Der US-Hedgefondsmanager hat auf einer viel beachteten New Yorker Investorenkonferenz den MDax-Titel empfohlen. In seiner Präsentation argumentiert der Gründer von Greenlight Capital, warum eine Kursvervielfachung bis 2028 angemessen wäre.

An der Wallstreet ist er für den «Einhorn-Effekt» bekannt. So nennen Börsianer es, wenn David Einhorn öffentlich macht, dass er gegen Aktien wettet und diese daraufhin einbrechen. Das hat ihm vor mehr als zwei Jahrzehnten zwar zu Bekanntheit verholfen, Einhorn seinerzeit aber auch jede Menge Ärger eingebracht.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

Themarket.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Der Hedgefondsmanager und Gründer von Greenlight Capital hatte 2002 auf der Sohn Investment Conference zu seinem Leerverkauf des Private-Equity-Unternehmens Allied Capital und den Gründen dafür referiert. Marktmanipulation wurde ihm daraufhin vorgeworfen, Untersuchungen folgten. Daraus hat der heute 56 Jahre alte Value-Investor offensichtlich gelernt: Er präsentiert mittlerweile Unternehmen, bei denen er von steigenden Kursen ausgeht. In den vergangenen zwei Jahren waren dies erst der deutsche Autozulieferer Vitesco und dann der belgische Chemiekonzern Solvay. In diesem Jahr ist Lanxess sein Favorit.

Während die meisten Besucher der legendären Konferenz (Ticket: mindestens 2000 $, als Spende für einen guten Zweck) vom deutschen Spezialchemieunternehmen aus Köln sehr wahrscheinlich noch nie etwas gehört hatten, ist es für Einhorn eine alte Liebe – und eine On-Off-Beziehung. Er habe Lanxess-Chef Matthias Zachert erstmals 2004 getroffen, da war dieser noch Finanzvorstand und Lanxess gerade von Bayer abgespalten worden. Als er seine Lanxess-Anteile 2010 bei Kursen um 40 € verkaufte, «war es unsere zweitprofitabelste Investition überhaupt», so Einhorn. Das erklärt die Liebe.

15 Jahre später liegt der Aktienkurs mit rund 27 € etwa ein Drittel unter dem Wert, zu dem Einhorn damals Kasse machte. Offenbar ist nun die Zeit gekommen, die alte Liebe wieder aufflammen zu lassen. Einhorn ist selbstredend eingestiegen, bevor er die Werbetrommel für den Investment Case in New York rührte.

Das MDax-Unternehmen hat sich neu erfunden

Doch die Lanxess von damals ist nicht die heutige Lanxess. Und genau darin sieht der Top-Investor die grosse Stärke. «Das Management hat hervorragende strategische Entscheidungen getroffen», urteilt Einhorn in seinen Präsentationsunterlagen für die Sohn Investment Conference, die The Market vorliegen. Lanxess habe sich erfolgreich von stark zyklischen Rohstoffgeschäften getrennt und diese durch «stabilere und qualitativ hochwertigere Spezialchemikalien in attraktiven globalen Nischen» ersetzt. Zuletzt verkaufte das Kölner Unternehmen Urethane Systems an die japanische UBE. Der im vergangenen Jahr eingefädelte Deal ist seit April 2025 abgeschlossen und Lanxess damit nun komplett aus dem Polymergeschäft ausgestiegen.

Einhorn sieht eine günstige Bewertung, gemessen am Gewinn auf der Stufe Ebitda, im Vergleich zu den erzielten Verkaufspreisen: «Ich finde es interessant, dass der Markt Lanxess gerne mit dem 5- bis 6-fachen Ebitda bewertet, obwohl das Unternehmen seine schlechten Geschäftsbereiche zu weitaus höheren Bewertungen verkauft hat.»

Auf der anderen Seite tätigte Lanxess vier Käufe: das Desinfektions- und Hygienegeschäft von Chemours (2016), Chemtura (2017), Emerald Kalama Chemical (2021) und das Microbial-Control-Geschäft von International Flavors & Fragrances (2022). Dadurch zeichnen sich die Kölner in Einhorns Augen nun durch ein «starkes Portfolio mit reduzierter Komplexität und geringerer Kapitalintensität» aus.

Die Qualität habe sich verbessert, während der Wert noch nicht gehoben sei. Denn die Aktien dümpeln seit Jahren vor sich hin. Coronapandemie, Energiekrise, Ukrainekrieg, Destocking – die Gründe dafür sind vielfältig und häufig externen Faktoren geschuldet. «Pech» nennt es Einhorn. Die Lanxess-Aktien werden seit Jahren weit unter Buchwert gehandelt. Und das könnte auch erst einmal so bleiben.

Fondsmanager Markus Herrmann von Loys, der Lanxess bei The Market bereits im August vergangenen Jahres zu seinen Favoriten zählte, bringt es auf den Punkt: «Bei Lanxess muss man Geduld haben», sagt er. «Bis die Weltkonjunktur wieder anzieht, wird der Kurs keine grossen Sprünge machen.» Derzeit kämpft die Branche noch mit einer geringen Kapazitätsauslastung von etwa 67%. Normal sind im Schnitt eher 80%. Für eine Erholung sorgen könnten das Infrastrukturpaket der Bundesregierung, ein Ende des Ukrainekonflikts und eine Normalisierung der Nachfrage, sobald sich die lange Zeit gut gefüllten Lager der Kunden wieder geleert haben. Auf eine Nachfrageerholung setzt auch Einhorn.

Die Kölner könnten ein Profiteur von US-Zöllen sein

Lanxess ist in allen drei Geschäftsbereichen (Consumer Protection, Specialty Additives und Advanced Intermediates) unter den Top 3 weltweit und bringt ein ausgewogenes Portfolio mit. Mittlerweile erzielt das MDax-Unternehmen 28% seines Umsatzes in den USA. Das entspricht annähernd einer Verdopplung in acht Jahren. Vor acht Jahren stammten auch noch rund 40% des Umsatzes aus Geschäften mit der Autoindustrie. Heute seien es lediglich 10%, analysiert der Investor.

Von möglichen US-Zöllen könnte Lanxess sogar profitieren, glaubt der Hedgefondsmanager: Denn Lanxess hat rund 30% seiner Kapazitäten in den USA aufgebaut und könnte seine Stellung dort gegen andere Wettbewerber ausspielen, die Einfuhrzöllen unterliegen, und gegenüber den Kunden, die vor Ort keine Alternative haben.

Ein weiteres Argument, dass für Lanxess spricht: Mit dem Ende des erfolgreichen Umbaus dürften die Investitionsaufwendungen zurückgehen auf schätzungsweise 300 Mio. bis 500 Mio. € pro Jahr. Das Verhältnis von Nettoschulden zum Ebitda soll mittelfristig auf unter 2 fallen, so die Zielsetzung von Lanxess. 2023 lag der Verschuldungsgrad noch bei 4,9.

Zur weiteren Entschuldung kann Lanxess den verbleibenden Anteil am Gemeinschaftsunternehmen Envalior von 40,94% nutzen. Grund dafür ist eine Put-Option, die es den Kölnern erlaubt, den Anteil ab 2026 zu verkaufen. «Dies ist eine sehr wertvolle Option», so Einhorn. Er schätzt den Wert der Beteiligung auf 860 Mio. € (9.96 € je Aktie), was mehr als einem Drittel der derzeitigen Marktkapitalisierung von Lanxess entspricht. Manch ein Analyst setze für die Beteiligung dagegen einen Wert von null an.

Der Hedgefondsmanager geht davon aus, dass die Nachfrage anziehen wird und dass die Kapazitäten besser ausgelastet werden. Das Ebitda von Lanxess könne dadurch bis 2028 auf 902 Mio. € steigen. Für dieses Jahr erwartet er 623 Mio. €, während Lanxess 600 Mio. bis 650 Mio. € prognostiziert und im vergangenen Jahr 614 Mio. € ausgewiesen hat.

Aktien sollen um 20% pro Jahr steigen

Dann rechnet Einhorn vor: Beim 6-fachen des Ebitda von 902 Mio. € sollte der Aktienkurs 2028 bei 52.79 € stehen, wenn Lanxess fair bewertet wird. Sollte der Markt den MDax-Titel nun allerdings als Spezialchemiekonzern mit hochwertigen Produkten wahrnehmen, sei auch ein Bewertungsvielfaches von 7 oder 8 wie bei AkzoNobel und Croda drin. Das würde wiederum ein Kursziel von 63.24 € beziehungsweise 73.68 € nach sich ziehen.

Schliesslich schwärmt Einhorn weiter von seiner alten, neuen Liebe. Diese könnte von 2026 bis 2028 eigene Aktien zurückkaufen – und zwar nicht weniger als 41% aller Papiere. Dabei unterstellt er dann noch eine jährliche Kurssteigerung von 20%. Und fügt hinzu: «Wenn der Aktienkurs schneller steigen würde, hätte der Aktienrückkauf einen geringeren Einfluss. Damit könnten wir leben.»

Also rechnet er erneut vor: Durch den Aktienrückkauf könnte der Kurs 2028 bis 61.71 €, 79.28 € oder gar 96.86 € steigen. Beim 7-fachen des Ebitda würde der Rückkauf etwa 16 € dazu beitragen.

Sollte Lanxess die von Einhorn als angemessen genannten Kursziele erreichen, würde sich der Kurs vom aktuellen Niveau unterhalb von 27 € bis 2028 mehr als verdoppeln oder sogar mehr als verdreifachen. «A guy can dream…», sagt Einhorn. «Wir glauben, dass Lanxess auf Erfolgskurs ist und den Markt überraschen wird.»

Es muss kein Wunschtraum bleiben. Mit seinem deutschen Investment Vitesco lag Einhorn vor zwei Jahren immerhin goldrichtig. Er stieg im Mai 2023 bei der Abspaltung von Continental ein. Begründung: Vitesco sei «der am niedrigsten bewertete Autozulieferer auf der Welt». Dumm nur für Einhorn: Das merkte dann leider aber auch Vitesco-Grossaktionär Schaeffler und machte im Oktober 2023 ein unfaires Delisting-Angebot, womit die freien Aktionäre von Vitesco inklusive Einhorn herausgedrängt wurden.

Bei Solvay, seiner letztjährigen Investmentidee, lief es bislang eher durchwachsen. Aber es scheint, als hätte er generell eine Vorliebe für unterbewertete, europäische Aktien. Wo die Liebe hinfällt.

Dieser Beitrag ist unter Mitarbeit von Angela Maier entstanden.

Exit mobile version