Donnerstag, März 20

Die US-Notenbank hält den Leitzins konstant, macht sich aber auf bedeutende Veränderungen der Wirtschaftspolitik unter der neuen US-Regierung gefasst. Der Abbau der Fed-Bilanz wird gedrosselt, um potenzielle Anspannungen an den Kreditmärkten zu dämpfen. Die Börse reagiert freundlich.

Fed-Chef Jerome Powell befindet sich in einer ungemütlichen Situation. Das wirtschaftspolitische Programm von US-Präsident Donald Trump bleibt bisher vage, während die Konjunktur in den USA Anzeichen einer Abschwächung zeigt. Derweil bleibt die Inflation hartnäckig hoch, und Trumps Zölle könnten die Preise erneut anheizen.

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Entsprechend defensiv verhielt sich der Chairman der amerikanischen Notenbank am Mittwoch beim Zinsentscheid. «Die neue Regierung ist daran, in vier verschiedenen Bereichen bedeutende politische Änderungen vorzunehmen: Handel, Einwanderung, Steuerpolitik und Regulierung», sagte er an der Pressekonferenz. «Die Unsicherheit um diese Veränderungen und um ihre Auswirkungen auf die Konjunkturaussichten ist gross.»

Vor diesem Hintergrund hält der Offenmarktausschuss des Federal Reserve das Zielband für den Leitzins erwartungsgemäss konstant bei 4,25 bis 4,5%. Auch der Ausblick bleibt unverändert. Wie bei der letzten Prognose von Ende Dezember rechnet das Fed-Gremium für das laufende Jahr mit zwei Zinssenkungen von jeweils 25 Basispunkten. Wie bisher geplant, sollen erst ab 2026 weitere Schritte folgen.

Ein genauerer Blick auf die Zinsprognose zeigt allerdings, dass im Fed-Vorsitz eine leicht strengere Haltung an Zuspruch gewinnt. Inzwischen gehen vier Fed-Mitglieder für 2025 von gar keiner Zinssenkung mehr aus, wogegen es im Dezember nur ein Mitglied war. Für 2026 erwarten neu vier statt bisher drei Mitglieder bloss eine Zinssenkung.

Gefahr von Stagflation steigt

Der aktualisierte Ausblick zur Konjunktur verdeutlicht das grundsätzliche Dilemma, in dem die US-Notenbank steckt. Die Prognose zum Wirtschaftswachstum für das laufende Jahr wird von 2,1 auf 1,7% gesenkt. Zugleich erwartet der Fed-Vorsitz bis Ende Jahr eine etwas höhere Arbeitslosenrate von 4,4%.

Bei der Inflation hingegen wurden die Eckwerte nach oben adjustiert. Die Kernrate zum Preisindex der Konsumentenausgaben (Personal Consumption Expenditures, PCE), die Kosten für Energie sowie Nahrungsmittel ausschliesst und vom Fed als Richtmass zur Inflation präferiert wird, soll sich im vierten Quartal nun auf 2,8% belaufen. Zuvor waren es 2,5%.

Diese gegenläufigen Trends in der US-Wirtschaft, die an den Märkten Befürchtungen von Stagflation nähren, kommen im Statement zum Zinsentscheid zum Ausdruck. Bisher hiess es darin, dass der «Ausblick zur Wirtschaft unsicher» sei. Neu steht: «Die Unsicherheit bezüglich des Ausblicks zur Wirtschaft hat sich erhöht.»

Powell formuliert es zwar nur vorsichtig, doch der Grund dafür hat hauptsächlich mit der Zollpolitik der Trump-Regierung zu tun. «Einige kurzfristige Messgrössen zu den Inflationserwartungen haben zuletzt nach oben tendiert», sagte er. «Dies zeigt sich sowohl bei markt- als auch bei umfragebasierten Indikatoren, und in den Umfragen nennen sowohl Verbraucher wie auch Unternehmen Zölle als treibenden Faktor.»

Das Fed geht derzeit davon aus, dass Trumps Zölle nur einen vorübergehenden Effekt auf die Inflation nach sich ziehen werden. Der Ausblick zur Teuerung in den Jahren 2026 und 2027 hat sich denn auch bloss minimal verändert. Allerdings hatte das Fed die Inflation bereits im Nachgang der Pandemie sträflich unterschätzt, was dann umso drastischere Gegenmassnahmen erforderte.

Die nächste Lesung zum PCE-Index wird am 28. März veröffentlicht. Ökonomen rechnen für das erste Quartal mit einem Wert von 2,4% im Vorjahresvergleich, nach 2,5% im vierten Quartal 2024. Für die Kernrate wird ein Rückgang von 2,8 auf 2,6% erwartet. Demnach wird sich die Teuerung weiterhin wesentlich über der Fed-Zielrate von 2% bewegen.

Für den Arbeitsmarkt gibt sich Powell zuversichtlich. In den letzten drei Monaten hat die US-Wirtschaft durchschnittlich 200’000 Stellen geschaffen, die Arbeitslosenrate bewegt sich mit 4,1% auf historisch niedrigem Niveau. Ein breites Spektrum von Indikatoren suggeriere eine ausgeglichene Situation, meinte der Fed-Chef. «Vom Arbeitsmarkt geht kein nennenswerter inflationärer Druck aus.»

QT-Programm wird gedrosselt

Mit dem Fed-Entscheid haben sich die Markterwartungen zur Zinspolitik wenig verändert. Im Terminhandel wird weiterhin damit gerechnet, dass es frühestens an der übernächsten Sitzung der US-Notenbank von Mitte Juni zu einer Senkung der Zielrate kommt. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird auf knapp 70% beziffert. Vor den jüngsten Turbulenzen an den US-Börsen indizierten Futures-Kontrakte eine Chance von etwa 50%.

Eine Adjustierung nimmt das Fed beim Abbau der Bilanz vor. Das Wertschriftenportfolio der US-Notenbank hatte sich durch die massiven Stimulusmassnahmen im Umfeld der Pandemie auf annähernd 9 Bio. $ aufgebläht. Im Zug des QT-Programms (Quantitative Tightening), das im Sommer 2022 gestartet wurde, hat sie sich auf knapp 6,8 Bio. $ zurückgebildet.

Im Rahmen des Programms liess das Fed bisher monatlich bis zu 25 Mrd. $ an US-Staatsanleihen und bis zu 35 Mrd. $ an verbrieften Hypothekenkrediten im Portfolio auslaufen. Ab April wird die Obergrenze für Staatsanleihen auf 5 Mrd. $ gesenkt, die Limite für verbriefte Hypothekenkredite bleibt unverändert. Sämtliche kurzfristige Staatsanleihen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr werden wie bisher bei ihrer Fälligkeit ersetzt.

Der Beschluss, das Tempo zu verlangsamen, erfolgt im Kontext der Verhandlungen im US-Kongress um die Schuldengrenze. Sie wurde im Januar bei 36,1 Bio. $ erreicht und muss gemäss Schätzungen bis August erhöht oder temporär ausgesetzt werden, um einen Zahlungsausfall zu verhindern. Bis dahin kann sich die US-Regierung über den Kontokorrent des Schatzamts beim Fed (Treasury General Account, TGA) finanzieren.

Überlegungen in diesem Zusammenhang gaben im Fed den Ausschlag zur Verlangsamung des Bilanzabbaus. In unguter Erinnerung ist die Erfahrung von 2019, als der Markt für kurzfristige Kredite wegen des damaligen QT-Programms erschüttert wurde. Gegen den Entscheid vom Mittwoch hat einzig Fed-Gouverneur Christopher Waller votiert. Er sprach sich aber wie alle anderen Mitglieder im Offenmarktausschuss dafür aus, den Leitzins unverändert zu belassen.

Powell sagte an der Pressekonferenz, dass es derzeit nach wie vor reichlich liquide Reserven im Finanzsystem gebe. Der Entscheid zur Drosselung des QT-Programms habe «nichts mit der Geldpolitik zu tun». Angesichts der näher rückenden Deadline zur Schuldengrenze sei die Massnahme «einfach eine Art gesunder Menschenverstand», wobei er auf «Anzeichen für steigende Anspannungen an den Geldmärkten» verwies.

US-Börsen tendieren fester

An den Börsen in New York stiessen die Nachrichten aus dem Fed auf eine freundliche Reaktion. Der S&P 500 zog nach dem Zinsentscheid an und setzte den Aufwärtstrend im Lauf von Powells Pressekonferenz fort. In der letzten Handelsstunde gab er einen Teil der Gewinne preis und ging 1,1% fester aus dem Handel. Das Technologiebarometer Nasdaq 100 rückte 1,4% vor.

Die Stimmung im US-Aktienhandel ist nach den jüngsten Turbulenzen volatil. Der S&P 500 hat seit dem Hoch vom 19. Februar mehr als 8% verloren und fiel letzte Woche temporär in eine 10%-Korrektur. In der Regel benötigen die Märkte eine gewisse Zeit, um einen Fed-Entscheid zu verarbeiten. Nicht selten kann die Stimmung schon am nächsten Tag drehen.

Der Bondmarkt nimmt vor allem den Entscheid zum QT-Programm positiv auf. Die Rendite zehnjähriger Treasury Notes ermässigte sich im Tagesverlauf um 5 Basispunkte auf 4,24%. Die Rendite zweijähriger Treasury Notes – ein vielbeachteter Indikator zur künftigen Entwicklung der Leitzinsen – sank um 6 Basispunkte auf 3,99%.

An den Devisenmärkten hat sich der Dollar etwas stabilisiert. Der Dollar-Index DXY machte am Mittwoch 0,2% gut. Im Rohstoffhandel rückte Gold auf ein neues Allzeithoch von 3050 $ pro Unze vor. Der Silberpreis notierte marginal leichter auf knapp 33.90 $ pro Unze. An den Energiemärkten verteuerte sich ein Fass Öl der US-Referenzsorte WTI um 0,4% auf 67.17 $, das europäische Pendant Brent legte in gleichem Umfang auf 70.82 $ zu.

Die US-Notenbank fällt den nächsten Zinsentscheid am 7. Mai. Die Märkte werden in den kommenden Wochen vor allem darauf achten, ob die stagflationären Tendenzen in der amerikanischen Wirtschaft mit langsamerem Wachstum und anhaltend erhöhter Inflation weiter zunehmen. Sollte das der Fall sein, kann sich das Fed die abwartende Haltung kaum noch lange leisten.

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