Dienstag, November 26

Warum «Wer wird Millionär?» nach 25 Jahren immer noch so gut läuft und wie der Moderator solch grosse Beliebtheit erlangt hat. Ein Erklärungsversuch.

«Wer wird Millionär?» ist keine aufregende Sendung. Es ist eine klassische Quizshow. Moderiert wird sie von einem Mann, der auch unser Nachbar sein könnte. Doch warum schalten seit 25 Jahren jeden Montag bis zu 5 Millionen zu?

Das ursprünglich britische Format «Who Wants to Be a Millionaire?» wurde in 160 Ländern adaptiert. Das Konzept erschliesst sich kulturübergreifend. Doch in kaum einem anderen Land ist das Format so sehr mit einem einzigen Moderator verbunden wie in Deutschland. Seit 1999 führt Günther Jauch durch die Show. Die Beliebtheit des 68-Jährigen ist schwindelerregend. Jeder zweite Deutsche hätte ihn gerne als Bundespräsidenten, das ergibt 2003 eine Umfrage der «Welt». Mit seinem Restaurant in Potsdam ist er Gastronom des Jahres 2019, und selbst der Titel «Krawattenmann des Jahres» wird ihm einmal verliehen.

Aufstieg mit Thomas Gottschalk

Auf Jauchs schillernde Karriere deutet in den frühen Jahren wenig. Er kommt als Sohn eines Journalisten in Münster auf die Welt. In Berlin aufgewachsen, bricht er zugunsten der Journalistenschule in München das Jurastudium ab. Beim Bayerischen Rundfunk wird er in den 1980er Jahren zusammen mit seinem guten Freund Thomas Gottschalk zum Radiostar. Jauchs Aufstieg geht im Fernsehen rasant weiter: «Stern TV», «Das aktuelle Sportstudio», der Polit-Talk «Günther Jauch». Und vor allem «Wer wird Millionär?», die grosse Konstante seit einem Vierteljahrhundert.

Der Fernsehmann soll über 50 Millionen Euro besitzen, bleibt jedoch vom Neid der Gesellschaft verschont. Denn er wirkt bescheiden, traditionsbewusst. Das Weingut von Othegraven, das sein Urururgrossvater 1805 übernommen hat, brachte er 2010 zurück in den Familienbesitz. Dabei hatte er zu Alkohol die längste Zeit keine Beziehung: «Bis 30 habe ich nicht mal ein Glas Bier bestellt.» Inzwischen vermarktet er auch einen Wein bei Aldi. Er ist bodenständig, nahbar. Dem Moderator mit der Buchhalterbrille vertraut man.

Jauchs sanften Spott nimmt man ihm nicht übel («Da haben Sie tatsächlich – wer hätte noch damit gerechnet – 500 Euro gewonnen»). Er interessiert sich für die Menschen. Oft gerät das Quiz während der Sendung in den Hintergrund, es geht um die Familien und Jobs der Gäste. Jauch hört zu, fragt nach und füttert die Zuschauer mit seinen sympathischen Papawitzen. Und behutsam stupst Jauch seine Gäste in die richtige Richtung.

Die Kaminfeuersendung ist nicht zuletzt beim älteren Publikum ein sicherer Wert in schnelllebigen, krisengeschüttelten Zeiten, man kriegt, was man will und was man erwartet. Im Gespräch mit der NZZ sagte Jauch von sich, er sei «old economy», ein Relikt aus der guten alten Zeit.

Ein deutscher Mann

Im Unterschied zum extravaganten Plauderer Thomas Gottschalk, zum scharfsinnigen Humoristen Harald Schmidt oder zum eitlen Moderator Markus Lanz ist der Familienvater Jauch die Authentizität von nebenan. Ein deutscher Mann mit Ecken und Kanten. Ungeniert, natürlich. Seine Show besteht darin, keine grosse Show zu machen.

Und wenn es um das Äusserliche geht, fällt Jauch nicht besonders auf. Seine Anzüge sitzen nicht, seine Krawatten sind so breit wie in den 1990er Jahren.

Der knapp 70 Jahre alte Herr wird wohl noch lange Montag für Montag aus dem altmodischen Logo seiner Sendung treten und freundlich, aber unaufgeregt aufs Publikum zugehen. Solange er nur kann, das wird von ihm erwartet. Es ist die Sehnsucht nach der Normalität, die er so gut verkörpern kann. Und gerade das ist paradoxerweise aussergewöhnlich. In der sogenannten 3-Millionen-Woche zum Jubiläum brachte ein Gast eine lebensgrosse Pappfigur Jauchs mit, die er jahrelang für diesen Moment im Keller aufbewahrt hatte. «Haben Sie mich abgestaubt?», fragte Jauch.

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