aufgrund der steigenden Mietkosten kaum leisten könnten.

Das Problem ist bekannt: Frauen haben im Rentenalter im Durchschnitt geringere finanzielle Mittel als die Männer. Sie haben öfters Teilzeit gearbeitet und weniger in die Altersvorsorge einbezahlt. Ihre Löhne waren zudem trotz Verbesserungen in den vergangenen Jahren noch immer tiefer. Und sie besitzen seltener ein Eigenheim. Das schränkt sie mehr als Männer bei der Freiheit ein, im Alter eine passendere Wohnung zu finden.

Die Frauen, insbesondere die Witwen, bleiben oftmals in für sie zu grossen Wohnungen und in Überbauungen, in denen soziale Interaktionen kaum gefördert werden. Dadurch sei für sie das Risiko grösser, zu vereinsamen, schreiben die Studienautoren.

Alleinstehend zu sein, ist entscheidend

Untersuchungen zeigen jedoch schon länger, dass ältere Menschen ihre Häuser und Wohnungen nur zögerlich verlassen. Dies geschieht unabhängig vom Geschlecht oder davon, ob jemand allein lebt. Oft verpassten es ältere Leute, sich rechtzeitig auf einen Umzug vorzubereiten. Viele müssen deshalb im hohen Alter direkt in ein Pflegeheim wechseln, oftmals unfreiwillig.

Das Geld ist nicht der alleinige Grund dafür. Die Hälfte der Frauen will laut der Umfrage, die im Rahmen der Studie durchgeführt wurde, in ihrer gegenwärtigen Unterkunft alt werden. Alexander Widmer, Leiter Innovation und Politik bei Pro Senectute, sagt: «Die Menschen wollen in ihren Wohnungen bleiben, weil sie dort zu Hause, in die Nachbarschaft und das soziale Leben integriert sind.»

Pro Senectute beobachtet laut Widmer bei Frauen und Männern im Alter dieselben Probleme. Bei Frauen treten jedoch die Risikofaktoren häufiger auf und können sich kumulieren. «Wenn man weitere Faktoren wie einen Migrationshintergrund oder einen tieferen Bildungsabschluss dazunehmen würde, wären die Probleme im Alter noch akzentuierter», sagt Widmer.

Alternative Wohnformen bleiben eine Randerscheinung

Die finanzielle Situation ist laut Widmer der wichtigste Faktor, der die Wohnsituation im Alter erschwert. Und Alleinlebende verfügten tendenziell über weniger finanzielle Mittel. Die in der Studie geforderten Massnahmen zur Verbesserung der Wohnsituation von alleinstehenden Frauen würden daher auch auf die Männer zutreffen.

Die Studienautoren schreiben, das Problem der schwierigen Wohnsituation im Alter könne unter anderem mit alternativen Wohnformen gelöst werden. In Wohngemeinschaften oder Projekten für generationenübergreifendes Wohnen könnten alleinstehende Frauen im Alter unabhängig bleiben und die soziale Einbettung verbessern. Gemeinden sollten entsprechende Projekte noch stärker fördern.

Laut Widmer von Pro Senectute fehlt es jedoch vor allem an Alterswohnungen. Also an normalen Wohnungen, die jedoch hindernisfrei sind, in denen etwa Steckdosen auf Griffhöhe befestigt sind, und die in Gehdistanz zum öffentlichen Verkehr stehen. Das Problem betreffe die ganze Schweiz, ländliche Gebiete und die Städte. Auch Wohnprojekte, bei denen Dienstleistungen wie Einkaufen, Waschen oder Putzen angeboten werden, seien zunehmend gefragt.

Alternative Wohnformen, die in der Studie genannt werden, sind laut Widmer noch immer eine Randerscheinung. Und zwar nicht, weil das Angebot fehle. Die deutliche Mehrheit der Rentnerinnen und Rentner bevorzuge klassische Wohnformen. Dies sei möglicherweise auch eine Frage der Generation, sagt Widmer. Die Rentner der Zukunft könnten sich vielleicht eher vorstellen, mit anderen eine Wohnung oder ein Haus zu teilen.

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