Sonntag, September 29

Der Mensch ist eine Nahrungsquelle für allerlei Parasiten. Lästig sind sie alle. Wir erklären, ob sie auch gefährlich sind und wie man sie wieder loswird.

Was ist der Mensch? Es kommt darauf an, wen man fragt. Ein Biologe würde sagen: ein Säugetier aus der Familie der Menschenaffen. In der Bibel steht, er sei das Ebenbild Gottes. Würde man Parasiten fragen, so würden sie wohl antworten: Der Mensch ist ein Lebensraum, eine Nahrungsquelle, ein guter Ort zum Kinderkriegen.

Schauen wir einmal genau auf drei Parasiten, die auch hierzulande verbreitet sind: Krätzmilben, Kopfläuse und Bettwanzen. Denn um ihnen bestmöglich aus dem Weg zu gehen oder sie wieder loszuwerden, sollten wir unsere lästigen Gäste zunächst verstehen. Drei beispielhafte Situationen, wie sie tatsächlich vorkommen könnten:

1. Krätzmilben: Winzige Spinnentiere bohren sich in unsere Haut

Ein neuer Wirt: Gerade hat die Krätzmilbe, auch Skabiesmilbe genannt, noch in und auf der Haut eines Kindes gelebt – und nun findet sich das winzige Spinnentier auf der Hand des Vaters wieder. Als sie miteinander gekuschelt haben, ist es der Milbe gelungen, auf den neuen Körper zu klettern – angetrieben vom Geruchssinn und sich orientierend an der Temperatur der menschlichen Haut.

So ähnlich waren ihre Artgenossen auch schon auf die Haut des Kindes gelangt: In der Kita spielen Kinder dicht beieinander, eine Wanderung von einem Körper zum anderen gelingt mühelos. Vor allem Kinder unter fünf Jahren seien häufig betroffen, sagt Michael Büttcher, Leitender Arzt pädiatrische Infektiologie am Kantonsspital Luzern. Auch in Altersheimen finden sich Krätzmilben, immer dort, wo viele Menschen nah beieinander sind. Ob der neue Wirt frisch gewaschen ist oder die Körperhygiene vernachlässigt, ist für die Milben kein Auswahlkriterium.

Zurück zum frisch befallenen Vater. Die Skabiesmilbe auf seiner Haut hat er nicht bemerkt. Wie auch? Der Parasit ist gerade einmal einen halben Millimeter gross, höchstens als Punkt erkennbar.

Nun ist der Mann einer von etwa 200 Millionen Menschen, die gemäss Schätzungen weltweit zu jedem Zeitpunkt von Krätzmilben befallen sind. Für die Schweiz und Deutschland gibt es keine offiziellen Angaben, aber laut Fachleuten steigen die Zahlen. Riccardo Curatolo, Dermatologe am Universitätsspital Basel, diagnostiziert jeden Tag mehrere Fälle von Krätzmilben.

Die Milbe mit ihren acht Stummelbeinchen sucht sich auf der Haut ihres neuen Wirts einen Platz für ihr Zuhause. Eine möglichst warme und dünne Hautstelle soll es sein, am besten zwischen den Fingern oder Zehen, am Handgelenk, an der Ellenbeuge, den Kniekehlen, rund um die Brustwarzen oder den Bauchnabel. Auch das Gesäss wäre ein passender Ort, ebenso der Penis.

Die Krätzmilbe wählt eine Stelle zwischen Zeigefinger und Daumen. Sie beginnt, sich in die oberste Hautschicht ihres Wirts zu bohren, und gräbt einen etwa einen Zentimeter langen Gang. Mindestens zwei Tage braucht sie dafür. Energie bekommt sie, indem sie sich von Hautpartikeln ernährt. Der in die Haut gebohrte Gang dient ihr als Toilette – und hier kann sie ihre Eier ablegen.

Zwei bis drei Tage später schlüpfen ihre Nachkommen und kommen als Larven an die Hautoberfläche. Dort halten sie sich in Falten und Vertiefungen auf, bis sie nach zwei bis drei Wochen selbst geschlechtsreife Milben sind.

Bis der frisch befallene Mensch die ersten Symptome bemerkt, dauert es etwa drei Wochen. Sein Immunsystem reagiert auf den Kot und die Eier – die Haut juckt. Noch weiss er nicht, weshalb.

Er geht wegen des Juckreizes zum Hautarzt. Doch: «Ein Befall mit Krätzmilben ist manchmal nicht einfach zu erkennen und wird teilweise falsch behandelt, weil die geschädigten Hautstellen zum Beispiel für Ekzeme gehalten werden», erklärt Julia Schiltknecht, Dermatologin am Inselspital Bern. Sie und ihre Kollegen sind geübt in der Diagnose, sie sehen genau wie Riccardo Curatolo mehrere solcher Parasitenbefälle pro Tag.

Immerhin: Die Krätzmilbe verursacht keine gefährlichen Erkrankungen. Aber der oftmals unerträgliche Juckreiz ist Grund genug, die Parasiten wieder loszuwerden.

Am besten gelingt das mit Ivermectin-Tabletten und einer Permethrin-Crème, die Milben und Eier töten. Beide Mittel führen zu Lähmungserscheinungen bei der Krätzmilbe und schliesslich zu deren Tod, die Crème tötet auch die Eier.

Und ganz wichtig: Alle Familienmitglieder sollten behandelt werden, ganz gleich, ob sie Symptome zeigen oder nicht. Die Gefahr ist zu gross, dass sonst beim nächsten Kuscheln doch wieder eine am Leben gebliebene Milbe ein neues Zuhause sucht.

2. Kopfläuse leben auch auf frisch gewaschenen Haaren

Mit ihren klauenartigen Fortsätzen an den Beinen klammert sich die Kopflaus an die Haare des kleinen Mädchens. Und dann kommt der beste Freund zum Spielen zu Besuch. Die beiden umarmen sich, die eine legt den Kopf auf die Schulter des anderen. Nun greift der Parasit mit seinen Klauen Haar um Haar, lässt die anderen Läuse zurück und wandert auf den unbesiedelten Kopf.

Besonders häufig geschieht so etwas in Kitas, wie der Kinderarzt Michael Büttcher vom Kantonsspital Luzern weiss. Denn dort spielen viele Kinder eng beieinander. Ob ein Kopf frisch gewaschen ist oder müffelt, ist für die Laus nicht entscheidend. Hauptsache, es ist einer in der Nähe. Über Mützen, Kissen oder Haarbürsten gelangt die Kopflaus nur selten auf einen neuen Wirt.

Seit Tausenden von Jahren hangelt sich die Laus von einem Wirt zum nächsten, Menschen auf der ganzen Welt sind befallen. Neben Krätzmilben seien Kopfläuse die häufigsten Parasiten, die in Europa auf dem menschlichen Körper lebten, sagt Julia Schiltknecht vom Berner Inselspital. Offizielle Zahlen für die Schweiz oder Deutschland gibt es allerdings nicht.

Auf dem neuen Kopf angekommen, sticht die Laus mit ihrem Mundwerkzeug in die Haut und saugt Blut. Damit es nicht gerinnt, spritzt sie Speichel in die Wunde. Und das sorgt in vielen Fällen für Juckreiz. Manche Menschen spüren aber gar nichts. Deshalb kann es mitunter Wochen dauern, bis der Befall bemerkt wird.

Eine einzige Laus kann im Laufe ihres etwa vierwöchigen Lebens bis zu 140 Eier produzieren. Die klebt sie nah an der Kopfhaut an die Haare – und zwar so fest, dass ein gewöhnlicher Kamm ihnen nichts anhaben kann.

Für gewöhnlich verursachen Läuse keine schweren Erkrankungen. Im Einzelfall kann sich aber durch das Kratzen eine Wunde am Kopf so stark entzünden, dass sie ärztlich behandelt werden muss.

Zurück zu den Kindern: Nach der Verabredung bemerken die Eltern, dass ihre Tochter sich auffällig oft am Kopf kratzt. Sie nehmen die Haare Strähne für Strähne unter die Lupe. Und tatsächlich: Sie sehen eine Laus umherhuschen.

Zum Arzt gehen sie nicht, das ist für gewöhnlich nicht nötig. Aber sie kaufen eine Familienpackung Läuseshampoo in der Apotheke. Je nach Wirkstoff ersticken die Kopfläuse durch die Behandlung zum Beispiel. Damit behandeln die Eltern auch die Geschwister und sich selbst. Denn bleibt auch nur eine einzige Laus unbemerkt auf einem Kopf übrig, können sich die Parasiten rasch wieder ausbreiten.

Newsletter «Wohl & Sein»

Vertiefen Sie Ihr Wissen über Ernährung, Gesundheit und Psychologie mit unserem Newsletter «Wohl & Sein», der jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang landet.

Jetzt kostenlos anmelden

3. Bettwanzen: Weil sie nicht auf der Haut leben, sind sie so schwer zu jagen

Der Wecker klingelt, es ist drei Uhr morgens – und damit die optimale Zeit, um die Ursache für die vielen Stiche auf der Haut zu finden. Zum Teil bilden die juckenden, runden Knötchen eine Art Strasse auf der Haut. Könnten Bettwanzen dafür verantwortlich sein? Mitten in der Nacht ist die Chance am grössten, die blutsaugenden Parasiten zu sehen. Dann kommen sie aus ihren Verstecken, um ihre Rüssel in die Haut des Menschen zu bohren und sein Blut zu saugen.

Unter der angehobenen Matratze huscht gut erkennbar eine knapp ein Zentimeter grosse Wanze hinters Bett. Sie muss sich kürzlich mit Blut vollgesogen haben, denn die behaarten Parasiten sind vor dem Blutsaugen für gewöhnlich höchstens einen halben Zentimeter gross.

Bettwanzen sind in der Schweiz und in Deutschland keine allzu überraschende Seltenheit mehr. Vor allem Reiserückkehrer bringen die Tiere aus Hotelzimmern der verschiedensten Ferienländer wie zum Beispiel Spanien oder Frankreich mit nach Hause. Sie leben in Ritzen und Möbeln nah an Betten. Denn dort sind sie ihrer schlafenden Beute nah.

Deshalb empfiehlt der Dermatologe Riccardo Curatolo, den Koffer in einer Ferienunterkunft keinesfalls auf den Boden neben das Bett zu legen. Zu gross sei die Gefahr, dass sich eine Wanze dort ins Gepäckstück verirre und mit nach Hause geschleppt werde. Besser sei es, das Gepäck weiter oben, auf einem Stuhl, einem Tisch oder – noch besser – in der Badewanne zu lagern. Zu Hause sollte man die gesamte Wäsche bei 60 Grad waschen.

Die Vorsichtsmassnahmen lohnen sich. Denn wenn sich Bettwanzen in der eigenen Wohnung einnisten, kann man sie nur mit der Hilfe eines Kammerjägers wieder loswerden.

Der Vorteil von Bettwanzen gegenüber Krätzmilben oder Kopfläusen: Sie leben nicht auf dem menschlichen Körper. Doch das ist zugleich ihr grosser Nachteil. Die Parasiten verstecken sich gut. Und Aushungern bringt nichts. Bettwanzen können etwa 40 Wochen ohne Nahrung überleben. Schläft der betroffene Mensch für eine längere Zeit ausserhalb der eigenen Wohnung, verschlimmert das die Situation nur. Denn auf der Suche nach menschlichem Blut breiten sich die Wanzen im Haus aus und befallen auch die Nachbarn.

Immerhin verursachen die Stiche für gewöhnlich keine gesundheitlichen Probleme. Aber sie jucken. Und überhaupt: Wer will schon nachts als Futter für Parasiten dienen? Wer die Tierchen loswerden will, muss die Wohnung behandeln lassen. Ein professioneller Schädlingsbekämpfer erhitzt die befallenen Räume und setzt Chemikalien ein, damit die Bettwanzen sterben. Und dann heisst es endlich wieder: gute Nacht.

Ein Artikel aus der «»

Exit mobile version