Der Urnengang vom 9. Februar in der Stadt Zürich in der Übersicht.
Worum geht es?
Das Zürcher Stadtparlament möchte seine Entschädigung kräftig aufstocken. Seit der letzten Anpassung im Jahr 1998 sei der Aufwand deutlich gestiegen, findet eine Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Auch ein Teuerungsausgleich sei überfällig. Zudem sollen die Gemeinderäte in die Pensionskasse der Stadt Zürich eingebunden werden.
Um wie viel soll das Parlamentsgehalt angehoben werden?
Der durchschnittliche Lohn für die Parlamentarier steigt mit der Revision von 16 000 auf 28 000 Franken pro Jahr. Dies ist die Zahl, die im Abstimmungsbüchlein steht. Er dürfte in Wahrheit höher sein. Die Arbeitgeberbeiträge, die neu hinzukommen, fehlen darin beispielsweise. Insgesamt dürfte der heutige Lohn verdoppelt werden.
Heute setzt sich die Entschädigung aus zwei Teilen zusammen: einer pauschalen Grundentschädigung einerseits, dem Sitzungsgeld andererseits. Das Sitzungsgeld ist der bedeutend grössere Posten und wird nur bei Anwesenheit ausbezahlt.
Am Modell von heute würde zwar festgehalten. Aber die Grundentschädigung würde vervierfacht – von 3000 auf 12 000 Franken jährlich. Die Gemeinderäte sollen somit monatlich 1000 Franken erhalten, damit sie ihr Milizamt besser mit Beruf und Familie vereinbaren können.
Hinzu kommt die Entschädigung pro Sitzung. Diese wird angehoben, von heute rund 50 auf rund 70 Franken pro Stunde, wobei neu nach Minuten abgerechnet wird.
Ist der Arbeitsaufwand heute tatsächlich höher als vor 25 Jahren?
Die Komplexität der Geschäfte dürfte allgemein zugenommen haben. Das Budget der Stadt Zürich liegt heute bei über 11 Milliarden Franken, 1998 waren es noch rund 4,5 Milliarden Franken. Die Verwaltung ist in dieser Zeit ebenfalls deutlich gewachsen.
Andererseits war die Stadtzürcher Politik auch in der Vergangenheit mit grossen Herausforderungen konfrontiert, wie dem Umgang mit der offenen Drogenszene, der Verkehrsplanung oder jahrelangen Defiziten. Und ein Teil des heutigen Mehraufwands ist selbstverschuldet. Im Stadtparlament ist die Tendenz festzustellen, die Dinge ausufern zu lassen. Dies gilt bei Wortmeldungen im Rat, aber auch bei Vorstössen, deren Notwendigkeit infrage gestellt werden kann.
Wieso haben die befürwortenden Parteien das Referendum gegen ihre eigene Vorlage ergriffen?
Das Geschäft kommt an die Urne, weil die Befürworter, also SP, Grüne, GLP, Mitte/EVP und AL, gemeinsam das Parlamentsreferendum ergriffen haben – gegen ihren eigenen Entscheid. Die Begründung der Befürworter lautet, dass der Gemeinderat nicht abschliessend über höhere Entschädigungen für sich selbst entscheiden solle, sondern das Volk.
Allerdings geschah dies kaum völlig aus freien Stücken. Die SVP hatte zuvor ein Volksreferendum angekündigt. Darauf habe die Mitte-links-Allianz «kalte Füsse» bekommen, so die SVP, und die Erhöhung von sich aus vors Volk gebracht.
Wie hoch ist das Parlamentsgehalt in vergleichbaren Städten?
Das heutige Zürcher Parlamentsgehalt lässt sich mit den Beträgen vergleichen, die in Basel oder Bern ausgerichtet werden. In Bern sind es 46 Franken pro Sitzungsstunde, in Basel 67 Franken, in Zürich 52 Franken. Mit der Erhöhung würde Zürich künftig mit über 72 Franken obenaus schwingen. Klar überdurchschnittlich, nämlich mit 120 Franken pro Stunde, würden Kommissionssitzungen entlöhnt. In Basel wurde das Sitzungsgeld letztmals 2011 angepasst, in Bern 2019.
Eine Grundentschädigung gibt es auch in Basel. Dort erhält ein Stadtparlamentarier 6000 Franken, doppelt so viel wie gegenwärtig in Zürich. Nach der Revision allerdings wäre es umgekehrt: Dann würde man in Zürich das Doppelte verdienen wie am Rheinknie, nämlich 12 000 Franken. In Bern gibt es keine Grundentschädigung.
Was sagen die Befürworter?
Aus Sicht der Mitte-links-Allianz ist die Anpassung überfällig. Die Arbeit im Gemeinderat sei zwingend mit einer Reduktion des Arbeitspensums verbunden, und diesen Lohnausfall gelte es zu kompensieren. Das Gemeinderatsmandat entspreche einem 30-Prozent-Pensum. Derzeit sei dies nicht der Fall, weshalb es zu vielen Rücktritten aus dem Rat komme. Die Lohnerhöhung stärke das Milizsystem und mache es auch Leuten aus einkommensschwachen Berufen möglich, mitzuwirken.
Zudem habe auch der Kantonsrat die Entschädigungen kürzlich angepasst. Der Aufwand im Gemeinderat sei vergleichbar, die Entschädigung aber noch immer tiefer als im Kanton. Die neue Entschädigung wäre zudem tiefer als der Zürcher Medianlohn von rund 8100 Franken.
Was sagen die Gegner?
SVP und FDP finden, dass politische Tätigkeit vor allem aus freiwilliger Motivation erfolgen solle und nicht in erster Linie wegen finanzieller Anreize. Die SVP spricht von einem schamlosen Griff in die Stadtkasse.
Die FDP hatte eine Erhöhung von rund 20 Prozent vorgeschlagen, um die Teuerung und die entstandene Mehrarbeit auszugleichen. Dass der Gemeinderatslohn nun aber fast verdoppelt werden solle, sei völlig unangemessen. Auch die Umstellung auf eine Entschädigung pro Minute widerspreche dem Grundgedanken des Milizparlaments. Weiter kritisiert die FDP, dass Betreuungskosten und krankheitsbedingte Absenzen in der Grundentschädigung pauschal abgegolten werden. Sie befürworte eine solche Entschädigung zwar, aber individuell und nicht mit der Giesskanne.
Die Position der NZZ
Die NZZ lehnt die geplante Erhöhung der Entschädigungen dezidiert ab. Politik ist in der Schweiz kein Beruf und soll es auch nicht sein. Mit der Revision schwänge Zürich im Vergleich mit anderen Städten deutlich obenaus. Eine Anpassung an die Teuerung wäre fraglos angemessen, auch eine leichte Erhöhung der Bezüge aufgrund des gestiegenen Bedarfs wäre legitim. Aber indem die Gemeinderäte ihr Gehalt verdoppeln, verlieren sie jedes Mass. Lehnen die Stimmberechtigten die Revision ab, kann das Stadtparlament in Ruhe eine vernünftigere Variante ausarbeiten.