Sonntag, Oktober 6

Das derzeit meistverkaufte Modell des Herstellers steht in der nächsten Generation bereit – ausschliesslich mit Elektroantrieb. Doch wie wird der Markt auf diesen mutigen Schritt reagieren?

Er gilt für Porsche als Glücksfall. Der Macan sorgte als kompaktes SUV bei den Kunden weltweit schon bei der Lancierung vor zehn Jahren für einen durchschlagenden Erfolg und schaffte es auf Anhieb an die Spitze der Verkäufe beim Stuttgarter Sportwagenhersteller. Seither wurden mehr als 850 000 Exemplare des Porsche Macan gebaut.

«Kein Modell hat uns mehr Neukunden eingebracht als der Macan», verkündet Ben Weinberger von der Porsche-Produktkommunikation. «Unsere Klientel wurde durch das Modell im Schnitt jünger und weiblicher.»

Umso schwerer tut sich der Autobauer dabei, den erfolgreichen Wagen in die nächste Generation zu führen, in der das Modell in jeder Hinsicht besser ist als seine Vorgänger. Doch bei Porsche zeigte man sich vor vier Jahren mutig und entschied, den nächsten Macan nur noch mit Elektromotor und Antriebsbatterie anzubieten.

Ab Ende September ist der neue Macan für die Kunden bereit – eine Variante mit Hybrid- oder Benzinantrieb gibt es bei ihm nicht. Doch nicht alle bestehenden Kunden sind zu einem Wechsel zum Elektroauto bereit. Für sie und für Neukunden, die E-skeptisch sind, wird das Vorgängermodell mit Verbrennungsmotor weitergebaut – wenigstens für die wichtigen Überseemärkte. In der EU aber ist das Benzinermodell nicht mehr zugelassen, da es nicht den neusten gesetzlichen Standards für Cybersicherheit entspricht.

Interessenten am neuen Elektro-Macan erhalten einen Wagen zur Wahl, der sich äusserlich nur wenig vom Vorgänger unterscheidet. Insbesondere die Front ist neu gestaltet und verfügt nun über zweigeteilte Scheinwerfer.

Der Macan ist in den Abmessungen nur geringfügig gewachsen, verfügt aber über einen deutlich längeren Radstand als bisher. Er beträgt nun 2,89 Meter, knapp 9 Zentimeter mehr als beim Vorgänger. Dies wirkt sich positiv auf die Raumausnutzung im Innern aus. Der Kofferraum hinter den Rücksitzen bietet 540 Liter Stauvolumen, hinzu kommt ein zweiter Laderaum unter der Fronthaube mit 84 Litern, der sich mit einer simplen Handbewegung öffnen lässt. Damit ergeben sich 127 Liter mehr als beim Vorgänger.

Auf den Vordersitzen hat sich die Sitzhöhe um bis zu 28 Millimeter verringert, hinten sind es bis zu 15 Millimeter. Dadurch entsteht mehr Kopffreiheit, obwohl das Heck des neuen Macan zur Verbesserung der Aerodynamik sehr flach abfällt. Der längere Radstand ergibt für die Rücksitzpassagiere zudem etwas mehr Beinfreiheit.

Die Bordelektronik ist deutlich modernisiert

Das Cockpit zeigt sich wie bei anderen neueren Porsche-Modellen mit bis zu drei Bildschirmen. Für den Fahrer steht ein 12,6 Zoll grosses Display gut ablesbar bereit, hinzu kommt ein Zentral-Touchscreen in 10,9 Zoll Grösse. Optional erhält der Beifahrer ein eigenes Display für Infotainment und Video-Inhalte. Als zusätzliche vierte Anzeige funktioniert das optionale Head-up-Display mit Augmented-Reality-Elementen.

Die jüngste Infotainment-Generation bei Porsche nutzt Android Automotive als Betriebssystem, wie es schon bei Volvo und Polestar zum Einsatz kommt. Entsprechend lassen sich nicht nur die Google-Navigation und andere Dienste der Alphabet-Tochter nutzen, sondern es gibt Zugriff auf die Apps im Google-Play-Store. Die Smartphone-Anbindung lässt aber auch Apple Carplay zu.

Der elektrische Allradantrieb ist durch je einen E-Motor an Vorder- und Hinterachse gewährleistet, ausser beim heckgetriebenen Einstiegsmodell. Es ergeben sich vier Leistungsstufen zwischen 340 und 639 PS, je nachdem, welche der vier Modellvarianten gewählt wird.

Allen Varianten gemeinsam ist eine Antriebsbatterie mit 100 Kilowattstunden Kapazität, wovon 95 kWh nutzbar sind. Die Akku-Reichweite variiert je nach Modell zwischen 512 und 613 Kilometern nach dem Messstandard WLTP. Dank der 800-Volt-Bordarchitektur und einer maximalen Ladeleistung von 270 Kilowatt ist ein besonders schnelles Laden der Batterie möglich: In gut 20 Minuten lässt sich der Akku von 10 auf 80 Prozent aufladen – ein guter Wert.

Der Antrieb zeigt sich wesentlich sportlicher als bisher

Im Hinblick auf ein SUV-Fahrgefühl wie in einem Sportwagen verfügt der neue Macan über Elemente wie eine Allradlenkung und ein Fahrwerk mit Zwei-Ventil-Stossdämpfern. Die Hinterräder lenken bei geringer Geschwindigkeit in die den Vorderrädern entgegengesetzte Richtung, was die Wendigkeit beim Parkieren und Manövrieren deutlich erhöht. Bei höheren Geschwindigkeiten lenken die hinteren Räder in die gleiche Richtung wie die vorderen, was eine höhere Spurtreue in Kurven ergibt.

Zusätzlich profitiert der Wagen bei der Fahrdynamik dank tief im Unterboden eingebauter Batterie und tieferer Sitzposition von einem um 140 Millimeter tieferen Schwerpunkt als bisher. Dies zeigt sich auf den Testfahrten in Südfrankreich, wo insbesondere die präzise und direkte Lenkung auffällt. Der Macan tritt – wie bei Elektroautos typisch – mit enormem Drehmoment aus dem Stand zügig an. Die Karosserie bleibt beim Beschleunigen und Bremsen wie auch in Kurven und raschen Lastwechseln stabil und zeigt kaum Wankbewegungen.

Hilfreich bei der stets verfügbaren Traktion ohne durchdrehende Räder ist beim Topmodell Macan Turbo zusätzlich ein elektronisches Sperrdifferenzial an der Hinterachse, das die Momente radunabhängig verteilt. Der Wagen wirkt trotz seinen gut 600 PS stets fahrstabil, sei es bei voller Beschleunigung geradeaus oder flotter Kurvenfahrt.

Dass Porsche beim stärksten Modell an der Bezeichnung Turbo festhält, mag paradox tönen – schliesslich gibt es in Elektroautos keine Turbolader. Doch der Hersteller identifiziert sich mit dem markengeschützten Begriff auch bei den Batterie-Fahrzeugen. Schon die E-Limousine Taycan gibt es als Turbo. Etwas eigensinnig zwar, aber zumindest teilweise nachvollziehbar.

Die Preise für den Porsche Macan beginnen bei 91 900 Franken fürs Einstiegsmodell Macan Electric mit 340 PS. Das Topmodell Macan Turbo Electric ist ab 131 200 Franken erhältlich. Die Schweizer Markteinführung ist für den 21. September geplant.

Die Testfahrten wurden durch Porsche unterstützt.

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