Wir alle tragen Kleidung. Doch ist es gar nicht so einfach, diese zu interessanten Looks zusammenzustellen. Die Stylistin Arianna Pianca gibt Tipps, wie das gelingt, sowie sieben gelungene Street-Style-Beispiele.
Coole Outfits sehen nicht nur oberflächlich gut aus. Vielmehr besitzen sie das Potenzial, Gefühle, Stimmungen, Geschichten zu transportieren. «Gute Looks kreiert jemand, der seine Persönlichkeit mit seinen Kleidern auszudrücken weiss», sagt Arianna Pianca, eine der gefragtesten Stylistinnen der Schweiz. Wie aber gelingt das?
Es sind die kleinen Dinge
Accessoires bewahren einen Look davor, als Basic abgestempelt zu werden. «Sie sind es, die ein Outfit verändern und aufwerten können. Ich empfehle beispielsweise immer, mit grossen, bunten Ohrringen zu spielen», sagt Pianca. Diese müssten gar nicht teuer sein. Bei Mango gebe es preiswerten Schmuck, der nicht billig aussehe, verrät die Stylistin mit italienischen Wurzeln.
Ebenso gut lassen sich etwa mit bunten Strümpfen Akzente setzen, die aus dem Schuh hervorlugen, einer Tasche, die in ungewöhnlicher Form daherkommt, oder einem Gürtel, der rein aus ästhetischen Gründen um die Hüfte geschnallt wurde. Verspielte Details, die manchmal sogar leicht fehl am Platz wirken, doch gerade deshalb die Blicke auf sich ziehen, verleihen einem Look Persönlichkeit.
In Evergreens investieren
Das restliche Outfit darf einfach daherkommen. «Ich investiere in Evergreens. Teile, die nie aus der Mode fallen, die ich Jahr für Jahr tragen kann», sagt Pianca. Auf diesen zeitlosen Pieces können die Looks aufgebaut werden. Als Beispiel eines solchen Kleidungsstücks nennt die Stylistin den Blazer. Je nachdem, mit welchen Schuhen oder Accessoires er kombiniert wird, lassen sich damit vielfältige Looks kreieren. Das macht ihn für unterschiedlichste Alltagssituationen tauglich. Darum geht es bei gutem Styling schliesslich auch: Das getragene Outfit muss zur Situation passen.
Das insgesamt wahrscheinlich Wichtigste: Der Look soll mühelos und auf keinen Fall aufgesetzt scheinen. «Wenn ich für das Styling eines Werbespots verantwortlich bin, habe ich einen guten Job gemacht, wenn das Styling nicht besonders auffällt», sagt Arianna Pianca.
Trends seien überbewertet: «Man muss keinen Trends folgen, um Stil zu beweisen.» Im Gegenteil, ein Kleidungsstück nur zu kaufen, weil es gerade im Trend liegt, ist alles andere als individuell. Oder wie es die Moderedaktorin Jess Cartner-Morley im «Guardian» schreibt: «Stil erscheint intelligent, bodenständig und nachhaltig, während Trendiness auffällig, flüchtig und schlecht für den Planeten ist.»
Anstatt monatlich neue Kleider zu kaufen, sollte man sich deshalb lieber Zeit nehmen, neue Kombinationsmöglichkeiten mit bereits im Schrank vorhandenen Pieces zu entdecken. «Wir tendieren dazu, immer die gleichen Stücke zu tragen und das Potenzial unserer Kleiderschränke nicht ganz auszuschöpfen», sagt Pianca.
Vielleicht inspirieren die folgenden Street-Style-Looks zu neuen Kombinationsmöglichkeiten aus dem eigenen Kleiderschrank?
Wie aus Arianna Piancas Lehrbuch machen hier die Accessoires den sonst unaufgeregten Look spannend. Der überbreite Gürtel liegt lässig um die Hüfte, während er seinem eigentlichen Zweck, die Hose enger zu schnallen, in keiner Art und Weise nachzukommen versucht. Dafür aber sorgt er mit seinem Pastellrosa für einen farblichen Kontrast zur roten Tasche. Das Strickoberteil sorgt für einen Bruch mit den sonst glatten Textilien. Oft braucht es gar nicht viel.
Dieser Look strotzt nur so vor Lässigkeit. Beinahe verschwinden die Loafers unter den übergrossen Hosen. Und auch die Jacke ist weit davon entfernt, die Figur betonen zu wollen. An den Händen Pulswärmer, die die Farbe der Hosen aufnehmen. Im Gesicht setzt die kantige Brille einen Akzent. Das Haar fällt voluminös über die Schultern. Alles ist perfekt aufeinander abgestimmt. Und zwar so, dass das nicht auffällt.
Eigentlich ein braver Look, würden da nicht die transparenten Leggings ziemlich unerwartet unter dem Bleistiftrock hervorschauen. Wobei Leggings scheinen es nicht zu sein, schliesslich sitzt das transparent hellblaue Textil locker um die Knöchel. Wie dem auch sei: Die hosenartigen Strümpfe setzen einen überraschenden Akzent.
Wer genau hinschaut, erkennt bei diesem Look, dass Schmuck und Oberteil aufeinander abgestimmt sind. Über den Ärmel des linken Arms wurde nämlich ein gepunkteter Armreif gezogen, das zum unter der Jacke getragenen, gepunkteten Shirt passt. Solche Spielereien – hier etwa passen die rosa-metallisch schimmernden Schuhe auch zur eisblauen Bomberjacke – verleihen einem Look Charakter.
Dieser Look kommt chic daher. Trotzdem fügen sich die Teile mühelos zu einem coolen Ganzen. Die Jacke ist nur bis zur Hälfte zugeknöpft – so ragen die geflochtene Krawatte aus Leder und der übergrosse Hemdkragen hervor: spannende Akzente, die mit Androgynie spielen.
Genau wie Accessoires es tun, kann auch das Kombinieren von Mustern einem Look Charakter verleihen. In folgendem Look sind die Farben von Jupe und T-Shirts aufeinander abgestimmt. Das verbindet die beiden Prints, die sonst nicht viel miteinander zu tun haben. Der Rest des Outfits ist schlicht gehalten, um dem Auge eine Pause zu gönnen.
Die Schuhe in diesem Look scheinen in Kombination mit dem sonst zierlichen Look eine etwas kuriose Wahl zu sein. Doch genau deswegen passen sie so gut: Sie brechen den Stil. Ganz im Sinne der Wrong Shoe Theory der Stylistin Allison Bornstein, die empfiehlt, Outfits mit einem möglichst unerwarteten Schuh abzurunden. Das verleihe dem Look mehr Persönlichkeit.