Donnerstag, Januar 30

Die Partei von Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) setzt sich im Kanton für Amtszeitbeschränkungen ein – nicht aber in der rot-grün dominierten Stadt.

Die Stadt Zürich wird seit über einem Jahrzehnt von fast den gleichen Leuten regiert. Und deshalb schien ein Umbruch bei den nächsten Wahlen im März 2026 absehbar. Der Schritt schien nur schon deshalb überfällig, weil 2022 ein Wechsel ausgeblieben ist – damals kam mit Simone Brander (SP) nur eine Politikerin neu ins Amt. Nun aber verdichten sich die Anzeichen, dass es anders kommt. Dass Zürichs alte Garde nichts von einer Wachablösung wissen will.

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Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) deutete am Sonntag in einem Interview auf Radio 1 an, nochmals zu kandidieren. Und am Montag doppelte der Finanzvorstand Daniel Leupi (Grüne) nach.

Leupi kündigte seine Wiederkandidatur an. Wird er erneut gewählt, hat er beim Ende seiner Amtszeit 20 Jahre auf dem Buckel. Bei Mauch wären es 21 Amtsjahre. Das wäre Rekord im historischen Vergleich.

Nicht einmal Figuren wie Emil Landolt (FDP) oder Sigmund Widmer (Landesring der Unabhängigen) waren so lange an der Spitze der Stadt, wie Mauch es wäre.

Mauch will nicht aufhören zu arbeiten

Im Radiointerview mit Roger Schawinski antwortete Mauch auf die Frage, ob sie Ende 2026 noch im Amt sein werde, das könne gut sein, sie müsse aber erst wiedergewählt werden. Als Schawinski erwiderte, dann sei jetzt klar, dass sie nochmals antreten werde, widersprach Mauch nicht.

Mauch sprach sich auch gegen Amtszeitbeschränkungen aus. Obwohl sie dieses Jahr 65 Jahre alt werde, wolle sie «sicher nicht aufhören zu arbeiten».

Auf Anfrage der NZZ schreibt Corine Mauch: «Das Amt der Stadtpräsidentin macht mir viel Freude, und ich setze mich weiterhin sehr motiviert für die Zürcherinnen und Zürcher ein. Zur Frage, ob ich 2026 wieder antrete, äussere ich mich in den nächsten Wochen.»

Oliver Heimgartner, Co-Präsident der städtischen SP, sagt dazu: «Es ist allein Corine Mauchs Entscheid, und die SP steht hinter ihr, egal wie dieser ausfällt.»

Mauch ist an der Urne schwer zu schlagen. Zwei Mal setzte sie sich in Kampfwahlen durch. Vor drei Jahren wagte es niemand, sie herauszufordern. Würde sie gewählt, müsste man davon ausgehen, dass sie volle vier Jahre im Amt bleibt. Gegenüber der NZZ sagte sie kürzlich: «Ich trete nicht während einer Legislatur zurück. Das habe ich immer gesagt, und dabei bleibe ich.»

Die Stadtzürcher Exekutive könnte also nochmals älter werden. Schon jetzt ist sie im Vergleich mit anderen Stadtexekutiven alt an Amtsjahren. Und bisher hat kein einziger der altgedienten Bisherigen von Rücktritt gesprochen. Von zwei der amtsälteren Magistraten im Stadtrat ist noch offen, ob sie auch erneut kandidieren werden, André Odermatt (SP) und Filippo Leutenegger (FDP). Am Montag hielten sich auf Anfrage beide bedeckt.

Im Regierungsrat soll nach zwölf Jahren Schluss sein

Interessant ist, dass Amtszeitbeschränkungen gerade für Mauchs Partei, die SP, ein grosses Thema sind. Es gab etliche Beispiele, bei denen die Beschränkung auch prominente Politiker in Verlegenheit brachte.

So musste sich der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth 2022 von den Aargauer Genossen die Erlaubnis für eine weitere Amtszeit im Nationalrat holen. Damals bangte auch der damalige SP-Fraktionschef Roger Nordmann wegen einer Amtszeitbeschränkung der SP Waadt.

Im Zürcher Kantonsrat will Rafael Mörgeli (SP) in diesem Frühjahr eine parlamentarische Initiative einreichen, die eine Amtszeitbeschränkung für Zürcher Regierungsräte vorsieht. Nach zwölf Jahren soll Schluss sein. Dies soll allerdings nicht die derzeitigen Regierungsräte betreffen, sondern künftig gelten.

Mörgeli sagt, die Idee stamme aus Graubünden, wo man nach acht Jahren in der Regierung nicht mehr wiedergewählt werden könne. Dort sei das für alle Parteien selbstverständlich.

Einige Argumente aus Graubünden, die Mörgeli überzeugten: Mit einer Amtszeitbeschränkung erstarrten Magistraten nicht im Amt, es würden neue Impulse gesetzt, die Entscheid- und Risikofreude bleibe erhalten, und eine persönliche Machtstellung werde verhindert. Mörgeli sagt: «Man geht anders ans Amt, wenn man weiss, dass man eine Ablauffrist hat.»

Müsste man dieses Prinzip nicht auch auf die Stadt anwenden? Mörgeli findet, die Städte sollten selber entscheiden. Auch habe er den Vorstoss geschrieben, bevor über die Situation in der Stadt diskutiert worden sei.

Dass die SP beim Regierungsrat, aber nicht bei der Stadtregierung an einer Amtszeitbeschränkung herumstudiert, dürfte mit den Mehrheitsverhältnissen zu tun haben – im Stadtrat dominiert Rot-Grün, im Regierungsrat haben die Bürgerlichen eine Mehrheit.

Der SP-Kantonsrat Andrew Katumba – selber ein Städter – sagt dazu auf Anfrage, es spiele eine Rolle, ob man in der Exekutive in einer Mehrheitsposition sei. Ein langer Turnus nütze jener Partei, die an der Macht sei. «Im Kanton sind wir klar in der Minderheit, darum ist der Wunsch nach einem häufigeren Turnuswechsel für uns legitim.» In der Zürcher Exekutive stelle sich aber schon auch die Frage, ob ein kürzerer Turnus sinnvoll sei.

Katumba wird Interesse an einem Zürcher Stadtratssitz nachgesagt. Er selbst bekommt die Amtszeitbeschränkung bald zu spüren. Gemäss den Regeln seiner Kreispartei wird er im Kantonsrat diesen Sommer zurücktreten.

Zwölf Jahre seien auch genug, findet er. «Man sollte zurücktreten, solange man noch mag und tatkräftig ist. So gibt man der kommenden Generation die Möglichkeit, nachzurücken.» Katumba betont, er rede nur von sich selber. Es sei das Privileg jedes einzelnen Politikers, den Zeitpunkt seines Rücktrittes selber zu bestimmen.

Leupi: Für die Position braucht es «ein gewisses Gewicht»

Am Beispiel von Daniel Leupi lässt sich gut aufzeigen, wie eine Wiederkandidatur trotz hohem Amtsalter zustande kommt. Der grüne Finanzvorstand gibt seine Wiederkandidatur am Montag in einem Mediengespräch bekannt. Leupi spricht im Saal des Restaurants Falken in Wiedikon über eine anstehende Pensionierungswelle in der Stadtverwaltung, über KI, über das Spannungsverhältnis von prosperierender Stadt und Wohnungsknappheit. Doch die eigentliche Neuigkeit betrifft ihn selbst.

Leupi sagt: «Ich hätte auch sagen können: Ich habe zehn positive Rechnungsabschlüsse hingelegt und davor als Sicherheitsvorstand den Ersten Mai beruhigt» – und es gut sein lassen. Aber er habe nach wie vor Energie, weiterzumachen. Leupi muss von seiner Partei erst nominiert werden. Aber das dürfte Formsache sein. Auch die Wiederwahl muss er kaum fürchten.

Der 59-Jährige sieht sich auf einer Mission. Es gelte, die Angriffe vom Kanton auf die städtischen Finanzen abzuwehren, von denen der Stadt grossen Schaden drohe. Allein aus der Gewinnsteuersenkung und der geplanten Abschöpfung der Grundstückgewinnsteuer müsste die Stadt mit Ausfällen von einer Viertelmilliarde jährlich rechnen.

In dieser «aussergewöhnlichen Situation» brauche es «ein gewisses Gewicht» auf der Position des Finanzvorstehers, sagt Leupi. Einen, der Erfahrung habe und das System kenne.

Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Innerhalb der städtischen Grünen steht keine logische Nachfolgerin, kein logischer Nachfolger für Leupi bereit. Und Rücktritte sind für Parteien immer ein Risiko.

Die Grünen müssen neben dem Sitz von Leupi jenen von Karin Rykart verteidigen. Möglich ist auch, dass sie einen dritten Sitz anstreben. Ohne Leupi als sicheren Wert wäre das undenkbar. Zumal auch FDP, GLP und SVP um Stadtratssitze buhlen.

Leupi sagt, er habe mit der Partei gesprochen, aber keinen Druck verspürt. Weder habe man ihn gebeten, im Amt zu bleiben, noch dazu aufgefordert, den Weg für andere frei zu machen. Für unersetzbar halte er sich keineswegs, betont Leupi.

Ob er denn potenzielle Nachfolgerinnen oder Nachfolger für sich sehe? «Ich hoffe schwer, dass es in der Partei Leute gibt, die den Hut in den Ring werfen werden», sagt er.

Dann, wenn er einmal nicht mehr antritt.

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