Samstag, September 28

Stadtzürcher Bürgerliche kritisieren den Hang zu Mikromanagement und Giesskannenlösungen im Stadtparlament.

Stellt die Stadt Zürich zu wenig Subventionsbeiträge für Tanz und Theater bereit? Oder ist genug Geld da, es wird nur falsch verteilt? Um diese Fragen streiten sich die linken und die bürgerlichen Parteien im Zürcher Stadtparlament seit mehr als einem Jahr. Grund ist das neue Fördersystem für Tanz und Theater.

Am Samstag ist das politische Tauziehen um das städtische Subventionsmodell im Stadtparlament in eine neue Runde gegangen.

Eingeführt wurde das neue Fördersystem mit dem Ziel, Innovation und Kooperationen zu fördern, frischen Wind in die Stadtzürcher Kulturbranche zu bringen, sie zu Professionalisieren. Um das zu erreichen, subventioniert die Stadt neu Konzepte statt spezifische Kulturhäuser. Bewerben konnten sich nebst auch Tanz- und Theatergruppen sowie Einzelpersonen.

Insgesamt 3,9 Millionen Franken stehen für die sechsjährige Förderperiode zur Verfügung. Um in den Genuss einer auf sechs Jahre ausgelegten Subvention zu kommen, musste sie Ideen einreichen, welche eine speziell einberufene Jury dann beurteilte und entschied, wer wie viel Geld erhält.

«Grosse Innovationen sind ausgeblieben»

Doch als die Stadt publik machte, wer Unterstützungsbeiträge erhalten wird, war niemand zufrieden: Die Berücksichtigten monierten, dass die gesprochenen Beiträge tiefer sind, als die beantragten. Zwei bisher subventionierte Kleinbühnen – das Theater Stok und der Keller 62 – gingen gar leer aus.

Die erste Vergaberunde mit dem neuen System habe gezeigt, «grosse Innovationswürfe sind ausgeblieben» resümierte Urs Riklin (Grüne). Und obschon die Jury zwar viele Konzepte unterstützungswürdig gefunden habe, sei am Schluss zu wenig Geld zur Verfügung gestanden.

Bei der Lösung des Problems sind sich Grüne, SP und AL einig: Wenn das nächste mal sechsjährige Subventionen gesprochen werden, muss der zur Verfügung stehende Rahmenkredit erhöht werden. Um welchen Betrag bleibt offen, die Rede ist lediglich von einer «substanziellen» Erhöhung.

Für die SP bedeutet das eine Kehrtwende. Noch vor einem Jahr hatte Maya Kägi-Götz im Stadtparlament argumentiert, einfach mehr Geld zur Verfügung zu stellen, sei für ihre Partei keine Option. Der zur Verfügung stehende Betrag sei demokratisch entschieden worden, sagte sie.

Bedenken, bereits jetzt am neuen Fördersystem herumzuschrauben, habe die SP nach wie vor, sagte Kägi-Götz. Die Stadt habe mit dem neuen System Neuland betreten, um eine zukunftsfähige Kulturlandschaft zu ermöglichen. Dennoch gelte es nun die Höhe des Kredits zu prüfen.

Die Stadt will das neue Vergabeverfahren bis 2026 analysieren und dem Parlament Bericht erstatten. Es sei deshalb zu früh, jetzt schon verbindliche Änderungen vorzunehmen, sagte Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP), in deren Verantwortungsbereich das Fördersystem gehört. Der Stadtrat sei jedoch durchaus offen für eine allfällige Erhöhung des Unterstützungskredits. «Das ermöglicht mehr Subventionen für die Kultur.»

Abfederungsgelder wurden bereits ausbezahlt

Moritz Bögli (AL) erinnerte daran, dass seine Partei von Anfang an dagegen gewesen sei, den Gesamtbetrag an Fördergeldern zu deckeln. Die erste Vergaberunde habe die Bedenken der AL bestätigt. Es gelte, das neue System zu justieren. Schliesslich stelle das Zürcher Stadtparlament der Kulturbranche auch Bedingungen, was die Entlöhnung der Mitarbeitenden angehe.

Das Präsidialdepartement habe zudem keinen Hehl daraus gemacht, dass es die Zahl der Bühnen in der Stadt um zwei reduzieren wolle, sagte Bögli. Dass es nun die beiden Kleinsten getroffen habe, sei schade. «Überraschend ist es aber nicht.»

In der Tat hatten Zürichs Kulturhäuser mit befristeten Subventionen schon früh davor gewarnt, dass mit dem neuen Fördersystem ein «Verteilkampf» einhergehen könnte. Auch Schliessungen wurden befürchtet.

Die beiden nicht berücksichtigten Kleinbühnen bangen nun um ihre Existenz. Das Theater Stok erhielt bisher 95 000 Franken pro Jahr, der Keller 62 wurde jeweils mit 50 000 Franken Franken unterstützt. Während der Keller 62 den juristischen Weg beschreitet, um den Subventionsentscheid zu kippen, sucht das Theater Stok Sponsoren.

Bis Ende 2025 erhalten beide Kleinbühnen noch Abfederungsbeiträge von 238 770 Franken (Stok) und 150 000 Franken (Keller 62). Damit sollen sie sich «neu erfinden», sagten verschiedene Stadtparlamentarier am Samstag.

Die Gelder sollten ursprünglich in zwei Tranchen ausbezahlt werden. Die FDP forderte aber, dass die ganzen Beträge auf einmal überwiesen werden sollten. Genau das sei bereits geschehen, liess die Stadtpräsidentin am Samstag verlauten.

FDP sieht Sparpotenzial bei den grossen Häusern

Die Lösung heisst in der rot-grün regierten Stadt Zürich also wie so oft «mehr Geld vom Staat». Ein Credo, mit dem die Parteien von der Mitte bis zur SVP traditionell wenig anfangen können.

Statt den Kredit für die befristeten Subventionen zu erhöhen, täte die Stadt besser daran, die Unterstützung der grossen Häuser zu prüfen, sagte Sabine Koch (FDP). Beispielsweise jene für das Schauspielhaus oder die Rote Fabrik. Beide Institutionen sind trotz Millionenbeträgen von der Stadt in einer finanziellen Schieflage. «Da gibt es Sparpotenzial.» Es brauche daher keine Giesskannenlösung.

Für die SVP demonstriere die Debatte die Tendenz des Stadtparlaments, sich in Mikromanagementfragen zu verlieren, resümierte Stefan Urech. Dabei sei das neue Fördersystem doch explizit dafür gedacht gewesen, Bewegung in die Theaterszene zu bringen.

Auch er sei der Meinung, dass mit dem Theater Stok und dem Keller 62 die falschen von den Subventionen ausgeschlossen würden, sagte Urech. Doch «Bewegung heisst Veränderung». Doch damit könne das Stadtparlament offensichtlich nicht umgehen versuche nun, den Gesamtkredit zu erhöhen.

Die linke Ratsmehrheit überwies die Motion für die Erhöhung des Subventionskredits knapp mit 58 Ja- zu 50 Nein-Stimmen an den Stadtrat.

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