Der aktive Grossaktionär Cevian pocht auf neue Verwaltungsratsmitglieder. Doch das bestehende Gremium ziert sich bislang, Veränderungen anzukündigen.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Baloise soll sich bewegen. Das fordert der aktive Aktionär Cevian, der gemäss letzten Aussagen 9,4% am Schweizer Versicherer hält.
Im Vorfeld des Investorentags von Ende September hat Cevian klar gemacht, in welche Richtung ihrer Meinung nach Baloise gehen muss: das Geschäft neu ausrichten, primär fokussieren.
Der Investorentag hatte jedoch gezeigt, dass transformierende Schritte bislang keinen Eingang in die Strategieplanung des amtierenden Verwaltungsrats (VR) und des Konzernchefs Michael Müller finden. Und der Kommentar dazu von Cevian-Partner Robert Schuchna lautete nach der Präsentation: «Damit die Baloise ein erstklassiges Schweizer Versicherungsunternehmen werden kann, braucht es echten Fokus und echten Ehrgeiz. Die heute angekündigten Massnahmen sind in beiden Punkten ungenügend.»
Damit war klar: Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, wird Cevian nun den Baloise-VR ins Visier nehmen. Offen war lediglich, ob der neue Grossaktionär eine ausserordentliche Generalversammlung beantragen würde, um eigene VR-Kandidaten zu stellen, oder das Gremium an der ordentlichen Generalversammlung vom Frühling erneuert wird.
Forderung platziert
Gemäss Informationen von zwei voneinander unabhängigen Quellen soll Cevian diesbezüglich inzwischen bei Baloise vorstellig geworden sein. Mit dem Ansinnen, der Verwaltungsrat möge doch selbständig und damit gesichtswahrend ankündigen, dass an der nächsten Generalversammlung Veränderungen im Gremium anstehen würden.
Ohne Druck kam der Vorstoss jedoch nicht: Eine der Quellen sagt, dieser sei mit einer Deadline verbunden sowie der Ansage, anderenfalls eine ausserordentliche Generalversammlung zu beantragen.
Eine zweite Quelle will nicht von einem Ultimatum sprechen, sagt aber, dass Cevian Druck aufsetze, intensiv verhandle und nun eine «klare Ansage des Verwaltungsrats» gefordert sei, dass Veränderungen im Gremium anstünden. Es gäbe keinen Grund, damit weiter zuzuwarten.
Cevian äusserte sich auf Anfrage nicht zu diesen Forderungen. Baloise kommentierte allfällige Gespräche ebenfalls nicht.
Mehr Versicherungs-Know-how im Verwaltungsrat
Gemäss den Quellen geht es bei der Forderung darum, mehr Versicherungswissen ins Gremium zu bringen. Darin sitzen zwar neun Personen, doch es sei kaum Versicherungs-Know-how vorhanden, monieren mehrere Investoren im Gespräch:
Präsident Thomas von Planta sei primär im Corporate Finance zu Hause. Maya Bundt habe zwar in verschiedenen Funktionen bei Swiss Re gearbeitet, allerdings hauptsächlich im Bereich Cyber & Digital Solutions. Die einzige Ausnahme im Gremium bildet Guido Fürer. Er war über zwanzig Jahre in mehreren Funktionen ebenfalls bei Swiss Re. Die Hälfte davon amtete er jedoch als Group Chief Investment Officer und leitete beim Rückversicherer das Asset Management. Zwischen 2019 und 2022 war er gleichzeitig Landespräsident für die Swiss Re in der Schweiz.
Dennoch: Die Forderung, die von mehreren Aktionären ins Feld geführt – und von mehreren bereits beim Präsidenten platziert – wurde, lautet: Es muss mehr Versicherungskompetenz ins Gremium einziehen.
Aus diesem Grund dürfte Cevian nicht primär darauf hinarbeiten, eigene Cevian-Partner in den Verwaltungsrat zu hieven, sondern auf Experten setzen, die sachkundig die Anliegen des Grossaktionärs bezüglich Fokussierung und Effizienzsteigerung im Gremium umsetzen – aber auch eine gewisse Kontrollfunktion übernehmen, dass nicht nur Lippenbekenntnisse abgegeben werden, sondern transformierende Schritte hin zu einem effizienteren und fokussierten Versicherer umgesetzt werden.
Denn Cevian gibt sich nicht mit den bereits erfolgten Schritten des Managements zufrieden. Baloise hat Neuinvestitionen in digitale und teils versicherungsfremde Plattformen gestoppt und den Portfolio-Bestand des mehrheitlich deutschen Digitalversicherers Friday zu einem «einmaligen negativen Ergebniseffekt von rund 75 Mio. Fr.» an Allianz abgetreten. Die defizitäre Friday hatte Baloise zuvor jährlich rund 25 Mio. € Verlust eingebracht.
Cevian geht es um mehr, primär um eine weitgehende Refokussierung auf das Schweizer Geschäft.
Wo der Hebel angesetzt werden soll, zeigt der Blick auf das Prämienvolumen, das bestimmt, wie das Eigenkapital alloziert werden muss, sowie auf den jährlichen Bargeldfluss, der aus den Ländereinheiten an die Holding fliesst und die Dividende alimentiert.
Mehrheitlich wird dieses Geld im hiesigen Versicherungsgeschäft erwirtschaftet. Abgeschlagen stehen der unter starkem Konkurrenzdruck stehende deutsche Markt sowie Luxemburg da. Und warum der Versicherer auch noch eine Bank betreiben muss, erschliesst sich zumindest mit Blick auf die Generierung von frei verfügbarem Cash ebenfalls nicht.
Man darf gespannt sein, ob der Baloise-VR demnächst und im Hinblick auf die nächste Generalversammlung eigenständig Veränderungen ankündigen wird – oder ob es doch noch eine ausserordentliche GV braucht.
In jedem Fall: Nominierungen, die für eine strategische Erneuerung im Sinne von Cevian stehen, können gemäss Marktteilnehmern auf eine breite Unterstützung im Aktionariat zählen können.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Ruedi Keller