Samstag, April 19

Andreas Mika will das Spital retten – und widerspricht der Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli.

Viele hatten erwartet, dass früher Köpfe rollen würden. Vor einem Jahr ist das Spital Wetzikon in eine Krise gerutscht, die seine Existenz gefährdet. Damals gab der Kanton bekannt, dass er nicht bereit sei, den Betrieb zu retten, dem das Geld gefehlt habe, um eine Anleihe über 170 Millionen Franken zu refinanzieren. Das Spital befindet sich seither in Nachlassstundung. Trotz dem Debakel blieben die Verwaltungsräte im Amt. Präsident Jörg Kündig wollte unbedingt noch einen Sanierungsplan ausarbeiten.

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Dieser liegt seit letztem Herbst auf dem Tisch. Danach kündigte der Verwaltungsrat seinen Rücktritt an. Am Mittwochabend ist nun bekanntgegeben worden, wer die Nachfolger sind. Angeführt wird der neue Verwaltungsrat von Andreas Mika, der ein Beratungsunternehmen im Gesundheitsbereich führt und zuvor über sechs Jahre lang Finanzleiter des Spitals Männedorf war.

Er wird den Sanierungsplan seines Vorgängers umsetzen müssen. In den nächsten anderthalb Jahren entscheidet sich, ob das Spital in Wetzikon noch eine Zukunft hat.

Herr Mika, es ist kein «Schoggijob», den Sie sich ausgesucht haben. Sie sind der neue Verwaltungsratspräsident eines Spitals, das gegen den Untergang kämpft. Haben Sie als ausgebildeter Rettungssanitäter einfach ein Flair für Notfälle?

Das hat vielleicht auch eine Rolle gespielt. Schliesslich kann ich gewisse Fähigkeiten des Rettungssanitäters auch hier einbringen: in schwierigen Situationen die Ruhe bewahren, sich Übersicht verschaffen und vorausschauend handeln. Aber im Ernst: Das wird sicher kein einfacher Job. In der Schweiz hat sich bisher noch kein Spital in einer Nachlassstundung befunden. Aber wenn es uns gelingt, gut aus dieser Krise herauszukommen, dann hat das Spital Wetzikon grosses Potenzial. Und das motiviert mich, hier etwas zu bewegen.

Sie sprechen von grossem Potenzial. Beim Kanton scheint man ihren Enthusiasmus nicht zu teilen. Die Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli bezeichnete das Spital vor einem Jahr als entbehrlich.

Das sehe ich anders als Frau Rickli. Das Spital Wetzikon ist wichtig für die Gesundheitsversorgung der Region. 60 Prozent der stationären Patienten im Spital kommen über den Notfall. Diese Notfallpatienten in anderen Spitälern unterzubringen, wäre ziemlich schwierig. Ohne unser Spital müssten sich die Patienten auf weitere Anfahrtswege, längere Wartezeiten und noch vollere Notfallstationen gefasst machen. Wir sind ein mittelgrosses Spital, das für die Versorgung einer ganzen Region zuständig ist. Es zu ersetzen, würde Jahre in Anspruch nehmen.

Sie kämpfen nun für den Erhalt des Spitals, die Ausgangslage ist aber schwierig. Sie brauchen unter anderem 50 Millionen Franken von den Aktionärsgemeinden. Doch nicht alle wollen mitziehen. Die Gemeindepräsidentin von Rüti sprach in der NZZ von einer Hochrisiko-Investition. Wie wollen Sie die Bevölkerung überzeugen, dass das Geld gut investiert ist?

Die kritischen Aussagen, die da kamen, reflektieren die Sicht von wenigen Exponenten einer einzelnen Exekutive. Ob die Bevölkerung diese teilt, wird die Volksabstimmung zeigen. Ich glaube, den Bewohnern des Zürcher Oberlands ist durchaus bewusst, was sie am Spital Wetzikon haben: eine gute Gesundheitsversorgung in ihrer Nähe.

Was passiert, wenn doch nicht alle Gemeinden Ja sagen?

Das wäre kein gutes Szenario für unser Spital. Die 50 Millionen Franken sind die Minimalsumme, die wir brauchen, wir haben das sehr eng kalkuliert. Falls sie nicht zusammenkommen, wird es die Aufgabe der Aktionärsgemeinden sein, hier eine Lösung zu suchen.

Ihr Vorgänger hatte als Gemeindepräsident einen guten Draht zu den Gemeinden. Ihnen fehlt dieser. Ist das nicht ein Problem?

Nein, das denke ich nicht. Ich bin im Gesundheitswesen sehr gut vernetzt, gerade auch mit den umliegenden Spitälern. Ich glaube, das ist für die Zukunft des Spitals extrem wichtig, gerade auch im Hinblick auf künftige Kooperationen. Natürlich braucht es auch politische Kontakte, und mit den wesentlichen Akteuren bin ich vernetzt. Aber der Fokus muss nun auf dem Spital liegen. Darum ist auch der ganze neue Verwaltungsrat mit Fachleuten aus der Gesundheitsbranche besetzt worden.

Damit die Sanierung klappt, muss vieles aufgehen. Der Businessplan des Spitals ist extrem optimistisch.

Klar ist der Businessplan ambitioniert, aber wir sind überzeugt, dass er aufgeht.

Sie rechnen darin mit steigenden Zahlen im stationären Bereich, und dies, obwohl in den nächsten Jahren vermehrt stationäre Eingriffe in den ambulanten Bereich verlagert werden sollen. Das geht doch nicht auf.

Doch, das geht auf. Wir haben uns bei unserer Planung an den Daten der Gesundheitsdirektion orientiert. Aufgrund des Bevölkerungswachstums und der demografischen Entwicklung werden die Patientenzahlen im Zürcher Oberland steigen – nicht nur im ambulanten, sondern auch im stationären Bereich. Das ist ein weiterer Grund, warum das Spital Wetzikon nicht entbehrlich ist. Dieses Wachstum werden die anderen Spitäler nicht auffangen können.

Die Gläubiger des Spitals müssen auf eine gewaltige Summe verzichten: Die Rede ist von 180 Millionen Franken. Warum sollen sie dazu bereit sein?

Das ist natürlich eine bittere Pille für die Gläubiger. Aber seit Beginn der Nachlassstundung dürfte allen klar geworden sein, dass es ohne Abstriche nicht geht. Die denkbar schlechteste Alternative für alle wäre der Konkurs. Dann gibt es auf allen Seiten nur Verlierer. Darum müssen wir eine Einigung erzielen.

Verhandlungsspielraum haben Sie ja nicht mehr viel. Der Betrag bei den Gemeinden ist festgelegt und im Fall der Gläubiger eigentlich auch.

Einen gewissen Spielraum gibt es noch. Der Schuldenschnitt ist unter anderem auch vom Geschäftsgang abhängig. Läuft es besser, braucht es auch weniger Geld von den Gläubigern. In den vergangenen Monaten haben leider einige Gläubiger für sehr viel Verunsicherung in der Bevölkerung und bei den Mitarbeitenden gesorgt, was letztlich auch dem Geschäft schadete. Wenn wir in Zukunft vertrauensvollere Verhandlungen führen können, hilft das letztlich allen. Ich werde auf jeden Fall das Gespräch mit ihnen suchen, um eine gute Lösung zu finden.

Machen Sie sich keine Sorgen, dass das Personal dem Spital in dieser Krise den Rücken kehrt?

Natürlich gab es gewisse Abgänge, aber es hat im Spital auch ein sehr erfreulicher Kulturwandel stattgefunden. Trotz dieser Krise halten die Leute zusammen und sagen sich: jetzt erst recht. Es wird weiterhin hervorragende Medizin gemacht, dafür bin ich extrem dankbar. Denn das ist die Grundlage für jede Sanierungsbemühung. Umso mehr haben es die Mitarbeitenden verdient, dass wir das Spital nun aus diesen Problemen herausführen.

Wo steht das Spital Wetzikon in einem Jahr?

Hoffentlich haben wir bis dann eine gute Lösung für den Schuldenschnitt gefunden und den Sanierungsplan umgesetzt. Dann werden wir danach wieder mehr über die Gesundheitsversorgung statt über die finanzielle Krise sprechen können.

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