Montag, Oktober 7

Der Markt für Devotionalien aus der Sportgeschichte erlebt einen Boom. Beim Leibchen der amerikanischen Baseball-Legende Babe Ruth treibt eine Anekdote den Preis zusätzlich in die Höhe.

Babe Ruth ist zwar schon seit 76 Jahren tot und sorgt trotzdem gerade für Schlagzeilen. Ein Trikot des ehemaligen amerikanischen Baseballspielers hat am Wochenende für einen Rekordwert den Besitzer gewechselt.

Das Auktionshaus Heritage Auctions versteigerte das Sammlerstück in einer Online-Auktion. Am Ende fiel der Hammer nach einem mehrstündigen Bietergefecht bei umgerechnet 20,5 Millionen Franken. So viel Geld wurde zuvor noch nie für eine Devotionalie aus dem Sport bezahlt.

Eine Legende treibt den Preis in die Höhe

George Hermann «Babe» Ruth gilt als einer der bedeutendsten Baseballspieler der Geschichte. Zwischen 1914 und 1935 gewinnt er sieben Mal die World Series, den Meistertitel in der Major League Baseball (MLB). Dabei stellt er unzählige Rekorde auf, prägt mit den New York Yankees eine Ära. Auf dem Platz schlägt Ruth die Bälle mit höchster Präzision und baut mit jeder neuen Saison seinen Home-Run-Rekord aus. Neben dem Feld isst er Hot Dogs, trinkt Alkohol, obwohl das aufgrund der Prohibition verboten ist, und leistet sich immer wieder Frauengeschichten. Ruth, der 1948 einem Krebsleiden erliegt, ist in den «Roaring Twenties» eines der Nationalidole der USA.

Dass sein Jersey nun einen solch hohen Preis erzielte, hat aber noch einen anderen Grund: Es steht für einen Moment amerikanischer Sportgeschichte. Das Trikot trägt Ruth am 1. Oktober 1932 im alles entscheidenden dritten Spiel der World Series seiner New York Yankees gegen die Chicago Cubs. Das Duell wird hitzig geführt, in den beiden Spielen zuvor fallen immer wieder wüste Beschimpfungen zwischen den Spielern beider Teams.

Auch an diesem Samstag verhöhnen die Chicago-Fans Ruth im Wrigley Field und bewerfen ihn mit Zitronen. Dann steht Ruth am Schlag, von den gegnerischen Spielern wird er ausgebuht, die Chicago-Fans überschütten ihn mit wüsten Beleidigungen. Ruth lässt das alles kalt. Laut Legende soll er vor dem Schlag einen Home Run angezeigt haben. Im fünften Inning machte er eine Geste und deutet auf die Tribüne des Aussenfeldes: Dahin wird der Ball gehen.

Ob Ruth einen Home Run verspricht oder in Richtung der Fans oder der gegnerischen Spieler gestikuliert, sollte nie endgültig geklärt werden. Doch Ruth trifft den Ball nach der Ansage so perfekt, dass er seelenruhig einen Home Run läuft. «Der Ball geht, er geht, er geht, ganz weit in die Tribüne, und es ist ein Home Run», schrie der Radio-Kommentator Tom Manning ins Mikrofon. Die Yankees holen sich den Sieg und den Titel. Die Medien halten den Moment als «The Called Shot» – den angekündigten Schuss – fest.

BABE RUTH'S (1932 WS) CALLED HOME RUN SHOT' RARE VIDEO & COMMENTARY

«Baseball ist König»

Die Geschichte um das Trikot von Ruth zeigt auf, wie mit Devotionalien von Sportlegenden Geld gemacht wird. Er soll das Jersey einst einem Golfpartner geschenkt haben. Bis zur Auktion am Samstag wird es drei Mal weiterverkauft. Bei der letzten Versteigerung 2005 liegt der Erlös bei 940 000 Dollar.

Mittlerweile boomt der Markt für Sport-Sammlerstücke vor allem in den USA. Neben reichen privaten Sammlern mischen bei den Auktionen mittlerweile auch Anleger und Investmentbanker mit. Sie sehen die Sammlerstücke als Alternative zu Aktien, Kunst oder Oldtimern und hoffen auf lukrative Renditen. In den meisten Fällen bleiben die Käufer anonym.

Die teuerste Devotionalie der Sportgeschichte: Ein Trikot des Baseballers Babe Ruth wurde für 24,1 Millionen Dollar versteigert.

LM Otero / AP

Bei den Auktionen sei «Baseball der König», sagte Christian Ivy, Direktor für Sportauktionen bei Heritage, jüngst «The Athletic». Dieser Sport mache 65 bis 70 Prozent des gesamten Marktes für Sport-Sammlerstücke aus. Baseball hat in den USA eine grosse Tradition und galt lange als das Lieblingsspiel der Amerikaner. Besonders gefragt sind laut Ivy Stücke des erfolgreichsten und legendärsten Teams der MLB-Geschichte. «Etwa die Hälfte der Erlöse erzielen wir mit Artikeln von den New York Yankees.»

Je älter, rarer und umso besser erhalten die Stücke sind, desto teurer werden sie. Das jüngst verkaufte Yankee-Trikot von Ruth ist fast 100 Jahre alt. Heritage bezeichnete es im Vorfeld der Auktion als «Mona Lisa». Das Trikot stehe «für einen mythischen Moment, der nicht nur die Geschichte des Baseballs, sondern auch die amerikanische Geschichte berührt» habe. All diese Umstände steigerten den Wert. Das Auktionshaus rechnete im Vorfeld gar mit einem Preis von 30 Millionen Dollar.

Andere Sportarten erzielen zwar hin und wieder ebenfalls grosse Beträge, sie halten mit dem Betrag des Ruth-Jerseys aber kaum mit. Für über 10 Millionen Dollar verkaufte das Auktionshaus Sotheby’s vor zwei Jahren einen Chicago-Bulls-Dress von Michael Jordan. Der Basketballer trug das Shirt im NBA-Final 1998 gegen Utah Jazz. Es war eines der letzten Spiele seiner Karriere. Im gleichen Jahr wurde ein Trikot der argentinischen Fussball-Nationalmannschaft für 9,3 Millionen Dollar versteigert. Diego Maradona erzielte darin an der Weltmeisterschaft 1986 im Viertelfinal gegen England zwei der bekanntesten Tore der Fussballgeschichte: das «Tor des Jahrhunderts» mit einem Dribbling über 60 Meter sowie den Treffer mit der «Hand Gottes».

Preise für Sammelkarten explodierten

Doch nicht nur mit Kleidungsstücken machen die Auktionshäuser grosse Geschäfte. In den vergangenen Jahren wurden besonders mit Baseball- und Basketball-Karten grosse Erlöse erzielt. Die Karten sind neben den Trikots die beliebtesten Sammelstücke. Ihr Markt geriet nach der Corona-Pandemie aus den Fugen, und die Preise explodierten in Millionenhöhe. Innert zwölf Monaten wurden mehrere Rekorde gebrochen.

Am teuersten war eine signierte Sammelkarte von Mickey Mantle aus dem Jahr 1952. Sie wurde bei einer Auktion 2022 für über 12 Millionen Dollar verkauft. Mantle gilt wie Ruth als eine Legende des Baseballs. Er spielte zwischen 1951 und 1968 wie Ruth bei den New York Yankees und gewann mit dem Verein sieben Meisterschaften.

«Die Karte ist das besterhaltene Exemplar der Nachkriegszeit überhaupt», teilte das Auktionshaus nach der Versteigerung mit. Sie entstammte dem grössten Fund aus einer Hobby-Sammlung überhaupt. Auf der Punkteskala, mit der Experten den Zustand der Karte bewerten, erhielt das Exemplar 9,5 von 10 Zählern: Sie galt als nahezu perfekt erhalten.

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