Sonntag, Oktober 6

Die hohen Boni in den Chefetagen der Kantonalbanken verärgern immer mehr bürgerliche Politiker. Lohndeckel und andere Begrenzungen werden zum Normalfall.

Die Kantonalbanken sind ein Goldesel für die Finanzdirektoren. Jahr für Jahr erwirtschaften sie Rekordgewinne und alimentieren damit die Staatskassen. Angesichts des scheinbar nie versiegenden Geldflusses dürften die Chefs eigentlich Dankbarkeit von der Politik erwarten. Doch das Gegenteil ist der Fall. In immer mehr Kantonen wird der Ruf laut, die Managerlöhne der jeweiligen Staatsbank zu deckeln.

Das vorläufig letzte Beispiel ist der Kanton Uri. Dort fordert die Mitte-Partei in einem Vorstoss, dass der Bruttolohn eines Mitglieds der Geschäftsleitung der Urner Kantonalbank maximal das Doppelte des Bruttolohns eines Regierungsrates betragen darf. Gegenwärtig wären dies rund 350 000 Franken. «Das wäre ein Signal an die Bevölkerung, dass eine im Eigentum des Kantons stehende Gesellschaft massvolle und faire Löhne bezahlt», erklärte der Motionär Andreas Gisler am Mittwoch im Kantonsparlament.

«Eine Million ist zu viel»

Die Chancen stehen gut, dass die Urner Kantonalbank ihre Spitzenlöhne tatsächlich kürzen muss. Der Vorstoss wird im klar bürgerlich dominierten Parlament von einer breiten Allianz getragen. Ihr gehören Parlamentarier der Mitte, der FDP, der SVP und der SP an. Dass eine solche Allianz tatsächlich ihre Muskeln spielen lassen kann, hat sich im vergangenen Mai im Kanton Luzern gezeigt.

Sehr deutlich mit 101 zu 7 Stimmen überwies der Kantonsrat dort ein Postulat der Mitte-Partei. Die Regierung muss nun die Eignerstrategie für die Luzerner Kantonalbank (LUKB) überarbeiten. Künftig darf der Lohn des LUKB-CEO maximal das Dreifache eines Regierungsratssalärs betragen. Der heutige Bankchef Daniel Salzmann verdient mit rund einer Million Franken deutlich mehr als die künftig möglichen 880 000 Franken.

Der Mitte-Kantonsrat Michael Kurmann begründete seinen Vorstoss damit, dass Salzmann fast gleich viel kassiere wie Thomas Jordan, der Direktionspräsident der Nationalbank, und mehr als Hansruedi Köng, der CEO der Postfinance. Jordan verdiente 2023 knapp mehr als eine Million, Köng rund 830 000 Franken. Der Kanton Luzern setzt den Hebel nicht nur bei der Geschäftsleitung an, sondern hat auch eine Obergrenze für die Honorare der Verwaltungsratspräsidenten eingeführt.

Luzern ist mit diesem Vorgehen kein Pionier, sondern profitiert von der Vorarbeit in anderen Kantonen. Glarus und Aargau haben bereits in den Jahren 2013 und 2014 Lohndeckel für die Geschäftsleitungen ihrer Kantonalbanken eingeführt. Die damals geäusserte Befürchtung, die beiden Kantonalbanken würden keine Top-Kräfte mehr rekrutieren können, haben sich bisher offenbar nicht bestätigt.

Auch in den Kantonen Zürich, Basel-Landschaft und Schwyz stehen die Managerlöhne bei den Staatsbanken unter Druck. Zwar haben die Parlamente in diesen drei Kantonen eine starre Lohndeckelung abgelehnt. Der Unmut aus praktisch allen politischen Lagern war aber auch hier zu spüren. Insbesondere bei der SVP ist der Ärger über die «Masslosigkeit der Boni» und «die Grossbanken-Mentalität» bei den Kantonalbanken beträchtlich.

Die Bezüger von Spitzenlöhnen kamen aber nicht ungeschoren weg. Im Zürcher Kantonsrat stellte die Volkspartei dem Bankrat im April 2023 eine Art Ultimatum: Wolle das Aufsichtsgremium verhindern, dass die gesamte SVP bei der nächsten Gelegenheit für eine Deckelung stimme, müsse es innert Jahresfrist das Entschädigungsreglement für die ZKB-Geschäftsleitung überarbeiten.

Der Druck der Politik hat bereits Wirkung gezeigt. Ab 2024 erhalten die Angestellten mehr fixe Löhne statt Boni. Zudem wird der Anteil der variablen Vergütung, der aufgeschoben ausbezahlt wird, für Mitglieder der Geschäftsleitung und Schlüsselpersonen verdoppelt.

Blochers Wut auf die Banker

Während also bei den Staatsbanken substanzielle Lohnkürzungen für die Top-Banker möglich sind, hat sich dieses Unterfangen bei den grössern Banken bisher als nicht durchführbar erwiesen. Vorstösse in diese Richtung gab es durchaus. Im März 2009 sprach sich der Nationalrat mit den Stimmen von SVP, SP und Grünen für eine Lohnbegrenzung und einen Einsitz des Bundes im Verwaltungsrat der UBS aus. Dies, nachdem die grösste Schweizer Bank in der Finanzkrise mit Staatsgeldern hatte gerettet werden müssen.

Massgeblich beteiligt an diesem Entscheid war damals alt Bundesrat Christoph Blocher. Weil die beiden Grossbanken UBS und CS von einer faktischen Staatsgarantie profitierten, dürften die Vergütungen nicht höher sein als bei der grössten Kantonalbank, forderte der einflussreiche SVP-Nationalrat. Blocher drohte sogar mit einer Volksinitiative, welche die UBS aufspalten und die Löhne deckeln würde. Der Ständerat verzögerte die Abstimmung über den Lohndeckel, und die Idee versandete überraschend schnell.

Im März dieses Jahres flammte die Diskussion erneut auf. Auslöser war ein Artikel in der «Bild». Die deutsche Zeitung machte publik, dass der UBS-Chef Sergio Ermotti in den neun Monaten vom 1. April bis zum 31. Dezember 14,4 Millionen Franken verdient hatte. Die Summe setzt sich aus einem Fixgehalt von 2,1 Millionen und einer variablen Vergütung von 12,3 Millionen Franken zusammen.

Der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth forderte in den Zeitungen von CH Media einen Lohndeckel für «Monsterbanken». Seine Begründung klang ganz ähnlich wie jene von Christoph Blocher 15 Jahre zuvor: «Sergio Ermottis Lohn ist jenseits von Gut und Böse, wenn man bedenkt, dass die UBS faktisch über eine Staatsgarantie verfügt.» Der FDP-Präsident Thierry Burkart schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X: «Die anmassenden Boni-Exzesse einiger Top-Manager zerstören das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaft als Ganzes.»

Man darf gespannt sein, wie lange die Empörung dieses Mal anhält und ob die UBS-Spitze vom nationalen Parlament tatsächlich einen Lohndeckel verpasst bekommt. Die Urner Kantonalbank sucht gegenwärtig per Inserat einen CEO. Angaben über den Lohn enthält die Anzeige nicht.

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