Mittwoch, März 12

Ohne Kobalt keine Elektroautos, hiess es lange. Doch das ist vorbei – schuld sind eine chinesische Firma und technologische Neuerungen.

Es ist wenige Jahre her, da schien die Zukunft dem Kobalt zu gehören – einem Metall, dem Bergleute einst den Namen «Kobold» gegeben hatten, weil es bläulich schimmert und giftige Dämpfe freisetzt. Weil Kobalt ein wichtiger Bestandteil von Batterien in Elektroautos ist, wurde es zu einem zentralen Metall für die Energiewende. Zudem gingen Bergbauexperten davon aus, dass Kobaltvorkommen knapp sind. Ein Rennen um wertvolle Minen setzte ein, China und westliche Länder duellierten sich. Der Kobaltpreis schoss immer weiter in die Höhe, bis er 2018 den Zenit erreichte.

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Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert. Im Februar fiel der Preis von Kobalt auf ein Zehnjahrestief. Das Angebot übersteigt die Nachfrage bei weitem. Die Regierung von Kongo-Kinshasa – des riesigen Staates im Herzen Afrikas, der drei Viertel allen Kobalts weltweit fördert – hat Ende Februar die Ausfuhr gestoppt. Vorerst für vier Monate. Sie will weitere Schritte prüfen, zum Beispiel dauerhafte Exportbeschränkungen.

Wie wurde aus dem einstigen Hype-Metall ein Ramsch-Rohstoff?

Kobalt war lange ein blosses Nebenprodukt des Kupfer- und Nickelabbaus. Bergbaufirmen interessierten sich nur am Rande für das Metall, das unter anderem für die Herstellung von Magneten verwendet wurde. Doch in den 1990er Jahren kamen Lithium-Ionen-Batterien auf den Markt, die Kobalt enthielten. Zudem wurde der Klimawandel zu einem immer grösseren Thema, und damit Elektrofahrzeuge. Ohne Kobalt, das auch Batterien für Handys und Laptops langlebiger und leistungsstärker macht, schien die Energiewende nicht zu schaffen. Der amerikanische Radiosender NPR bezeichnete Kobalt als «Superstar, begehrt und gesucht überall auf der Welt».

Mit Kobalt rückte Kongo-Kinshasa in den Fokus. Das Land, sechseinhalbmal so gross wie Deutschland, verfügt über immense Rohstoffschätze. Vor allem China versuchte sich möglichst grosse Kobaltvorkommen in Kongo zu sichern. Chinesische Firmen kauften mehrere Minen und kontrollieren auch die Verarbeitung von Kobalt. Zwei Drittel des weltweit geförderten Kobalts wird in China raffiniert.

In den USA löste die chinesische Dominanz Sorge aus. Die Regierung von Joe Biden bezeichnete den fehlenden Zugang zu kritischen Mineralien als «Bedrohung für die nationale Sicherheit». Deshalb machten die USA die milliardenteure Wiederinstandsetzung einer Eisenbahnlinie, die die Bergbauregionen von Kongo-Kinshasa und Sambia mit der Atlantikküste in Angola verbindet, zu ihrem Vorzeigeprojekt in Afrika. Die Eisenbahn sollte die Ausfuhr von Metallen wie Kupfer und Kobalt Richtung Westen beschleunigen. Ob die Regierung von Donald Trump dem sogenannten Lobito-Korridor dieselbe Bedeutung beimisst wie die Vorgängerregierung, ist noch unklar.

Chinesen fluten den Markt mit Kobalt

Die chinesische Dominanz bei der Kobaltförderung ist nun auch der Auslöser für den Preiszerfall. Die Firma CMOC (China Molybdenum), der weltgrösste Kobaltförderer, baute allein 2024 doppelt so viel Kobalt ab wie im Vorjahr – und sorgte so dafür, dass zusätzliche 60 000 Tonnen auf den Markt gelangten (Gesamtvolumen 2024: 290 000 Tonnen).

Die Folge des beschleunigten Abbaus: Der Preis fiel von 82 000 Dollar pro Tonne im April 2022 auf noch 21 500 Dollar Anfang Februar 2025.

Für die kongolesische Regierung war der Preissturz ein grosses Problem, sie bezieht in manchen Jahren die Hälfte ihrer Staatseinnahmen aus dem Bergbausektor. Der Leiter der kongolesischen Regierungsbehörde, die für strategische Mineralien zuständig ist, sagte im Februar gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg, der unkontrollierte Export von Kobalt sei eine «ernsthafte Bedrohung für das Land und seine in- und ausländischen Investoren». Ende Februar stoppte die Regierung die Ausfuhr von Kobalt schliesslich. Sie will so das Angebot verknappen und den Preiszerfall stoppen.

Die Rechnung ist vorerst aufgegangen. Der Preis von Kobalt ist seit dem Exportstopp um ein Viertel auf 26 000 Dollar pro Tonne gestiegen. Wahrscheinlich ist aber, dass der Effekt nur vorübergehend ist.

Die Ursachen für den Preiszerfall liegen tiefer. Sie zeigen, dass die Geschichte der für die Energiewende benötigten Mineralien weniger geradlinig verläuft, als der einstige Hype um Kobalt vermuten liess.

Autohersteller setzen auf Batterien ohne Kobalt

Der Kobaltmarkt ist nicht nur übersättigt – auch die Nachfrage lahmt. Das liegt daran, dass die Hersteller von Elektrofahrzeugen vermehrt Batterien verwenden, die ohne Kobalt auskommen. Sogenannte Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien besitzen noch nicht die Stärke von Batterien mit Kobalt. Sie sind aber langlebiger und gelten als umweltfreundlicher. Sie haben auch nicht das Imageproblem, das kobalthaltige Batterien wegen der oft menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in kongolesischen Kleinminen haben.

Kobalt hat an Bedeutung verloren. Der Preis anderer Energiewende-Metalle, zum Beispiel jener von Kupfer, bewegt sich dagegen in Richtung eines Allzeithochs.

Dass Kobalt in die Bedeutungslosigkeit abrutscht, ist dennoch unwahrscheinlich. Das Metall ist auch für die Rüstungsindustrie wichtig, die es zum Beispiel in Munition verarbeitet. Bei der gegenwärtigen geopolitischen Lage, in der viele Länder die Rüstungsausgaben erhöhen wollen, ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass auf Aufstieg und Fall von Kobalt ein neuer Aufstieg folgt.

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