Mittwoch, Oktober 2

Der Chef der Grossbank warnt die Politik davor, bei den Eigenkapitalvorschriften zu überschiessen. Auf die Frage nach einem möglichen Wegzug reagiert er brüsk.

Es gibt Aussagen, die einen CEO eine ganze Karriere lang verfolgen. Im Fall von Sergio Ermotti stammen sie aus einem Interview, das er im Jahr 2017 während seiner ersten Amtszeit als UBS-Chef der Nachrichtenagentur Bloomberg gegeben hat.

In dem Gespräch wurde er gefragt, wie er den Entscheid der nordeuropäischen Grossbank Nordea beurteile, die damals aus regulatorischen Gründen beschlossen hatte, ihren Hauptsitz von Stockholm nach Helsinki zu verlegen.

Ermotti sagte, Regulierung sei richtig und notwendig, solange sie Aktionärs- und Kundeninteressen schütze. Aber es gebe einen Punkt, ab dem man als Bank in eine nicht mehr wettbewerbsfähige Position gerate und gezwungen sei, aktiv zu werden. Vielleicht führe dies zur Erkenntnis, dass man die Dinge niemals als selbstverständlich betrachten sollte.

Auf die Nachfrage, ob das auch für den Hauptsitz Schweiz der UBS gelte, sagte er: Nichts sei selbstverständlich. Anders ausgedrückt: nicht einmal der Standort Schweiz.

Die damaligen Aussagen sind seit einigen Wochen aktueller denn je. Grund ist, dass der Bundesrat die Eigenkapitalauflagen für die UBS substanziell erhöhen möchte. Nach dem Willen der Landesregierung soll die Bank ihre ausländischen Tochtergesellschaften mit mehr Eigenmitteln hinterlegen. Die UBS stemmt sich dagegen.

«Swissness» als zentraler Wert der UBS

Im Hintergrund der Debatte schwingt die politisch brisante Frage mit, ob es für die UBS beim Eigenkapital eine Schmerzgrenze gibt, ab der sie ihren Sitz ins Ausland verlegen würde. Weder Ermotti noch der UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher haben in den vergangenen Wochen Äusserungen in diese Richtung gemacht. Dennoch stehen Ermottis Aussagen von 2017 weiterhin im Raum.

So auch am Montagnachmittag, als der Bankchef an einer Veranstaltung der Nachrichtenagentur Reuters in Zürich gefragt wurde, ob der Standort Schweiz immer noch als «nicht selbstverständlich» betrachtet werden sollte. Ermotti reagierte brüsk: «Ich habe das nie gesagt.» Er habe lediglich auf die Frage geantwortet, ob er einen Wegzug ausschliessen könne. Es sei nicht seine Aufgabe, dies auszuschliessen.

Auf die erneute Frage der Reuters-Journalistin, ob die UBS ihren Standort verlegen würde, wenn das regulatorische Umfeld zum Hindernis würde, sagte er: «Das ist eine hypothetische Frage. Ich beantworte keine hypothetischen Fragen.» Die «Swissness» und die Schweiz seien ein zentraler Wert für die Strategie der UBS. Auch die Schweiz als Land profitiere von der Präsenz einer Grossbank und einem starken Finanzplatz.

Eine Verlegung des Standorts ins Ausland dürfte für die UBS nur ein Extremszenario mit einer geringen Wahrscheinlichkeit darstellen. Auch der Bundesrat dürfte die UBS kaum vertreiben wollen. Er hat in seinem Bericht zur künftigen Grossbankenregulierung vom 10. April bekräftigt, an seiner Finanzplatzstrategie festzuhalten. Zu dieser Strategie gehört auch eine international tätige Grossbank.

In der Debatte um eine sichere Eigenkapitalquote stellt sich die UBS weiter auf den Standpunkt, dass es nicht redlich sei, die Bilanzsumme der Bank ins Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz zu stellen, um daraus das für die Volkswirtschaft ausgehende Risiko abzuschätzen. Schliesslich bestehe die Aktivseite der Bilanz zu einem substanziellen Teil aus risikoarmen Vermögenswerten wie Cash und Schweizer Hypotheken.

Ein viel besserer Gradmesser für das volkswirtschaftliche Risiko seien die risikogewichteten Aktiven, die derzeit rund 500 Milliarden Dollar betragen, also weniger als das Schweizer BIP. «Wenn man unser Geschäftsmodell betrachtet, ist es sehr schwer zu sehen, warum es ein so grosses Problem sein sollte», sagte Ermotti. Die Bank werde auch ohne die vorgeschlagenen Verschärfungen des Bundesrates aufgrund der bestehenden Regulierung 20 Milliarden Dollar an zusätzlichem Eigenkapital aufbauen müssen.

Die IT-Integration als Knackpunkt

Die Integration der Credit Suisse kommt derweil voran. Ein grosser Knackpunkt dabei ist die Migration der bisherigen CS-Kunden auf die IT-Plattformen der UBS. Die Grossbank will zudem rund 300 von bis jetzt 3000 Applikationen übernehmen. Ermotti zeigte sich überzeugt, dass das Mammutvorhaben gelingen wird. Das grösste Risiko sei dabei, dass es zu kostspieligen Verzögerungen komme. «Ich bin zuversichtlich, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen», sagte er.

Der UBS-Chef bekräftigte zudem erneut, dass er mindestens bis zum Abschluss der CS-Integration Ende 2026 beziehungsweise Anfang 2027 Chef der Bank bleiben wolle.

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