Sonntag, Oktober 6

Hier finden Sie die Ergebnisse und Grafiken zur französischen Parlamentswahl 2024 zum Nachlesen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Laut ersten Prognosen gewinnt das Linksbündnis Nouveau Front populaire (NFP) in der Stichwahl am meisten Sitze, vor dem Bündnis rund um den Präsidenten Emmanuel Macron mit dem Namen Ensemble. Das Rechtsbündnis um das Rassemblement national belegt den dritten Platz und verpasst die angestrebte absolute Mehrheit.
  • Der französische Premierminister Gabriel Attal hat nach der Wahl bekanntgegeben, dass er am Montag seinen Rücktritt einreichen will. Er sei jedoch bereit, seine Funktionen so lange wahrzunehmen, wie es die Pflicht von ihm verlange. Damit spielt er darauf an, dass Präsident Macron seinen Rücktritt vorerst ablehnen könnte.
  • Frankreichs Linksbündnis erhob bereits Anspruch auf die Regierungsbildung. Jean-Luc Mélenchon, der Vorsitzende der Partei La France insoumise, hat sich als erster zu Wort gemeldet. Präsident Emmanuel Macron habe die Macht und die Pflicht, die neue Volksfront zum Regieren aufzufordern, sagte er.
23 Uhr: Unsere Analyse zu den Stichwahlen in Frankreich

Die Ergebnisse des zweiten Wahlgangs bei den französischen Parlamentswahlen überraschen. Das linke Parteibündnis Nouveau Front populaire (NFP) kommt auf die meisten Sitze im Parlament. Auf dem zweiten Platz liegt das Bündnis um Emmanuel Macron. Das Rassemblement national ist entgegen aller Erwartungen nur auf dem dritten Platz gelandet.

Dass es zu dieser Wendung kommen konnte, liegt vor allem daran, dass die Mitteparteien und das Linksbündnis sich gegen die extreme Rechte verbündet haben. Um eine Aufspaltung der Stimmen zu verhindern, verzichteten über 200 Kandidaten der Linken und des Mitte-Lagers auf eine Teilnahme im zweiten Wahlgang.

Die absolute Mehrheit hat am Sonntag allerdings niemand erreicht. Auf die Parteien kommt nun eine schwierige Regierungsbildung zu. Wie es weitergeht, bleibt offen.

Mit der Analyse zum Wahlausgang beenden wir unsere Live-Berichterstattung zum zweiten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen 2024.

21.48 Uhr: Marine Le Pen reagiert auf das Abschneiden des RN

Marine Le Pen reagierte am Sonntagabend auf die Stichwahl und das Ergebnis ihres RN, das schwächer als erwartet ausfiel. Beim Fernsehsender TF1 sagte Le Pen, das RN habe nur aufgrund taktischer Abstimmungen zwischen der NFP und Macrons Lager verloren. Dennoch kann das Rechtsbündnis voraussichtlich mehr als 40 Abgeordnete mehr in die Nationalversammlung nach Paris schicken, als noch vor zwei Jahren. Le Pen zeigte sich deshalb unbeirrt: «Unser Sieg hat sich lediglich verzögert», so die Politikerin, die anfügte: «Ich habe zu viel Erfahrung um von einem Ergebnis enttäuscht zu sein, bei dem wir die Zahl unserer Abgeordneten verdoppelt haben.»

Hier lesen Sie wie das Rassemblement national die Herzen so vieler Franzosen erobern konnte.

21.30 Uhr: Gabriel Attal wird seinen Posten als Premierminister am Montag räumen

Premierminister Gabriel Attal hielt am Sonntag seine vorerst letzte Ansprache in der Rolle als Regierungschef. Attal erinnerte daran, dass er angesichts der Neuwahl vor drei Risiken gewarnt habe, und alle drei wurden von den Franzosen ausgeschlossen. Es gebe keine absolute Mehrheit für die eine oder die andere extreme Strömung und die politische Kraft, die er vertrete, sei lebendig.

Sie habe deutlich besser abgeschnitten, als es vorausgesagt wurde. Da sie aber dennoch keine Mehrheit erreicht habe, werde er Montagfrüh beim Präsidenten seinen Rücktritt einreichen. Er sei jedoch bereit, seine Funktionen so lange wahrzunehmen, wie es die Pflicht von ihm verlange. Attal spielte damit wohl darauf an, dass der Präsident angesichts einer fehlenden absoluten Mehrheit einige Tage zuwarten könnte, den Regierungsauftrag zu vergeben.

21.25 Uhr: Macron will das Schlussergebnis abwarten

Nach dem überraschenden Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahl nimmt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Regierungsbildung in den Blick. Bevor der Staatschef Entscheidungen treffe, werde er das Endergebnis der Wahl und die finale Zusammensetzung der Nationalversammlung abwarten, teilte der Élysée-Palast mit. «Der Präsident wird in seiner Rolle als Garant unserer Institutionen darauf achten, dass die souveräne Wahl der Franzosen respektiert wird», hiess es.

Wie der Sender BFMTV berichtete, hiess es mit Blick auf die für eine absolute Mehrheit nötige Zahl von Abgeordneten ausserdem aus dem Élysée-Palast. «Die Frage wird sein, ob eine Koalition mit Zusammenhalt gebildet werden kann, um die 289 Abgeordneten zu erreichen.» Denn keines der Lager kann nach den Hochrechnungen mit der absoluten Mehrheit rechnen.

Die Wahlbeteiligung habe gezeigt, dass die Auflösung der Nationalversammlung notwendig gewesen sei, hiess es laut dem Sender aus dem Präsidentenpalast. Mit Blick auf das voraussichtliche Wahlergebnis mit dem Präsidentenbündnis auf Platz zwei erklärte der Élysée-Palast demnach: «Man hatte das Mitte-Lager für tot erklärt: Es ist da, auch nach sieben Jahren an der Macht.»

21.08 Uhr: Die Sozialisten reagieren gemässigter auf den möglichen Sieg

Schon am Sonntagabend zeigt sich, dass es in der linken Volksfront auch gemässigtere Stimmen gibt als Jean-Luc Mélenchon. Nach dem LFI-Chef äusserte sich auch der Chef der Sozialisten, Olivier Faure, zum möglichen Wahlsieg. Er wählte etwas weniger scharfe Worte als Mélenchon, aber schloss eine «Koalition der Gegensätze» aus – womit er die Partei des Präsidenten meinte. Der ehemalige Präsident François Hollande, der für die Sozialisten kandidiert hatte und am Sonntag ebenfalls gewählt worden war, setzte einen Kontrapunkt zu Mélenchon. Er betonte, das Land brauche eine Befriedung – und die vereinigte Linke müsse dabei eine Rolle spielen. Hollande sagte später zu Journalisten von BFMTV, er sei nicht Kandidat um das Amt des Regierungschef.

20.45 Uhr: Enttäuschung beim Rassemblement national

Jordan Bardella war sichtlich enttäuscht, als er vor seinen Anhängern das Wort ergriff. Er erwähnte zunächst den historischen Erfolg seiner Partei, die trotz dem enttäuschenden Ergebnis noch nie so viele Sitze im Parlament gewinnen konnte. Schnell wurde der Chef des Rassemblement national allerdings zum schlechten Verlierer. Er kritisierte die «unnatürlichen Allianzen», die zu diesem Wahlergebnis geführt hätten und «den Franzosen eine Politik des Aufstiegs vorenthalten». Emmanuel Macron sei ein Pakt mit der extremen Linken eingegangen. Allerdings sei das Ergebnis auch ein deutliches Zeichen, dass das RN von nun an die einzige politische Alternative darstelle. Dieser Abend enthalte die Elemente für den Sieg von morgen.

20.21 Uhr: Frankreichs Linksbündnis erhebt bereits Anspruch auf Regierungsbildung

Der Präsident der linkspopulistischen Partei La France insoumise (LFI), Jean Luc Mélenchon, ergreift wie letzte Woche als erster das Wort. Er freute sich zunächst darüber, dass «unser Volk in vollem Verstand gewählt» und «klar die schlimmste Lösung für sich ausgeschlossen hat». Nach den ersten freudigen Worten machte der umstrittene Chef der extrem linken Bewegung La France insoumise aber seinen Machtanspruch klar. «Der Präsident hat die Macht und die Pflicht, die Neue Volksfront zum Regieren aufzufordern.»

Er schloss aus, mit Macrons Partei in Verhandlungen zu treten, um irgendeine Zusammenarbeit zu suchen. Zudem sagte er auch, dass der Nouveau Front populaire nicht teilbar sei. Damit wollte er wohl ausschliessen, dass die anderen Parteien in dem Wahlbündnis mit der Partei von Emmanuel Macron über eine absolute Mehrheit verhandeln könnten. Mélenchon verschwieg dabei, dass auch der Nouveau Front populaire für eine absolute Mehrheit voraussichtlich mindestens 89 Sitze fehlen.

20.10 Uhr: Voraussichtlich erreicht kein Bündnis die absolute Mehrheit

Laut ersten Prognosen gewinnt das Linksbündnis Nouveau Front populaire (NFP) in der Stichwahl am meisten Sitze, vor dem Bündnis rund um den Präsidenten Emmanuel Macron mit dem Namen Ensemble. Das Rechtsbündnis um das Rassemblement national (RN) belegt den dritten Platz. Die absolute Mehrheit von 289 Sitzen dürfte keines der Lager erreichen.

Klicken Sie in der Grafik auf die Schaltfläche «optimistische Schätzung», um die gewagtere Vorhersage der Sitzverteilung zu sehen. Die dargestellten Sitzverteilungen im Parlament zeigen die extremsten Fälle, bei denen Parteien entweder die minimal oder maximal möglichen Sitzzahlen erreichen.

Das Ergebnis ist eine Überraschung. Nach dem ersten Wahlgang vor einer Woche sahen Prognosen das RN noch knapp unter der absoluten Mehrheit und damit möglicherweise in der Lage, die nächste Regierung zu stellen.

19.55 Uhr: Wie lautet das Verdikt für Präsident Macron?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat seinen Premierminister Gabriel Attal und die Parteivorsitzenden seines Bündnisses mit dem Namen Ensemble um 18 Uhr 30 im Élysée-Palast empfangen. Die Spitzenpolitiker warten dort gemeinsam auf die Bekanntgabe der ersten Prognose in der Stichwahl. Aller Voraussicht nach droht dem Staatschef, der den Urnengang durch die vorzeitige Auflösung der Nationalversammlung selbst in die Wege geleitet hatte, eine herbe Niederlage.

Warum Emmanuel Macron mit der Ausrufung von Neuwahlen zu weit gegangen ist, lesen Sie hier.

19.45 Uhr: Geschäfte rüsten sich für allfällige Ausschreitungen

Angesichts möglicher Ausschreitungen, die am Sonntagabend nach der Bekanntgabe der Ergebnisse ausbrechen könnten, wurden 30 000 Polizisten in ganz Frankreich mobilisiert, davon 5000 alleine in der Hauptstadt Paris. Dies hatte Innenminister Gérald Darmanin angekündigt.

19.30 Uhr: Schon früh zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab

Zum zweiten Mal innert einer Woche waren rund 43 Millionen Franzosen zur Wahl aufgerufen. Schon am Mittag wurde die höchste Wahlbeteiligung seit dem Jahr 1981 verzeichnet. Um 17 Uhr lag die Beteiligung bei 59,7 Prozent, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. Beim ersten Wahlgang lag die Beteiligung um diese Zeit bei 59,4 Prozent. Insgesamt betrug die Wahlbeteiligung vor einer Woche 66,7 Prozent.

Die Ausgangslage vor dem zweiten Wahlgang

In der ersten Runde der Parlamentswahl erzielte das Rechtsbündnis um Marine Le Pens Rassemblement national (RN) am meisten Stimmen, vor dem Linksbündnis Nouveau Front populaire (NFP). Das Bündnis rund um den Präsidenten Emmanuel Macron mit dem Namen Ensemble belegte den dritten Platz.

Das starke Abschneiden des Rassemblement national (RN) und seiner Verbündeten von der Union de l’extrême droite (UXD) ist in ganz Frankreich zu sehen. In 297 Wahlkreisen wurde das Rechtsbündnis wählerstärkste Kraft.

Das Linksbündnis des Nouveau Front populaire (NFP) ebenso wie das Bündnis Ensemble von Präsident Macron gingen in den Grossstädten und einigen Wahlkreisen in der Bretagne, dem Loire-Gebiet, sowie rund um das Zentralmassiv und die Pyrenäen als Sieger aus dem ersten Durchgang hervor.

Auffällig ist der Unterschied zu den Parlamentswahlen vor zwei Jahren, bei denen Präsident Macrons Mitte-Bündnis noch deutlich mehr Wahlkreise für sich gewinnen konnte.

So viele Kandidaten treten in der zweiten Runde gegeneinander an

Obwohl die Zwischenergebnisse eine eindeutige Tendenz aufweisen, war es schwierig, den Ausgang der heutigen Stichwahl vorherzusagen. Am vergangenen Sonntag qualifizierten sich in über 300 der 577 Wahlkreise drei oder sogar vier Kandidaten für die die zweite Runde. Im Jahr 2022 war das nur in acht Wahlkreisen der Fall gewesen.

Dabei wäre in vielen Wahlkreisen jeweils ein Kandidat des RN gegen mehrere Kandidaten anderer Bündnisse angetreten. Um eine Aufspaltung der Stimmen gegen das RN zu verhindern, haben über 200 Kandidaten auf eine Teilnahme am zweiten Wahlgang verzichtet.

Insbesondere Vertreter des linken NFP haben sich zugunsten von anderen Parteien zurückgezogen.

Durch die Rückzüge wollen die beiden grossen Parteibündnisse NFP und Ensemble verhindern, dass es dem Rassemblement national und seinen Verbündeten gelingt, die absolute Mehrheit in der Assemblée nationale zu erobern. Diese liegt bei 289 Sitzen.

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