Fleischalternativen dürfen in der Schweiz nicht mehr als veganes «Chicken» oder «Schwein» beworben werden. Judith Wemmer, Co-Gründerin des Startups Planted, kann den Entscheid nicht nachvollziehen – und lobt Deutschland.

Es ist bezeichnend für den Zustand der Welt, dass sogar das Essen politisch geworden ist: Missionarische Veganer verteufeln Fleischkonsum, während eingefleischte Karnivoren ihre Identität bedroht sehen, wenn jemand einen Salat auch nur anlächelt.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Fleischliebhaber wie diese empfinden Judith Wemmer als eine wandelnde Provokation. Die Co-Gründerin von Planted, einem Startup für pflanzliche Fleischalternativen, erklärte im «Blick»-Interview vor drei Jahren, ihre Produkte seien teilweise besser als tierisches Fleisch. Die (männlichen) Kommentatoren liefen Sturm.

Umso grösser dürfte in diesen Kreisen die Schadenfreude über ein neues Bundesgerichtsurteil sein: In der Schweiz sind künftig Verpackungen von Fleischersatzprodukten verboten, die auf Tierarten verweisen. Planted darf Begriffe wie «Chicken», «Güggeli» oder veganes «Schwein» nicht mehr prominent verwenden, weil Konsumenten dadurch getäuscht würden.

Wemmer kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Sie empfindet das Urteil als Bevormundung: «Die Leute können sehr wohl unterscheiden, ob es sich um ein tierisches Poulet handelt oder um ein leckeres Produkt von uns.» Dennoch nimmt sie den Entscheid gelassen: «Es ist keine Schande, gegen den Bund und die Fleischlobby zu verlieren.» Zudem sieht sie auch Vorteile: Erstmals wurde festgehalten, dass Begriffe wie «Wurst», «Steak» oder «Filet» auch für pflanzliche Produkte zulässig sind.

Die Unternehmerin ist überzeugt davon, dass das Urteil kaum Auswirkungen auf Planted haben wird: «Vor fünf, sechs Jahren, als uns niemand kannte, war die Bezeichnung ‹Chicken› für uns noch deutlich wichtiger.» Inzwischen produziert die Firma mit 200 Mitarbeitenden längst für den internationalen Markt. «Mehr als 50 Prozent unserer Produkte, die wir in Kemptthal im Kanton Zürich herstellen, exportieren wir ins Ausland», sagt Wemmer.

Da Planted an Kapazitätsgrenzen stösst, eröffnet das Unternehmen noch dieses Jahr einen zweiten Standort im deutschen Memmingen. Im Nachbarland im Norden sieht Wemmer mehr politischen Support für Planted: «In Deutschland scheint die Einsicht, dass wir als Gesellschaft weniger Fleisch essen sollten, derzeit breiter abgestützt in der Politik als in der Schweiz.»

Die Reaktionen auf das «Güggeli»-Urteil zeigen: Die Frage, wer sich was in den Mund schiebt, ist in der Schweiz längst nicht mehr nur Privatsache. Gleichzeitig beweist der Entscheid aus Lausanne, dass zumindest die Gerichte weniger politisiert sind als anderswo: Das Urteil gegen Planted kam zustande, weil sich die Bundesrichterinnen von Grünen und SP gegen veganes «Schwein» stellten.

Exit mobile version