Sonntag, November 17

Im Hinblick auf die WM-Qualifikation wird Yakin einige Fragen beantworten müssen: Welcher Stürmer ist auf welcher Position am stärksten? Wer passt zu wem? Und welches System ist das beste?

Breel Embolo am Freitagabend im Letzigrund zuzuschauen, war schmerzhaft. Der Schweizer Stürmer irritierte beim 1:1 gegen Serbien mit seinen Laufwegen und seinem Spielverständnis, manchmal erinnerte er an einen Flipperkasten, wenn Ballannahmen komplett missrieten. Embolo war ein Goalgetter von harmloser Gestalt, 15 Tore hat er in 72 Länderspielen erzielt. Es ist eine triste Bilanz.

Dabei sollte Embolo eine Stütze des Gerüsts der Schweizer Startelf sein, zusammen mit dem Goalie Gregor Kobel, dem Abwehrchef Manuel Akanji und dem Captain Granit Xhaka. Im Grunde genommen wartet man seit zehn Jahren darauf, dass Embolo sein Potenzial ausschöpft, seine Wucht konsequent einsetzt, den Sprung zum international anerkannten Angreifer vollzieht.

Verletzungen und Skandale prägten seine Karriere, aber jetzt wäre er mit 27 Jahren im besten Fussballer-Alter, um endlich den nächsten Schritt zu gehen. Sein Klubtrainer Adi Hütter bei Monaco schätzt den kräftigen Stürmer, obwohl Embolo in 13 Pflichtspielen in dieser Saison nur zweimal getroffen hat – aber er schafft Räume, läuft viel, stellt sich in den Dienst des Teams.

In der enttäuschenden Schweizer Nations-League-Kampagne in diesem Herbst mit zwei Punkten aus fünf Partien und dem erstmaligen Abstieg trat Embolo schwach und zögerlich auf, er war eine Symbolfigur für das ungenügende Nationalteam. Am Montagabend, im bedeutungslosen letzten Spiel auf Teneriffa gegen den Europameister Spanien, fehlt Embolo gesperrt.

Embolo: Ärger abseits des Rasens, Stagnation auf dem Feld

Auch Murat Yakin hat die beste Position für Embolo noch nicht gefunden. Der Nationaltrainer gilt schon seit seiner Zeit beim FC Basel als Förderer Embolos. Er setzt weiterhin auf ihn, äusserte sich in der Vergangenheit aber auch schon kritisch. Vor der EM im Sommer sagte Yakin: «Breel muss sein Umfeld besser organisieren.»

Ärger abseits des Rasens, Stagnation auf dem Feld. Womöglich könnte Embolo seine Stärken leicht versetzt hinter einem zentralen Angreifer besser ausspielen, weil er Platz für seine Aktionen benötigt.

Und damit zu Zeki Amdouni. Der 23-Jährige passt perfekt zu Embolo. Eigentlich. Weil er flink und dribbelstark ist, sich auf engstem Raum mit feiner Technik behaupten kann, gerne um einen Leuchtturmstürmer herumwuselt.

Amdouni am Freitagabend im Letzigrund zuzuschauen, war wunderbar. Mit einer raschen Hüftbewegung tanzte er mehrmals hüftsteife Gegenspieler virtuos aus, als seien diese mit Leim auf dem Platz befestigt. Und er schoss im 23. Länderspiel mit einem herrlichen Schuss sein 9. Tor.

Mit seiner ausgezeichneten Leistung gegen Serbien weckte Amdouni erneut die Hoffnung, dass er das Nationalteam in den nächsten Jahren prägen könnte. Er ist auch jener Spielertyp, der dem zurückgetretenen Xherdan Shaqiri, dem jahrelangen Kreativkopf, am nächsten kommt.

Amdouni ist einer mit Strassenfussballer-Attitüde, wie es sie kaum mehr gibt. Die Stulpen trägt er extrem kurz, allein damit strahlt er Souplesse und Besonderheit aus. Bei ihm läuft viel über Intuition, über Spontaneität, über den Sinn für Zwischenräume. Er ist ein freischaffender Künstler, der es bei Trainern schwer haben kann, weil er sich nicht so einfach in ein Schema und in ein System pressen lässt. Und auch bei Amdouni stellt sich die Frage, auf welcher Position er am stärksten ist. Womöglich genau dort, wo sich Embolo am wohlsten fühlen würde?

Für Amdouni wäre es besser, in einem Klub wie dem SC Freiburg zu spielen

In seinem neuen Verein Benfica Lissabon ist Amdouni bisher Ergänzungsspieler, er teilt diese Rolle mit Arthur Cabral, einem anderen früheren Stürmer des FC Basel. In der portugiesischen Liga kam Amdouni auf sechs Teileinsätze, als Letztes waren es zwei Minuten beim 4:1-Sieg im Spitzenspiel gegen den FC Porto.

Pierluigi Tami, der Direktor der Schweizer Nationalteams, sagt, dass viele talentierte Schweizer Spieler zu früh ins Ausland gegangen seien. Die Karrieren sind auch getrieben vom Profitdenken der Berater. So verliessen in den letzten Jahren einige junge Angreifer die Schweiz als Toptalente zu einem grossen Klub – und setzten sich nicht durch.

Für einen wie Amdouni wäre es bestimmt klüger, würde er im SC Freiburg spielen oder im VfL Wolfsburg, in einem Klub dieser Kategorie. Das gilt noch viel mehr für Noah Okafor, der bei der AC Milan selten in der Stammformation steht – und sich wie Embolo mit seiner Art auch schon selbst im Weg stand. An der EM soll sich Okafor unprofessionell verhalten haben, doch Murat Yakin hat ihn im November begnadigt.

Das liegt auch daran, dass es in der Offensive an Alternativen mangelt. Kwadwo Duah war nur im EM-Eröffnungsspiel gegen Ungarn mit seinem Tor zum 1:0 eine überraschende Antwort auf die Schweizer Sturmsorgen. Andere wie Andi Zeqiri und Joel Monteiro können keine Fixpunkte sein. Und der Schweiz steht nun einmal nicht wie vergleichbaren Nationen wie Norwegen mit Erling Haaland, Polen mit Robert Lewandowski oder Schweden mit Viktor Gyökeres ein Weltklassestürmer zur Verfügung.

Trainer Yakin wie mehrere Nationalspieler mit starker Grippe unterwegs

Bei Okafor existiert immerhin dieses diffuse Gefühl, dass er einer sein könnte, der sich zum internationalen Topstürmer entwickelt. Doch auch hier: Auf welcher Position ist er am stärksten? Wirklich am linken Flügel, wo er gegen Serbien eingesetzt wurde und wirkungslos blieb?

Es ist ein interessantes und vor allem kompliziertes Puzzle, das Murat Yakin in der Schweizer Offensive zusammenfügen muss. Haben Embolo, Amdouni und Okafor gemeinsam Platz? Oder wäre ein Zwei-Mann-Sturm eine Idee? In welchem System aber dann, wenn die auf den Flügeln unbestrittenen Dan Ndoye und Ruben Vargas auch berücksichtigt werden sollen? Und sowieso: Müsste nicht auch Fabian Rieder mit seinen strategischen Fähigkeiten, seinem Biss, seiner Vielseitigkeit und seiner Klasse bei Standardsituationen einen Platz im Team haben?

Trainer Yakin, in diesen Tagen wie mehrere Nationalspieler mit starker Grippe unterwegs, hat nun Zeit, bis im Frühling 2025 die WM-Qualifikation beginnt, sich als Puzzlemeister zu versuchen.

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