Montag, November 25

In Portugal kämpfen seit Tagen mehr als 5000 Einsatzkräfte gegen die schweren Feuer. Nun erhalten sie Unterstützung von spezialisierten Teams aus dem Ausland. Die portugiesische Regierung ermittelt wegen krimineller Brandstiftung.

In der Nacht erreichen die Flammen die portugiesische Kleinstadt Albergaria-a-Velha, rund 60 Kilometer südlich von Porto. Das Feuer wird mit jeder Minute grösser, der Wind treibt die Flammen in Richtung der Häuser. Die Einwohner versuchen verzweifelt, ihr Zuhause mit Wassereimern vor den Flammen zu schützen. Die Feuerwehr bekommt den Brand erst nach mehreren Stunden unter Kontrolle. Der Brand in der Nacht auf Dienstag in Albergaria-a-Velha ist einer von vielen, die den Norden und das Zentrum von Portugal seit dem Wochenende heimsuchen.

Während in Mitteleuropa der Sturm «Boris» für Hochwasser und Verwüstung sorgt, wüten in Portugal seit Tagen zahlreiche Waldbrände. Seit Sonntag wurden auf dem portugiesischen Festland laut lokalen Medien mehr als hundert Feuer registriert. Ein Teil davon konnte von den Einsatzkräften unter Kontrolle gebracht werden, andere Brände breiteten sich weiter aus. Die Zivilschutzbehörden führten am Mittwoch noch 42 aktive Brände auf ihrer Website auf.

In Albergaria-a-Velha verloren durch den Brand viele Einwohner ihr Hab und Gut. Das Feuer zerstörte mindestens zwanzig Häuser und unzählige Fahrzeuge. «Das ist nicht die Hölle. Das ist wie das Ende der Welt», sagte eine betroffene Frau dem TV-Sender CNN Portugal.

62 000 Hektaren Wald sind verbrannt

Ein ähnliches Schicksal wie Albergaria-a-Velha ereilt in diesen Tagen auch andere Ortschaften in der Region Aveiro. Mindestens vier Dutzend Gebäude wurden laut amtlichen Angaben vom Feuer erfasst. Hunderte Menschen seien in Sicherheit gebracht worden.

Mehrere Autobahnen, darunter ein Teil der Hauptstrasse zwischen Lissabon und Porto, sowie einige Landstrassen waren am Mittwoch teilweise gesperrt. Der Zugverkehr wurde erheblich gestört. Der Rauch verdunkelte den Himmel über der Regionalhauptstadt Aveiro und anderen Gemeinden. Die Bürger wurden aufgerufen, zu Hause zu bleiben und möglichst wenig Wasser zu nutzen.

Laut Behörden sind mehr als 5000 Soldaten, Feuerwehrleute und Angehörige des Zivilschutzes im Einsatz. Sie bekämpfen grössere Brände vor allem im Norden und im Zentrum des Landes. Auch insgesamt 21 Löschflugzeuge und Helikopter werden zur Brandbekämpfung eingesetzt.

Die Löscharbeiten gestalten sich aufgrund des Wetters schwierig. In Portugal ist es heiss, die Temperaturen sollen auch in den nächsten Tagen über 30 Grad bleiben. Der Montag, der Tag nach dem Ausbruch der Feuer, sei aufgrund der klimatischen Bedingungen einer der schlimmsten Tage überhaupt für eine Brandausweitung gewesen, sagte Jorge Ponte von der Meteorologischen Agentur IPMA der Nachrichtenagentur Reuters. Die hohen Temperaturen, die Windböen von bis zu 70 km/h und die sehr niedrige Luftfeuchtigkeit hätten einen «explosiven Cocktail» geschaffen. Für Donnerstag würden sich zwar Regenschauer ankündigen, die Lage bleibe jedoch weiterhin gefährlich.

Am schlimmsten betroffen sind die Regionen Aveiro, Porto, Coimbra und Viseu. Dort breiten sich die Feuer rasant aus. Wie die Nachrichtenagentur Lusa berichtet, sind zuletzt innerhalb von 48 Stunden 62 000 Hektaren Wald und Buschland verbrannt – das entspricht der doppelten Fläche der Stadt München. Die zuständigen Behörden haben in den betroffenen Regionen den Katastrophenzustand bis am Donnerstagabend verlängert. «Wir werden in den nächsten Tagen eine harte Zeit haben», sagte der portugiesische Ministerpräsident Luís Montenegro.

EU-Partner schicken Hilfe

Die portugiesische Regierung hat ihre Mittel für die Prävention von Waldbränden seit den verheerenden Feuern im Jahr 2017 verzehnfacht und veranschlagt seither doppelt so viel Geld für die Brandbekämpfung. Trotzdem geraten die einheimischen Einsatzkräfte bei den Löscharbeiten mittlerweile an ihre Grenzen. Portugal hat deshalb seine die EU-Partner um Hilfe gebeten. Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland schickten je zwei Löschflugzeuge zur Unterstützung. Auch Marokko will bis zu vier Löschflugzeuge nach Portugal entsenden.

Am Mittwoch haben zudem Einsatzkräfte aus Spanien die Löscharbeiten unterstützt, wie die portugiesische Katastrophenschutzbehörde mitteilte. Ein spezialisiertes Notfallteam aus 230 spanischen Militärangehörigen werde in den Bezirk Viseu entsandt. Dort geben laut der Behörde schwere Brände «Anlass zu grosser Sorge».

Bei manchen Feuern gibt es Hinweise auf Brandstiftung

Die Waldbrände haben bisher fünf Todesopfer gefordert, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Zunächst war von sieben Toten die Rede gewesen.

Im Bezirk Coimbra wurden zuletzt die Leichen von drei Feuerwehrleuten geborgen. Sie waren auf dem Weg, die Feuer in der Kleinstadt Tábua im Bezirk Coimbra zu bekämpfen, als ihr Fahrzeug auf einem Waldweg von den Flammen erfasst wurde. Die drei Insassen – zwei Frauen und ein Mann – sind alle verbrannt, wie der Bürgermeister Ricardo Cruz mitteilte. Zuvor waren in den Regionen Aveiro und Viseu ein Feuerwehrmann und ein Zivilist ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten liegt laut einer Bilanz des Zivilschutzes bei mehr als fünfzig.

Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro hat eine Untersuchung der Brände angekündigt. Bei manchen Feuern gebe es Hinweise auf Brandstiftung. Laut Montenegro stehen dabei kommerzielle Interessen, Bosheit oder kriminelle Fahrlässigkeit im Fokus. «Wir werden keine Mühe scheuen, um gegen solche Verbrechen vorzugehen», sagte er.

Die portugiesische Nationalgarde schrieb in einer Mitteilung, sie habe seit Samstag sieben Personen festgenommen. Die Verhafteten werden der Brandstiftung verdächtigt.

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