Sonntag, September 8


Auto-Test

Neue Autos mit Verbrennermotor werden aussterben. Die Hersteller präsentieren hier und da aber noch Modelle, die jetzt gebaut und ausschliesslich mit Benzin oder Diesel angetrieben werden. Dazu gehört auch Jaguar mit dem F-Type R75, den wir getestet haben.

Stellen Sie sich vor, Sie werden nach Monaco eingeladen, um den letzten Jaguar zu testen, der mit einem Verbrennermotor gebaut wird, den F-Type R75. Und dann kommen Sie unverschuldet zu spät. Der Himmel ist immerhin sattblau in Nizza, doch vor dem Airport kein Jaguar weit und breit. Angekommen beim Hotel «Maybourne Riviera», ein architektonisches Bijoux, in die Steilküste von Roquebrune-Cap-Martin gebaut, erhascht das Auge dann vor dem Entrée des Hotels immerhin schon einmal zwei Classic Jaguars.

Einer ist der Jaguar XK 120, ein offener Zweisitzer, gebaut 1950, um Rallys zu gewinnen. Niemand Geringeres als die Tochter von Jaguar-Gründer William Lyons (1901–1985), Rally-Pilotin Patricia «Pat» Appleyard, verheiratet mit Rallydriver, Skifahrer und Ornithologen Ian Appleyard (1923–1998) fuhren damit.

Wichtige Trophäen gewann dieser Jaguar zwischen 1950 und 1952, der die Begründung von Jaguars erfolgreicher Motorsportgeschichte markiert. Als der crèmeweisse Champion bereits 1953 in Rente ging, gaben die Appleyards das Leichtgewicht mit der Alukarosse über seinem 3,4-Liter-Motor (!) an die Fabrik zurück, seitdem arbeitet NUB 120, so sein Kennzeichen, als Ambassador für seinen Hersteller.

Das Mass der Dinge

Das andere Modell ist nicht weniger legendär, aber mehrheitsfähiger als sein sportlicher Vorreiter: Der Jaguar E-Type Series 1 3,8 Liter von 1961 als offener Zweisitzer. Für manche das schönste Auto der Welt und genau dieser klassisch-britisch-grüne Roadster, der hier steht, wurde an der Genfer Motorshow 1961 als Weltpremiere enthüllt.

Die E-Type-Modellreihe ist legendär, wurde aber nur bis 1974 in dieser Form produziert und mit Auszeichnungen überschüttet. Die Series-2-Modelle tauchten in vielen Filmen auf, «The Avengers» von 1998 ist einer davon, «Wie klaut man eine Million» von 1966 ein früher Auftritt. Am kultigsten aber ist sicher der E-Type in «Harold and Maude» (1971), den der ständig seinen Selbstmord vortäuschende Protagonist in einen Leichenwagen umschweisst. Es gibt heute tatsächlich Leichenwagen der Marke Jaguar, die kürzlich verstorbene Queen Elizabeth II. wurde in einem solchen zur letzten Ruhe chauffiert.

Wir sind aber nicht in Monaco, um historische Autos oder Leichenwagen zu fahren, sondern den letzten Verbrenner, den Jaguar produzieren will, bevor es in die ungewissen Jagdgründe der Elektromobilität geht.

Die Fahrt mit dem Cabrio-Modell

Die Zu-spät-Gekommene muss sich jedoch gedulden, bis die Testwagen, die bereits unterwegs sind, zurückkommen. Wenn das ultimative Modell nur annähernd so schön aussieht und sich so verhält wie der E-Type, könnte es sich dabei um Stunden handeln, schliesslich steht das «Maybourne Hotel» an der Corniche der französischen Riviera, der malerischsten aller Kliffstrassen, und die will gefahren werden mit ihren unübersichtlichen Kurven und pittoresken Aussichten.

Doch es klappt. 90 Minuten haben wir später noch zur Verfügung für eine Fahrt mit dem Cabrio-Modell nach Monaco mit einem kleinen Exkurs auf der Corniche wieder zurück zum «Maybourne».

Durch Monaco zu gondeln, entpuppt sich allerdings als keine gute Idee. Das Fürstentum ist eine Baustelle, und wir sind zu einem Zeitpunkt hier, wo die Tribünen und Barrieren für die nahenden Formel-E- und Formel-1-Rennen aufgebaut werden. So steht man meist rum, das immerhin ansehnlich, schaut in den blauen Himmel. Dennoch kommt Begeisterung auf für den 450 PS starken V8.

Eine harmlose Katze

Es hat etwas Elitäres, Elegantes, Souveränes, in diesem zweifellos hübschen Jaguar zu sitzen. Er sieht edel aus, ist intuitiv leicht zu erfassen, es stimmt so weit alles, nur hat er für den Geschmack der Autorin ein zu massives Lenkrad. Es bewegt sich eher distinguiert mit seinem 8-Gang-Automatikgetriebe.

Das Auto wiegt knapp 1800 Kilo, soll in 4,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h schnell sein, ein Wert, den man eventuell auf der Rennstrecke braucht, aber sicher nicht im Alltag. Sonst ist alles irgendwie aalglatt, etwas spitzer ausgedrückt, scheint der Jaguar F-Type R75 ein repräsentatives Automobil ohne grosse Ecken und Kanten. Aber vielleicht mögen das die Kunden, Beauty liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters.

Das Jaguar F-Type R75 Coupé gibt es ab 149 000 Franken, das Cabriolet ab 155 800 Franken; jaguar.ch

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