Nach einem langen Zwist sind Schweizer Aktien wieder an den Börsen in der EU handelbar. Der Nadelstich der EU, die «Börsenäquivalenz» der Schweiz nicht zu verlängern, lief letztlich ins Leere.

Seit dem 1. Mai hat das Polittheater über die «Börsenäquivalenz» der Schweiz in der EU ein Ende. Im Juli 2019 hatte die EU der Schweizer Börsenregulierung die Gleichwertigkeit mit anderen europäischen Handelsplätzen aberkannt. Nun sind Schweizer Aktien wieder an Börsen in der Europäischen Union handelbar. Zudem hat die Schweiz ihre Schutzmittel aufgehoben.

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Zwischen die Fronten geraten

Die Schweizer Börse SIX war in den damaligen Verhandlungen über ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU quasi zwischen die Fronten geraten. Nachdem die Eidgenossenschaft eine Frist für das Rahmenabkommen hatte verstreichen lassen, hatte die EU die sogenannte «Börsenäquivalenz» der Schweiz nicht verlängert.

Beobachter werten das damalige Vorgehen der EU gegen die Schweiz als «Nadelstich»: Schliesslich hatten die Börsenäquivalenz und das Rahmenabkommen gar nichts miteinander zu tun.

Der Bundesrat reagierte wiederum mit einer Retourkutsche und erliess eine vorübergehende «Schutzmassnahme» für den Schweizer Börsenplatz. Diese trat am 30. November 2018 in Kraft und stellte sicher, dass EU-Wertpapierfirmen an Schweizer Handelsplätzen auch ohne EU-Börsenäquivalenz weiterhin Schweizer Aktien handeln konnten, wie es in einer Mitteilung des Bundesrats heisst.

Folgen für Anleger und Unternehmen begrenzt

Nun ist das Geschehen auch auf diesem Nebenschauplatz beendet. Laut Beobachtern war dies letztlich eine Formsache. Bereits im Frühjahr 2024 hatte die EU die Einschränkungen für EU-Wertpapierfirmen für den Handel mit Schweizer Aktien annulliert. Die EU habe einen Schritt in Richtung der Schweiz gemacht und diese habe im Gegenzug mit der Streichung der EU von der Schutzliste reagiert, hiess es weiter.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) teilte dazu mit, sie betrachte den Schritt des Bundesrates als ein Signal für eine Annäherung zwischen der Schweiz und der EU im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der Börsenregulierung. «Wie von den parlamentarischen Kommissionen gefordert, erwarten wir, dass der Bundesrat dieses politische Pfand nutzt, um neben der Äquivalenzanerkennung gezielt Marktzugangsverbesserungen zu fordern.»

Gegenseitige Retourkutschen

So dramatisch sich die gegenseitigen Retourkutschen auf den ersten Blick ausnehmen – am Ende waren die Auswirkungen in der Praxis überschaubar.

Mit der Aberkennung der Börsenäquivalenz wollte die EU die Schweiz abstrafen. Aufgrund der Gegenmassnahmen der Schweiz gelang dies allerdings nicht: Das Handelsvolumen an der SIX stieg in der Folge sogar. «Vorübergehend betrug der Marktanteil der SIX im Handel mit Schweizer Aktien nach der Aberkennung der Börsenäquivalenz nahezu 100 Prozent», sagt der SIX-Sprecher Julian Chan. Juristisch gesehen hätten die Händler aus der EU quasi keine andere Möglichkeit gehabt, als Schweizer Aktien an der SIX zu handeln.

Mittlerweile sei der Marktanteil der SIX im Handel mit Schweizer Aktien wieder auf unter 70 Prozent gesunken, sagt er. Dies habe mit dem Austritt Grossbritanniens aus der EU und dem Abkommen des Landes mit der Schweiz zu tun. Diese Entwicklungen hätten es ermöglicht, Schweizer Aktien auf alternativen Handelsplattformen in Grossbritannien zu handeln. Auch jetzt rechnet Chan mit sehr begrenzten unmittelbaren Auswirkungen auf den Börsenhandel. Andere Beobachter schätzen die jüngsten Entscheide vor allem als symbolische politische Schritte ein.

Die SBVg teilte unterdessen mit, sie habe sich für den Erhalt der Schutzmassnahme eingesetzt, solange die EU die Schweizer Handelsplätze nicht wieder als gleichwertig anerkenne. «Gleichzeitig war sich die SBVg der Herausforderung bewusst, dass die Schutzmassnahme neue Doppelkotierungen von Schweizer Unternehmen an Börsen in der Schweiz und der EU erschwert hatte.» Dies hätte gegebenenfalls zu einer Verlagerung der Börsenkotierungen ins Ausland geführt, was weder im Interesse der Schweizer Börseninfrastruktur noch des Finanz- und Werkplatzes Schweiz gewesen wäre, hiess es weiter.

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