Erst eine Herzbeutelentzündung öffnete unserer Autorin die Augen für die erstaunliche Leistungsfähigkeit ihres Herzens. Ein Beitrag aus der Rubrik «Hauptsache, gesund».
Unser Herz schlägt tapfer und unermüdlich 24 Stunden am Tag. Es startet schon im Mutterleib und hört erst mit dem Tod auf. Wir machen uns da meist keine grossen Gedanken darüber. Wir spüren allenfalls nach grosser körperlicher Anstrengung, dass es seinen Dienst verrichtet. Bis es krankheitsbedingt etwas ausser Tritt gerät.
Ich nahm die Leistungen meines Herzens erstmals so richtig wahr, als es wegen einer Perikarditis, einer Herzbeutelentzündung, mir und meinem Leben nicht mehr so zur Verfügung stand, wie ich das gewohnt war. Mein Herzbeutel war nach einer Virusinfektion voller Flüssigkeit, also musste meine Pumpe gegen innere Widerstände ankämpfen.
Im Gegensatz zu der Herzmuskelentzündung sind bei einer Herzbeutelentzündung die Muskelzellen des Herzens nicht betroffen. Dementsprechend heilt eine Perikarditis in der Regel nach wenigen Wochen einfach ab, ohne weitere Schäden zu hinterlassen. Nötig ist jedoch absolute Ruhe, damit keine Herzmuskelentzündung entsteht. Diese kann zu Herzrhythmusstörungen oder einer Herzschwäche führen. Zudem darf die Flüssigkeit im Herzbeutel nicht so stark zunehmen, dass der Druck zu gross wird und ein operatives Anzapfen nötig wird.
Auch Krebs, Tuberkulose oder Autoimmunerkrankungen können eine Perikarditis verursachen. Das muss also abgeklärt werden. Da die Symptome recht unspezifisch sind – Müdigkeit, Ausgelaugtsein, Schmerzen und ein teilweise erheblicher Druck auf der Brust –, wird die Entzündung nicht immer sofort erkannt.
Blick hinter die Kulissen unserer Pumpe
Wenn ich nur herumsass oder lag, dann spürte ich von dem Problem sehr wenig. Da war allenfalls mein Gehirn damit beschäftigt, sich Gedanken über das arme Herz zu machen. Aber im Laufe des Tages wurde mir mehrfach schmerzhaft vor Augen geführt, wie schnell und wie oft kleine Anpassungen der Herzleistung nötig sind, ohne dass wir es merken.
Es fing schon mit dem Aufstehen an: Bei der plötzlichen Positionsänderung von der Waagerechten in die Senkrechte wurde mir schwindelig. Denn beim Aufstehen fliesst innert Sekunden Blut in die Beine. Die Schwerkraft lässt grüssen. Da die Beine unten sind, muss das Herz sofort mehr pumpen, damit es das Blut wieder nach oben bringt. Auch längeres Stehen brachte mich ins Wanken.
Banalitäten wie nervige Telefonate oder schiefgelaufene Internetbestellungen schmerzten – im wahrsten Sinne des Wortes. Aber auch die Vorfreude auf den Besuch einer geliebten Person erhöhte den Druck in meiner Brust.
Mir war zuvor auch nicht klar, dass eine fröhliche Runde mit geschätzten Verwandten oder Freundinnen dem Herz einiges abverlangt. Alle reden, lachen, unterschiedliche Geschichten machen die Runde.
Klar, es sind keine körperlichen Anstrengungen. Aber die Herzleistung muss doch etwas gesteigert werden. Erstens braucht das Gehirn mehr Blut, weil es aktiver ist, um all die Informationen zu verarbeiten. Zweitens regt negativer wie auch positiver Stress das vegetative Nervensystem an, was wiederum die Herzfrequenz und den Blutdruck erhöht und den Widerstand der Blutgefässwände verändert.
Der Satz «Musik hallt in unserer Seele nach» bekam eine neue Bedeutung. Tiefe Töne erzeugten eine schmerzhafte Resonanz in meinem Brustkorb. Dummerweise versuchte mein Herz auch noch, sich einem schnelleren Rhythmus anzupassen. Früher war mir das alles gar nicht bewusst gewesen.
All die Probleme sind nun vorbei. Und ich habe jetzt noch mehr Hochachtung vor meinem unermüdlich schlagenden und sehr flexibel auf alle möglichen Situationen reagierenden Herzen.
In der wöchentlichen Rubrik «Hauptsache, gesund» werfen die Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin, Gesundheit, Ernährung und Fitness. Bereits erschienene Texte finden sich hier.
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