Montag, Januar 20

Immer mehr Gemeinden haben genug von der Knallerei – und wollen nicht auf den Bund warten.

Die Vorboten von Silvester sind in Uster schon Tage vorher zu hören. Am Abend des 31. Dezembers geht es mit der Knallerei dann richtig los. Und am nächsten Tag, sagt Ursula Räuftlin, blieben die Reste der Feuerwerkskörper liegen.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Der Lärm, der Abfall, die Feinstaubbelastung: «Es ist einfach zu viel», sagt sie. Die Ingenieurin sitzt für die GLP im Ustermer Stadtparlament. Und sie hat sich zu einem Schritt entschieden, der ihrem liberalen Gedankengut eigentlich widerspricht: Zusammen mit Politikern von links bis zur Mitte fordert sie in einer parlamentarischen Initiative ein ganzjähriges Feuerwerksverbot.

Es ist paradox: Organisiertes Feuerwerk wie am Silvesterzauber in der Stadt Zürich zieht die Massen an. Über hunderttausend Personen verfolgen das Spektakel jeweils am Seebecken. Gleichzeitig schwindet die Akzeptanz für die Böllerei.

In der Schweiz bleibt es an Silvester – anders als in Deutschland – zwar mehrheitlich friedlich, und schwere Unfälle mit Knallkörpern sind selten. Aber viele Leute stören sich daran, dass lautes Feuerwerk Wild- und Haustiere verängstigt und die Luft verschmutzt.

Auf nationaler Ebene ist im Dezember 2023 eine Volksinitiative zustande gekommen, die ein Verbot des Verkaufs und der Verwendung von lautem privatem Feuerwerk verlangt. Unabhängig davon dürfen Gemeinden heute schon Verbote aussprechen – und sie machen regen Gebrauch davon.

Im Kanton Graubünden etwa ist die Knallerei in rund dreissig Kommunen verboten. Die Gemeindepräsidentin von Bever im Engadin sagte jüngst gegenüber SRF: «Bever ist sehr umweltbewusst. Man ist sensibilisiert für den Lärm und den Gestank, den das Feuerwerk hinterlässt.»

Grüne setzten Verbot am Züri-Fäscht durch

Die Linken in der Stadt Zürich würden diese Aussage wohl sofort unterschreiben. Für das Spektakel am Züri-Fäscht setzten sie ein Verbot durch. Und den Grünen wäre es am liebsten, wenn der Stadtrat am Silvesterzauber ein Vetorecht bekäme, um das Feuerwerk bei Nebel kurzfristig abzusagen.

Man habe bisher darauf verzichtet, ein Verbot zu erwirken, weil die Stadt das Feuerwerk nicht explizit mitfinanziere und somit das Parlament keine direkte Mitsprache habe, sagte der grüne Gemeinderat Balz Bürgisser zur NZZ.

Ein Blick auf die meist bürgerlichen Landgemeinden zeigt aber: Die Befürworter eines Verbots finden sich in fast allen politischen Lagern.

Als erste Gemeinde im Kanton Zürich hat Bubikon im Juni 2024 ein Verbot erlassen. Im November folgten Hombrechtikon und Gossau. In Dürnten sagte die Gemeindeversammlung deutlich Ja zu einem Verbot. Weil aber das Referendum ergriffen wurde, kommt es nun am 9. Februar zur Urnenabstimmung.

Ein Blick ins Protokoll der Gemeindeversammlung zeigt, dass es emotional zu- und hergegangen sein muss. Da ist die Rede von einem tausend Kilogramm schweren Stier, der nach einem Knall am 1. August so sehr erschrocken sei, dass er am nächsten Tag tot im Stall aufgefunden worden sei. Ein anderer bedauert das Verbot, weil den jungen Leuten alles weggenommen werde.

«Drohnenshow ist genauso schön»

In Uster stehen die Chancen für die parlamentarische Initiative gut. Denn auch die SVP als stärkste Fraktion hat Sympathien für das Anliegen, wie ihr Chef Markus Ehrensperger sagt. Er selbst habe ein Verbot schon vor vier Jahren innerhalb der Fraktion zur Diskussion gestellt.

Er selbst ärgere sich über die «sinnlose Knallerei» und den Abfall, der nach Silvester und dem 1. August jeweils herumliege. Zum Feuerwerk gebe es umweltfreundliche Alternativen: «Eine Drohnenshow ist doch genauso schön.»

Ehrensperger sagt aber auch: «Bei uns gehen die Meinungen über ein Verbot stark auseinander.» Deshalb habe er das Thema nicht weiterverfolgt. Der SVP-Landwirt Hans Denzler etwa hadert mit der Verbotskultur, wie er sie nennt. Er sagt: «Ich habe nichts gegen Feuerwerk, wenn man es gezielt einsetzt.»

Ihn stört vor allem das tagelange Böllern vor und nach Silvester. Seinen Kühen mache der Lärm aber nicht viel aus, und der Abfall auf seinen Wiesen halte sich in Grenzen. Statt ein generelles Verbot einzuführen, plädiert er für gegenseitige Rücksichtnahme. «Niemand will nach Paragrafen leben.»

So sieht es auch der Fraktionschef der FDP. Als Hundebesitzer habe er gewisse Sympathien für das Verbot, sagt Marc Thalmann. Er plädiert aber für Eigenverantwortung, statt immer mehr Auflagen und Einschränkungen durchzusetzen. «Uster wird immer mehr zur Spassbremsenstadt», findet er. Am Uster-Märt etwa seien die Marktstände vor zwei Jahren aus Sicherheitsgründen so weit auseinander platziert worden, dass das typische Marktflair verlorengegangen sei.

Ein komplettes Feuerwerksverbot wollen auch die Initianten nicht. Für Anlässe von «überregi0naler Bedeutung» soll die Stadt Ausnahmebewilligungen erteilen können. Ein Feuerwerk am Stadtfest Uster beispielsweise finde in einem kontrollierten Rahmen statt und verursache deshalb weniger Emissionen, sagt Ursula Räuftlin.

Auch bei einem Verbot auf nationaler Ebene sollen Ausnahmen möglich sein. Bis die Initiative zur Abstimmung kommt, dürften aber noch ein bis zwei Jahre vergehen. Gut möglich, dass weitere Gemeinden nicht so lange warten wollen – und den Erlass eines Verbot selbst angehen.

Exit mobile version