Montag, Oktober 28

Der Brite sichert sich im Grand Prix von Mexiko hinter Carlos Sainz jr. den zweiten Platz. Die Kritik an der aggressiven Fahrweise Verstappens wird immer lauter.

Die Machtverhältnisse in der Formel 1 mögen sich im Renngeschehen dramatisch geändert haben, mit Ferrari taucht plötzlich scheinbar aus dem Nichts ein neuer Wettbewerber um die beiden WM-Titel auf. Doch eines blieb im 20. Saisonrennen unverändert und wird sich auch in den ausstehenden vier Rennen nicht mehr ändern: Die Kompromisslosigkeit des Weltmeisters Max Verstappen.

Mit ausgefahrenen Ellbogen hatte er im Grand Prix der USA in Austin den dritten Platz gegen den härtesten Titelrivalen Lando Norris erobert. Das hatte den Niederländer darin bestärkt, sich im Grand Prix von Mexiko ähnlich resolut in das Rad-an-Rad-Duell mit dem Briten zu begeben. Nur ereignete dieses sich nun bereits in der 10. Runde – es endete schlecht für den Red-Bull-Fahrer. Verstappen bekam für zwei aufeinanderfolgende Manöver, in denen er Norris von der Piste gedrängt hatte, zusammen 20 Strafsekunden auferlegt. Sein sechster Platz mit einem ohnehin nicht wettbewerbsfähigen Auto war noch die bestmögliche Schadensbegrenzung.

Ferrari dominiert – Norris klassiert sich als Zweiter

Lando Norris fuhr in einem höchst unterhaltsamen Grand Prix auf den zweiten Platz und schob sich damit zwischen die zwei überlegenen Ferrari. Der Spanier Carlos Sainz triumphierte nach der ersten Pole-Position des Jahres; der in der Gesamtwertung aussichtsreichere Teamkollege Charles Leclerc vermochte am Ende nicht mehr zu folgen.

In der Fahrer-Wertung behält Verstappen bei maximal 120 noch zu gewinnenden Punkten immer noch 47 Zähler Vorsprung vor Norris im McLaren, Leclerc liegt weitere 24 Punkte zurück. Der Wettkampf spitzt sich zu, aber die Verfolger Verstappens schlugen bisher nur in der Konstrukteurswertung tatsächlich Kapital daraus. Ferrari hat nun Red Bull überholt und liegt nur noch 29 Punkte hinter McLaren.

Die Diskussionen um die Härte, mit der sich der Champion in die Zweikämpfe auf der Strecke stürzt, reissen allerdings nicht ab. Unmittelbar vor dem Rennwochenende in Mexiko war ein McLaren-Protest gegen die Bewertung von Verstappens Manöver im Grand Prix der USA abgeschmettert worden. Der Automobilweltverband (FIA) aber hat angekündigt, in Zusammenarbeit mit der Fahrergewerkschaft für die Zukunft neue Zweikampf-Regeln festzulegen.

Die geschickte verbale Kampagne von McLaren-Boss Zak Brown schien aber Wirkung zu zeigen auf die in Mexiko wirkenden Rennkommissäre, zu denen auch der ehemalige britische Formel-1-Fahrer Johnny Herbert zählte. Die Konsequenz der Funktionäre soll allen mehr Sicherheit bei Überholvorgängen geben. Nur wird das Exempel nun wohl für noch mehr Diskussionen sorgen.

Derweil Norris in den USA als Beschuldigter nur fünf Sekunden Zeitstrafe erhalten hatte, musste Verstappen in Mexiko nun zweimal zehn Sekunden beim Boxenstopp absitzen. Zusätzlich erhielt er zwei Strafpunkte. Einmal, weil er Norris im Kampf um Platz zwei abdrängte, und direkt danach, weil er sich unerlaubt einen Vorteil verschafft hatte.

Der Brite hatte über Boxenfunk geschimpft: «Es ist wieder das Gleiche. Dieser Typ ist gefährlich!» Auch sein Vorgesetzter Brown verschärfte den Ton erneut. Die Strafe sei wohl immer noch nicht hart genug: «Irgendwo gibt es eine Grenze. Wir wollen sauberen Rennsport.» Zugleich scheint das Duell immer schmutziger zu werden, viele ziehen bereits den Vergleich zum Duell zwischen Hamilton und Verstappen in der von vielen dramatischen und skandalösen Ereignissen begleiteten Saison 2021.

Der US-Amerikaner weiss, dass sein Fahrer wesentlich mehr zu verlieren hat. Norris bestätigte in seiner Rennanalyse, dass er deshalb am Start so zurückhaltend geblieben sei, als sich Verstappen an Sainz vorbeischieben konnte: «Ich habe gemacht, was mir gesagt wurde.» Damit meint er die Strategie von McLaren und zugleich die Richtlinien der FIA. Wegen der Zurückhaltung habe er allerdings auch eine Chance auf den Sieg verpasst.

Norris sagt, Verstappen habe bekommen, was er verdiene

Das Titelrennen dürfte tatsächlich über das Mass an Aggressivität entschieden werden. Über seinen Freund mag der 24-jährige Norris nicht öffentlich herziehen. Die Situationen seien selbsterklärend, und jeder wisse, dass es im Zweikampf mit Verstappen immer an die Grenze gehe. Diesmal habe der Konkurrent allerdings bekommen, was er verdiene. Hoffentlich merke er sich das.

Während der immer noch leicht verunsichert wirkende Norris sich aus den Ereignissen von Mexiko den dringend benötigten mentalen Schub holen möchte, versucht Verstappen Motivation aus seiner unterdrückten Wut zu gewinnen. Demoralisiert ist der Fahrer, der als grosser Übeltäter der Formel 1 gebrandmarkt werden soll, allerdings mehr von den neuerlichen Formschwankungen seines Red-Bull-Rennwagens. Denn mit der Rolle als Angefeindeter hat er während seiner zehn Jahren in der Königsklasse genügend Erfahrung gesammelt.

Nur die 20 Sekunden Zeitstrafe fand er ein bisschen viel, «doch ich gebe nicht so einfach auf. Am Ende geht es auch nicht darum, ob man mit der Strafe einverstanden ist oder nicht.» Dechiffriert bedeutet das: Verstappen zeigte keinerlei Reue. Und so wird auch keine Ruhe in den Formel-1-Betrieb einkehren.

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