Die Rangliste im 1500-Meter-Lauf der Frauen musste Jahre später völlig neu geschrieben werden. Eine Medaillengewinnerin wartet noch heute auf ihr Edelmetall.

Ene mene muh . . . und raus bist du! Wie in einem Abzählreim flogen die Läuferinnen des 1500-Meter-Finals der Olympischen Spiele von 2012 aus den Ranglisten. Der «Guardian» hat die Geschichte dieser dunklen Stunde der Leichtathletik nachgezeichnet. Das Fazit ist niederschmetternd.

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Saubere, faire Entscheidungen hatten die Organisatoren versprochen und dafür viel Geld in die Dopingbekämpfung investiert. Ein riesiges Labor mit den modernsten Analysemethoden installiert, mehr als tausend Frauen und Männer arbeiteten ohne Unterlass. Das Ergebnis: acht positive Proben. Das sollte sich später als lachhaft erweisen.

Symbolisch dafür steht der 1500-Meter-Lauf der Frauen. Am Tag der Eröffnungsfeier wurde bekannt, dass eine der Favoritinnen, Mariem Alaoui Selsouli, aus dem Verkehr gezogen worden war. Sie war drei Wochen zuvor positiv auf Doping getestet worden. Erst zwölf Jahre später stand das gesamte Ausmass des Skandals fest: Insgesamt neun Läuferinnen wurden als Betrügerinnen entlarvt.

Eine, die im Olympiafinal stand, war die Britin Lisa Dobriskey, die als Zehnte über die Ziellinie rannte. Kurz nach dem Rennen sagte sie ins Mikrofon der BBC: «Ich glaube nicht, dass hier alle mit den gleichen Voraussetzungen gelaufen sind.» Die Amerikanerin Shannon Rowbury sagte später, es sei ihr vorgekommen, als hätten einige im entscheidenden Moment einfach einen Gang höherschalten können.

Dieser zusätzliche Gang heisst Doping: Zuerst erwischte es Cakir Alptekin, die vermeintliche Olympiasiegerin. 2013 wurde bekannt, dass ihr Blutpass auf Doping hinwies, 2015 wurde sie für acht Jahre gesperrt. Die Sanktion war so hart, weil man sie 2004 schon einmal erwischt hatte. Doch damit nicht genug: 2016 war eine Nachanalyse ihres Urins von den Londoner spielen positiv, Alptekin wurde dauerhaft aus dem Sport ausgeschlossen.

Olympiagold erbte Alptekins Landsfrau Gamze Bulut, allerdings nur vorübergehend. 2017 wurde auch sie aufgrund des Blutpasses überführt und rückwirkend wieder vom Podest gestossen. Absurde Blutprofile hatten zuvor schon die Weissrussin Natallja Karejwa und die Russin Jekaterina Kostezkaja entlarvt. Diese in London noch junge Methode führte in der Leichtathletik zum grossen Reinemachen. Doch bald lernten die Betrüger, wie man unter dem Radar bleibt.

Zu einem weiteren Schub von Verurteilungen führten die Nachanalysen gefrorener Dopingproben von London 2012. So erwischte es 2022 auch noch die Russin Tatjana Tomaschowa, die vorübergehend auf den Silberplatz vorgerückt war. In allen Sportarten wurden mit den Nachkontrollen insgesamt 31 Medaillengewinner als Betrüger entlarvt.

Maryam Yusuf Jamal, die für Bahrain startete, wurde 2021 Gold für den neun Jahre zuvor ausgetragenen 1500-Meter-Lauf überreicht. Als Zweite wird heute Abeba Aregawi geführt, gegen die 2016 ebenfalls ein Dopingverfahren lief. Shannon Rowbury wartet noch heute auf ihre Bronzemedaille.

Und Lisa Dobriskey, die schon nach dem Rennen den Mahnfinger gehoben hatte, macht heute Pilates. Sie sagt, sie habe seit 2012 keine einzige Minute Olympia am TV geschaut.

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