Donnerstag, Mai 8

Mit der Eröffnung des «Aman Nai Lert» wagt die weltweit für ultraluxuriöse Resorts bekannte Hotelgruppe erneut das Abenteuer Grossstadt und eröffnet ihr zweites thailändisches Haus.

Die Ankunft erinnert weniger an klassische Hotelrituale als an einen James-Bond-Film: Kaum ausgestiegen, wird man von einer Mitarbeiterin empfangen und diskret, abseits der Menschenmassen, durch den weitläufigen Flughafen bis zum separaten Fast-Track-Schalter der Passkontrolle gelotst. Auf der anderen Seite wartet bereits ein Angestellter des Hotels, der das Gepäck in Empfang nimmt. Die zeitgleich vorfahrende Maybach-Limousine vor dem Terminal ist da nur noch konsequent. Der Wagen hat leicht abgedunkelte Fenster und fährt genauso leise und schnell wieder los, wie er angekommen ist.

«Aman» weiss, wie man Gäste empfängt. Luxus kann vieles bedeuten, und während andere Hotels oft mit Glanz und Pomp beeindrucken, wirkt hier doch vieles angenehm zurückhaltend.

37 Jahre nach dem ersten Standort in Amanpuri ist das «Aman Nai Lert» das zweite thailändische Haus der Hotelgruppe. Es befindet sich mitten im Botschaftsviertel, im historischen Nai-Lert-Park, wo auch das über hundert Jahre alte Wohnhaus des Unternehmers Nai Lert steht. Der Pionier, der Anfang des 20. Jahrhunderts Thailands erste Eisfabrik, Buslinien und Wassertransporte einführte, prägte die moderne Entwicklung Bangkoks. Sein Haus, in dem bis vor kurzem noch seine Nachfahren lebten, steht heute als Museum offen und erlaubt Einblicke in eine fast vergessene Welt, in der noch keine Hochhäuser auf den Bungalow herabschauten.

Grosszügigkeit auf thailändisch

Das nebenan emporragende Hotel gibt sich von aussen beinahe bescheiden. Etwas niedriger als seine glitzernden Nachbarn und mit einer Architektur, die auf jeden Effekt verzichtet, geht es in der Skyline etwas unter. Doch wer in der 9. Etage – dort befindet sich die eigentliche Lobby – aus dem Lift steigt, begreift schnell, was man hier unter Luxus versteht: Weite und Grosszügigkeit. Das Atrium erstreckt sich verschwenderisch über drei Etagen, dominiert von einer über einem Teich schwebenden, zwölf Meter hohen Skulptur eines Baumstammes – versehen mit 6000 goldenen Blättern. Die Installation ist vom jahrhundertealten Chamchuri-Baum des Parks inspiriert.

Die Rezeption ist imposant. Dennoch wirkt sie in diesem Raum beinahe zierlich – vielleicht wegen des dahinter liegenden überdimensionalen Kunstwerks aus 3000 handgefertigten Kreiseln, die gemeinsam die thailändische Zahl Eins formen: ein Symbol für Grösse, das auf das Erbe von Nai Lert verweist.

Wer das Museum besucht hat, entdeckt im Hotel zahlreiche weitere Anspielungen auf dieses Erbe – sei es bei den Intarsien der Türen, in den lokal gefertigten Kunstwerken oder in der Gestaltung der Trennwände zwischen Bad und Schlafzimmer. Auch der typische graue Steinboden, im gleichen Muster verlegt wie das Parkett im Wohnhaus, setzt subtile Verweise.

Ein Tablet ersetzt viele Knöpfe

Das Zimmer ist über ein zweistöckiges Atrium weiter oben zu erreichen – auch mit einer Skulptur im Zentrum. Die Premier-Suite misst satte 95 Quadratmeter und zählt dennoch zu den kleinsten Zimmern des Hauses. Vom Boden bis zur Decke reichende Fenster eröffnen den Blick auf den Nai-Lert-Park und die glitzernden Hochhäuser Bangkoks. Innen herrschen beruhigende Grautöne vor, mit Möbeln aus dunklem Holz, beigen Textilien und gedämpftem Licht.

Auch bei den Annehmlichkeiten ist unschwer zu erkennen, was hier unter Komfort verstanden wird: Die Toiletten öffnen und schliessen sich automatisch, der Sitz ist beheizt – ein Detail, das man nach der ersten Benutzung nie mehr missen möchte. Die freistehende Badewanne könnte anderswo als kleiner Pool durchgehen, allein die Regendusche ist grösser als das durchschnittliche heimische Badezimmer.

Der Raum ist mit allerlei Technik ausgestattet. Ein elegantes Tablet steuert Klima, Licht, Vorhänge und sogar das Herauffahren des Fernsehers, der zunächst geschickt im Mobiliar versteckt bleibt. Ein paar Fingerwische später orchestriert man sein persönliches Lichtszenario – das aber nie heller eingestellt werden kann als das luxuriös gedimmte Licht, das das gesamte Haus durchzieht. Über das Tablet kann man auch mit dem Front-Desk chatten, eine Massage buchen oder den Room-Service bestellen.

Kulinarische Weltreisen

Kulinarisch ist das «Aman Nai Lert» ebenso international ausgerichtet wie die Stadt selbst. Das Restaurant Arva – ein fester Bestandteil vieler «Aman»-Häuser – serviert italienische Küche ohne Schnickschnack. Frische Produkte und eine beeindruckende Auswahl italienischer Weine lassen einen glatt vergessen, dass man einmal um die halbe Welt geflogen ist, um Focaccia mit hauseigenem Olivenöl zu geniessen.

Nicht nur aus ästhetischer Sicht besonders gelungen ist die Bar 1872, die mit dem «Arva» beinahe verschmilzt. Benannt nach Nai Lerts Geburtsjahr, erwartet einen hier eine gekonnte Mischung aus lokalen und internationalen Spirituosen. Empfehlenswert ist der 1872-Martini, serviert in einem Gefäss, das von den antiken Teebehältern in Nai Lerts Residenz inspiriert ist – eine Hommage an thailändische Geschichte und Innovationsgeist.

Eine kulinarische Überraschung wartet im exklusiven «Aman Club» im 19. Stock – mit Zutritt nur für Hotelgäste und Bewohnerinnen und Bewohner der Residenzen. Hier inszeniert der Chef Yoji Kitayama im «Hiori», einem der beiden Restaurants im «Aman Club», ein meisterhaftes Teppanyaki-Menu, bei dem Wagyu-Rind kunstvoll auf glühendem Stahl zubereitet wird. Im «Sesui» nebenan brilliert der Koch Satoshi Tsuru mit Sushi-Kreationen, begleitet von einer Auswahl feinster Sake. Besonders stolz ist man hier auf die hauseigene Sojasauce – ein Verweis auf die Liebe zum Detail, die sich durch das ganze Hotel zieht.

Wer danach noch nicht zurück aufs Zimmer möchte, bleibt im 19. Stock: In der angrenzenden «Aman Lounge» werden japanisch inspirierte Cocktails serviert – mit Blick auf die Stadt und begleitet von Live-Musik. Zurückhaltender Jazz untermalt das diskret-elegante Ambiente.

Wellness mit Weitblick

Natürlich darf in einem «Aman» auch der Wellnessbereich nicht fehlen. Auf 1500 Quadratmetern, verteilt auf zwei Etagen, erstreckt sich das Spa, das neben traditionellen Thai-Massagen und Facial Treatments ein fast klinisches Medical-Wellness-Center bietet, unter anderem mit Kryotherapie, intravenösen Infusionen, Haartransplantationen und Body-Sculpting-Angeboten. Die Zusammenarbeit mit der renommierten Hertitude Clinic zieht eine anspruchsvolle Kundschaft an.

Ergänzt wird das Angebot durch ein modernes Fitnesscenter mit Blick auf die Schweizer Botschaft – für den Fall, dass einem beim Training das Heimweh packt. Ausgestattet ist es mit der neuesten Generation von Technogym-Geräten, einem Pilates-Studio und einem Yoga-Raum. Wer mag, lässt sich hier von Personal Trainern in Form bringen – oder trainiert still für sich, in der Hoffnung, zumindest das Dessert vom Vorabend zu kompensieren.

Das Herzstück bleibt hier oben der 25 Meter lange Aussenpool. Ein riesiger Baum, dessen Äste den Poolbereich überspannen, wurde sorgsam in die Architektur integriert. Umgeben von dieser Baumkrone vergisst man schnell, dass man neun Stockwerke über Bangkoks Strassen schwebt.

Das «Aman Nai Lert» ist teuer – mit Zimmerpreisen ab etwa 1470 Dollar pro Nacht zählt es zweifellos zur Oberliga. Wer sich das leisten möchte, erhält dafür eine Oase der Ruhe mitten in Bangkok. Ein seltener Luxus, gerade in einer Stadt, die sonst nie zur Ruhe kommt. Und vielleicht ist es genau dieser stille Luxus, der das «Aman Nai Lert» so besonders macht: ein Ort, an dem die Zeit nicht drängt, sondern sich dehnt.

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