Die Klubchefs der Dallas Mavericks glauben nicht an einen Meistertitel mit Doncic. Deshalb bildet der slowenische Basketballer bei den L. A. Lakers plötzlich ein Traum-Duo mit LeBron James.
Trades gehören zur National Basketball Association (NBA) wie das Amen zum Gottesdienst, Spielerwechsel mitten in der Saison zählen zur Normalität. Und so wie Gläubige in der Kirche eine Predigt nur abnicken dürfen, ergeht es auch den Basketballern in der weltbesten Liga: Haben zwei Klubs gemeinsam einen Spielertausch beschlossen, müssen die Auserwählten den Wechsel vollziehen – ob sie nun wollen oder nicht.
Die amerikanischen Medien kündigen solche Trades jeweils schon Tage vor der Offizialisierung durch die Klubs an. Normalerweise. Doch am Wochenende kam ein «Megatrade» zustande, mit dem niemand gerechnet hatte. Selbst die Lakers-Legende LeBron James wurde vom Deal überrascht, den der amerikanische TV-Sender ESPN als «spektakulärsten Spielertausch in der Geschichte der NBA» bezeichnete: Die Los Angeles Lakers verpflichteten Luka Doncic von den Dallas Mavericks, derweil der Center Anthony Davis den umgekehrten Weg geht. Die Vereinbarung zwischen den beiden Klubs sieht überdies weitere Spielerwechsel vor, die Utah Jazz waren ebenfalls in den Deal involviert.
Die Mavericks verstärken die Defensive
Die Dallas Mavericks und Luka Doncic, diese Liaison wirkte lange Zeit stimmig. Seit die Franchise aus Texas den Slowenen nach dem NBA-Draft 2018 übernommen hatte, rechtfertigte der 1 Meter 98 grosse Point und Shooting Guard das in ihn gesetzte Vertrauen mit starken Leistungen. In seiner ersten Spielzeit für die Mavericks sicherte sich der vielseitige Spielmacher die Auszeichnung als bester Rookie. Bereits mit 22 Jahren erreichte Doncic die Marke von 4000 Punkten, 1000 Assists und 1000 Rebounds – nur LeBron James schaffte das noch jünger. Und im Januar 2024 warf er 73 Punkte – nur die Granden Wilt Chamberlain (100) und Kobe Bryant (81) hatten bis dahin mehr Punkte in einem NBA-Spiel erzielt.
Der mittlerweile 25-jährige Doncic ist denn auch schon früh mit den ganz Grossen seiner Sportart verglichen worden, in den vergangenen Saisons entwickelte er sich zum vielleicht besten Offensivspieler der Liga. Und mit ihm wurden auch die Dallas Mavericks immer stärker.
So durften sich die Klubverantwortlichen berechtigte Hoffnungen machen, mit Doncic an die Erfolge der Ära Nowitzki anzuknüpfen – der Deutsche hatte mit den Texanern 2011 die einzige Championship der Vereinsgeschichte gewonnen. Und tatsächlich: In der letzten Saison führte Doncic die Mavericks in den NBA-Final, mit 33,9 Punkten pro Spiel war er der beste Skorer der Liga. Der herausragende Werfer Doncic war also der Erfolgsfaktor für die Mavericks – und ist längst ein, vielleicht sogar das Aushängeschild der NBA. Da mag es auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, dass Dallas Doncic nun eingetauscht hat.
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— Dirk Nowitzki (@swish41) February 2, 2025
Doch ein zweiter Blick offenbart: Der Superstar hat durchaus auch Schwächen. So ist er etwa verletzungsanfällig, allein in dieser Saison fiel Doncic bereits zwei Mal aus, seit Weihnachten hat er wegen einer Wadenverletzung keine NBA-Partie absolviert. Die wiederkehrenden längeren Absenzen dürften ihn auch die Nomination für das All-Star-Game Mitte Februar gekostet haben.
Mit der Verletzungsanfälligkeit hängt ein anderes, noch gewichtigeres Manko zusammen: Doncic ist zuweilen fehlende Professionalität vorgeworfen worden, es gibt Gerüchte, wonach sein Lebenswandel unseriös sei. So trinkt er nach Gala-Vorstellungen gerne ein Bier; Kommentatoren unterstellten ihm schon öfter mangelnde Fitness.
Hinzu kommt: Seine Verteidigungsarbeit tendiert gegen null. Nico Harrison, der General-Manager der Mavericks, sagte am Sonntag: «Ich bin der Meinung, dass die Defense Meisterschaften gewinnt. Und ich glaube, dass wir bessere Chancen haben, wenn wir einen All-Star-Spieler mit defensiver Einstellung bekommen.» Dank dem Spielertausch sei Dallas in der Lage «jetzt und in der Zukunft zu gewinnen». Deutlicher hätte es Harrison kaum formulieren können: Die Klubverantwortlichen der Mavericks sind schlicht zur Überzeugung gelangt, mit Doncic keinen Titel gewinnen zu können. Stattdessen setzen sie nun auf den bald 32-jährigen Davis, den 2 Meter 08 grossen Shot-Blocker. Auf Defensive statt Offensive also.
“I believe that defense wins championships,” Mavs GM Nico Harrison told ESPN regarding his motivation to trade Luka Doncic for Anthony Davis. “I believe that getting an All-Defensive center and an All-NBA player with a defensive mindset gives us a better chance. We’re built to… https://t.co/iPfQvA4str
— Tim MacMahon (@espn_macmahon) February 2, 2025
Die Lakers planen bereits die Ära nach LeBron James
Ebenfalls bloss auf den ersten Blick erstaunt, dass die Los Angeles Lakers dem Trade zugestimmt haben. Zwar dürften sich ihre Defense-Probleme nach dem Weggang von Davis noch akzentuieren. Doch James und Doncic im gleichen Team – das verspricht offensives Spektakel, eine «Lake-Show» eben. Der Ausnahmespieler James hatte schon öfter gesagt, ihm gefalle Doncic’ Spielstil, er würde gerne dereinst mit dem Slowenen zusammenspielen. Und James ist es bisher stets gelungen, starke Mitspieler noch besser zu machen.
Zudem verdeutlicht die Verpflichtung von Doncic, dass sich die Lakers bereits für die Ära nach James wappnen. Der 40-Jährige widersetzt sich zwar beharrlich den Gesetzmässigkeiten des Profisports, doch auch er wird irgendwann zurücktreten. Deshalb haben die Lakers die Rolle des künftigen Team-Leaders schon jetzt einem der besten Europäer in der Geschichte des Basketballs zugedacht: Luka Doncic.
Eigentlich hatten sämtliche Beobachter erwartet, dass Doncic bei den «Mavs» im kommenden Sommer einen Fünfjahresvertrag unterschreiben wird, der ihm 345 Millionen Dollar garantiert hätte. Nun haben sich die Klubchefs anders entschieden. Und wie informierten sie Doncic über den Spielertausch? Der Mavericks-Sportchef Harrison sagte, er habe dem Basketballer eine Nachricht und eine Voicemail auf dem Telefon hinterlassen. Und: «Er will wahrscheinlich lieber nicht mit mir reden.» Doncic hätte zum Trade sowieso nur Amen sagen können.