Mittwoch, Januar 15

Geert Wilders ist kein normaler Politiker. Seine Radikalität verstört. Eine wachsende Zahl der Niederländer will ihn trotzdem regieren lassen. Die anderen rechten Parteien haben keine guten Alternativen.

Ganz Europa schaut derzeit auf die Niederlande. Bei der Parlamentswahl triumphierte dort ein Politiker, der versprochen hatte, die Grenzen dichtzumachen, die Klimagesetze in den «Schredder» zu werfen, die Ukraine-Hilfe einzustellen und sein Land aus der Europäischen Union zu führen.

Geert Wilders belegte den ersten Platz, und so entsprach es natürlich den demokratischen Regeln, den ewigen Oppositionellen mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Neugierig durfte man sich fragen, ob es den pragmatischen Niederländern gelingen würde, eine stabile Koalition unter Einbeziehung des rechten Verführers zu basteln. Eine, die Wilders zähmen könnte.

Kein Aufruhr «gegen rechts»

Anders als in Deutschland ist eine politische Einbindung von Populisten in den Niederlanden nicht ungewöhnlich. Schon einmal, vor vierzehn Jahren, tolerierte Wilders’ Partij voor de Vrijheid eine Minderheitsregierung aus Liberalen und Christlichdemokraten. Massenkundgebungen «gegen rechts» sucht man seit dem Wahlausgang im November vergeblich.

Ein ganz normaler Politiker ist Wilders trotzdem nicht. So kündigte der Muslimschreck nicht etwa an, seine verfassungswidrigen Gesetzesvorstösse zum Thema Koran- oder Moschee-Verbot zu annullieren, sondern nur in den «Kühlschrank» zu legen. Sollte das bedeuten, eine Politik, die Bürger aufgrund ihrer Religion diskriminiert, zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzutauen?

Pieter Omtzigt, einer der potenziellen Koalitionäre, bekam bereits bei diesem Thema Bauchschmerzen. Der selbsterklärte Kämpfer für den Rechtsstaat wurde auch hellhörig, als jüngst ein Gesetz zur landesweiten Verteilung von Asylbewerbern verabschiedet wurde und Wilders Widerstand ankündigte. Bei aller Zustimmung über das gemeinsame Ziel, die Migration zu begrenzen, müsse man sich doch an geltende Regeln halten, findet Omtzigt.

Überhaupt war klar, dass der frühere Christlichdemokrat Omtzigt und der Rechtsaussen-Mann Wilders nicht nur politisch schlecht zusammenpassten. So gilt Omtzigt als detailversessener Aktenfresser, während sich Wilders eher auf seinen Instinkt und auf seine rhetorische Schärfe verlässt. Als gute Teamspieler gelten beide Männer nicht.

Am Ende sollten es aber die finanziellen Luftschlösser sein, über die Wilders stolperte. Der Chef der Freiheitspartei hat seinen Wählern grosszügige Steuergeschenke versprochen, die Experten für nicht finanzierbar halten. Zumindest offiziell gilt dies als der Grund, warum Omtzigt den Stecker zog. Manche glauben freilich, dass dem Mitte-rechts-Politiker so oder so nie wohl dabei zumute war und er nur nach einem Ausweg suchte, die Sondierungsgespräche platzen zu lassen.

Die Bürger wünschen eine rechte Regierung

Damit ist das Experiment Wilders aber noch lange nicht zu Ende. Denn Omtzigt hat angeboten, eine Minderheitsregierung unter seiner Führung zu tolerieren. Wilders könnte sich darauf einlassen, allein mit der kleinen Bauer-Bürger-Bewegung ein stramm rechtes Kabinett zu bilden, um endlich ins «Torentje» einzuziehen, den Sitz des Ministerpräsidenten in Den Haag. Das ist vielleicht auch für den Rest des Landes die vorerst beste Option.

Die Alternative der Neuwahlen wären für alle Beteiligten ausser Wilders, dem dann noch deutlich mehr Sitze im Parlament winkten, keine gute Option. Die Mitte-rechts-Parteien müssten sich in diesem Szenario den Vorwurf gefallen lassen, einem Problem, das sie nicht lösen konnten, aus dem Weg zu gehen.

Eine rechte Regierung, das zeigen Umfragen, ist das, was die Niederländer derzeit mehrheitlich wünschen. Vielleicht könnte sich Wilders dabei sogar schneller entzaubern, als dem Mann der schlichten Parolen lieb ist.

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