Montag, Februar 24

Die Rekordjagd des Goldpreises bringt den Cashflow von Branchenleadern wie Newmont, Agnico Eagle Mines und Barrick Gold zum Sprudeln. Doch die kühle Reaktion auf die glänzenden Quartalszahlen zeigt: Die Ertragskraft von Minenkonzernen wird an der Börse noch immer unterschätzt.

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Das Muster ist hinlänglich bekannt: Einmal mehr sind die Quartalsabschlüsse von Gold- und Silberminenkonzernen in den vergangenen Tagen grösstenteils mit negativen Kursreaktionen quittiert worden. Das prominenteste Beispiel ist Newmont. Trotz überraschend starker Zahlen sind die Titel des weltgrössten Goldförderers am vergangenen Freitag fast 6% abgestraft worden.

Klar, der Ruf von Newmont ist ramponiert. Der Konzern aus Denver, Colorado, hat Investoren in der jüngeren Vergangenheit wiederholt enttäuscht – und zwar bitter. Doch dieses Mal hat er die Erwartungen deutlich übertroffen. Der solide Leistungsausweis lässt das Kurspotenzial erahnen, das in Newmont und in anderen Minengesellschaften auf dem gegenwärtigen Preisniveau der Edelmetalle steckt.

Das Unternehmen weist für das vierte Quartal eine anrechenbare Goldproduktion von 1,9 Mio. Unzen aus. Das ist ein Plus von 9% gegenüber der Vorjahresperiode und übertrifft die von Analysten geschätzten 1,75 Mio. Unzen. Der durchschnittliche realisierte Verkaufspreis nahm 20% auf 2643 $ pro Unze zu, während sich die Gesamtkosten (All-in Sustaining Costs, AISC) auf 1463 $ pro Unze beliefen. Mit 1180 $ pro Unze hat sich die Marge mehr als verdoppelt.

Daraus resultiert ein deutlicher Zuwachs beim freien Cashflow. Newmont hat 2024 insgesamt über 2,9 Mrd. $ an freien Mittel erwirtschaftet, nachdem es im Vorjahr weniger als 90 Mio. $ waren. Mehr als 1,6 Mrd. $ sind dem Konzern allein im vierten Quartal zugeflossen. Davon profitieren die Aktionäre. Newmont hat im letzten Jahr 2,3 Mrd. $ in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen ausgeschüttet. Zudem wurde die Bilanz gestärkt. Das Verhältnis von Nettoschulden zum Betriebsgewinn auf Stufe Ebitda hat sich von 1,8 auf 0,6 reduziert.

Fokus richtet sich auf Kosten

«Wir haben noch viel Arbeit vor uns, um unser mögliches Rendite- und Margenpotenzial auszuschöpfen», räumte Konzernchef Tom Palmer am Freitagmorgen bei der Ergebnisbesprechung ein. Er spricht damit die Integration des australischen Konkurrenten Newcrest Mining an, den Newmont im Spätherbst 2023 für knapp 17 Mrd. $ übernommen hat.

Im Nachgang der Grossakquisition wird das Portfolio auf sechs Kernstandorte konzentriert. Hinzu kommen die Assets in Nevada, die in einem Joint-Venture von Barrick Gold betrieben werden. Palmer geht davon aus, dass die Bereinigung im ersten Halbjahr weitgehend abgeschlossen ist. Der Verkauf von Minen in Kanada, Ghana, Australien und den USA soll netto rund 2,5 Mrd. $ an Barmitteln einbringen.

Auf operativer Stufe richtet sich der Fokus nun in erster Linie auf Effizienzverbesserungen. Und hier gibt es noch viel zu tun. Nachdem sich die Gesamtkosten im vergangenen Jahr um 5% auf 1516 $ pro Unze erhöht haben, prognostiziert das Management für 2025 einen weiteren Zuwachs von 7% auf 1620 $ pro Unze, was über den bisherigen Analystenschätzungen von 1565 $ liegt.

Ein Grund für die höheren Kosten hängt mit zusätzlichen Investitionen an den Standorten Cadia und Lihir in Australien respektive Papua-Neuguinea zusammen. Sie wurden von Newcrest übernommen und müssen auf einen effizienteren Betrieb umgestellt werden. Hinzu kommt der Kostenanstieg bei Personal und Equipment.

Der Börse stösst das offensichtlich sauer auf. Die Kosten sind bei Newmont mittlerweile ein Dauerproblem. Zudem bleibt die Prognose zur Produktion für dieses Jahr mit 5,9 Mio. Unzen leicht hinter der Konsensschätzung von 6 Mio. zurück. Für Irritation sorgt wohl auch, dass Newmont keinen konkreten Ausblick zum anvisierten Produktionsvolumen über das laufende Jahr hinaus kommuniziert.

Für etwas Enttäuschung sorgt möglicherweise auch, dass die Ausschüttungspolitik vorerst unverändert bleibt. Dies, um die Bilanz weiter zu stärken. Die jährliche Dividende verharrt damit auf 1 $ pro Aktie, was 2,2% Rendite entspricht. Vom laufenden Aktienrückkaufprogramm im Umfang von 3 Mrd. $ sind derzeit noch 1,8 Mrd. $ übrig.

Minenkonzerne werden zu Cashmaschinen

Die schroffe Reaktion liegt aber kaum nur an den Quartalszahlen. Von Öl- und Gaskonzernen über Förderer von Edel- und Industriemetallen bis hin zu Unternehmen aus der Agrarindustrie stand der gesamte Rohstoffsektor am Freitag unter Druck. Dazu beigetragen hat vermutlich ein grosser Optionenverfall. Am Donnerstagabend nach der Resultatpublikation hatte der Kurs von Newmont nachbörslich noch rund 3% fester tendiert.

Hinzu kommt, dass die Abschlüsse aus der Branche generell negativ aufgenommen worden sind. Agnico Eagles Mines etwa, der qualitativ beste Wert unter den grössten Goldproduzenten, büsste nach der Ergebnispublikation knapp 5% ein. Hecla Mining, ein prominenter Silberkonzern, wurde sogar fast 15% abgestraft. Beispiele für positive Ausnahmen sind Pan American Silver und Alamos Gold.

Nach einer kräftigen Rally lässt sich ein Teil der Kursabgaben mit Gewinnmitnahmen erklären. Der VanEck Gold Miners ETF (GDX) mit den grössten Namen aus dem Sektor war von Ende Dezember bis Mitte Februar annähernd 26% avanciert. Etwas auf die Stimmung gedrückt hat auch der generell vorsichtige Ausblick, den andere Branchenriesen für das laufende Jahr abgeben.

Wie Newmont rechnet Agnico Egales Mines für 2025 mit einem leicht geringeren Fördervolumen von 3,4 Mio. Unzen. Barrick Gold senkte die Prognose von rund 3,9 auf 3,3 Mio. Unzen; hauptsächlich wegen Problemen in Mali, die aber bald gelöst sein könnten. Die beiden Konzerne gehen ebenso von höheren Gesamtkosten aus. Barrick rechnet mit einem Anstieg von 1484 auf 1510 $ pro Unze. Agnico erwartet eine Zunahme von 1239 auf 1275 $, was im Branchenvergleich weiterhin hervorragend ist.

Entscheidend ist, dass man deswegen das Gesamtbild nicht aus den Augen verliert. Erstens sind die Prognosen meist konservativ ausgelegt. Zweitens werden bei steigenden Preisen vermehrt auch Ressourcen abgebaut, die zwar kostenintensiver, aber immer noch profitabel sind. Newmont beispielsweise kalkuliert bei jedem Anstieg des Goldpreises um 100 $ pro Unze mit zusätzlichen Ausgaben von 10 $ pro Unze.

Den meisten Unternehmen geht es im derzeitigen Umfeld blendend. Der Goldpreis ist seit dem Tief von Anfang Oktober 2023 um mehr als 60% auf ein Allzeithoch von 2939 $ pro Unze gestiegen. Minenkonzerne werden damit zu hoch profitablen Cashmaschinen.

Kursrückschlag ermöglicht Kaufgelegenheiten

Für Anlegerinnen und Anleger mit Geduld und guten Nerven bieten Verkaufswellen wie in den vergangenen Tagen Chancen, Positionen auf- oder auszubauen. Die eindrückliche Avance beim Preis von Gold und Silber zeigt sich bisher höchstens teilweise in den Kursen von Minenaktien.

Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass sich die Notierungen von Edelmetallen weiterhin auf hohem Niveau bewegen oder sogar weiter steigen. Sorgen vor Inflation nehmen zu, geopolitische Spannungen bleiben ein Thema. Das verdeutlichen die massiven Goldkäufe von Zentralbanken. Im historischen Vergleich hinken die Kurse von Minenkonzernen dem Goldpreis noch immer markant hinterher.

Die Schlüsselfrage ist, wann sich die Wahrnehmung an der Börse ändert. Die Antwort kennt niemand, doch eines ist klar: Im heutigen Umfeld ist der Sektor günstig bewertet. Die Free-Cashflow-Rendite, die den freien Mittelfluss der letzten zwölf Monate ins Verhältnis zum gegenwärtigen Unternehmenswert stellt, beträgt für die Konzerne im GDX-ETF derzeit 3,3%. Im Fall von Newmont beläuft sie sich sogar auf 5,2%, bei Barrick und Agnico sind es 3,1 bzw. 4,4%. Als Kontext: Für den US-Leitindex S&P 500 beträgt der Wert 2,6%.

Fazit: Kann die Branche auf operativer Ebene an die solide Performance der vergangenen Quartale anknüpfen, sehen die Bewertungskennzahlen noch wesentlich attraktiver aus. Bei anhaltend hohen Preisen für Edelmetalle kann das Interesse an Minenaktien plötzlich zunehmen. Wenn dann das grosse Geld in den Sektor strömt, wird kein Weg an Branchenleadern wie Newmont, Agnico oder Barrick vorbeiführen.

Freundlich grüsst im Namen von Mrs Market

Christoph Gisiger

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