Neben dem Fantasy-Spektakel «Dune» hat der Frankokanadier auch hartgesottene Thriller wie «Prisoners» realisiert. In diese Richtung könnte es nun für die Franchise gehen.
Der Name ist Villeneuve, Denis Villeneuve. Der Frankokanadier darf den nächsten Bond-Film inszenieren. Dass die Wahl auf den 57-jährigen Blockbuster-Spezialisten fiel, ist ein Statement.
Für Amazon, die neue Kreativchefin von 007, tat es offenbar nur ein «big shot». Wer befürchtet hatte, dass James Bond zum Streaminghelden auf Prime eingedampft werde, kann aufatmen. Ein Villeneuve verspricht Grossformatiges.
Schauwerte sind in seinem Kino zentral, das trifft sich gut mit dem Globetrotter James Bond, den es oft an exotische Orte verschlägt. Fast wetten möchte man darauf, dass es im folgenden, dem 26. Bond-Film, nicht nur Actionszenen in der Luft oder unter Wasser geben wird, sondern auch in der Wüste. Denn dass er sich auf die sandige Unterlage versteht, hat Villeneuve mit «Dune» demonstriert. Derzeit ist er mit Teil drei des Fantasy-Epos beschäftigt, Bond kommt im Anschluss.
Er ist eine Bank
«Blade Runner 2049» war auch von ihm, davor liess er in «Arrival» Ausserirdische landen. Wer Denis Villeneuve bestellt, bekommt ein Kino der Attraktionen, so viel ist klar. Er ist einer fürs grosse Publikum, und er ist eine Bank. «Dune: Part Two» hat deutlich über 700 Millionen US-Dollar eingespielt. Ähnlich viel wie der letzte Bond-Film «No Time to Die».
Jeff Bezos braucht einen zugkräftigen Regisseur. Sein Onlineversandhaus hat sich die Rechte an dem Geheimagenten viel Geld kosten lassen, von achteinhalb Milliarden Dollar ist die Rede. Früher oder später muss Amazon Kassensturz machen.
Die Wahl eines Starregisseurs ist gleichwohl eine Abkehr von der bisherigen Praxis: Früher wurden für Bond eher mittelgewichtige Filmemacher akquiriert. Solche, die für die Produzenten noch gut formbar waren.
Villeneuves Vorgänger Cary Joji Fukunaga empfahl sich mit «True Detective» für «No Time to Die», Sam Mendes kam aus dem gehobenen Arthouse-Kino («American Beauty», «Revolutionary Road») zu «Skyfall». Denn die Idee bei Bond ist, dass die Marke über allem steht. Vom Filmemacher wird erwartet, dass er sich unterordnet: keine Experimente, keine allzu deutlich hervortretende Regiehandschrift. Ein Bond-Film ist und bleibt: ein Bond-Film.
Denis Villeneuve weiss das natürlich. Er sei damit aufgewachsen, mit seinem Vater James Bond zu schauen, verlautet er in einem Communiqué. «Ich bin ein eingefleischter Bond-Fan. Für mich ist er heiliges Land.»
Die Darsteller-Frage
Offenkundig will Villeneuve den Eindruck zerstreuen, dass er sich zu viele Freiheiten herausnehmen könnte. In welche Richtung sich die Reihe unter ihm entwickeln wird, ist dennoch schwer zu sagen. Ein Drehbuchautor wird laut dem «Hollywood Reporter» gegenwärtig gesucht, vor allem aber wartet man auf die Wahl des Hauptdarstellers. Der mackerhafte Aaron Taylor-Johnson («Kraven the Hunter») gehört gerüchteweise zu den Kandidaten, ein interessanteres Gesicht wäre Josh O’Connor («Challengers»).
So oder so dürfte Denis Villeneuve weiter den eher ernsten Ton pflegen, den die Daniel-Craig-Filme gesetzt haben. Denn Villeneuve kann alles, aber als allzu humoristisch hat man ihn noch nicht wahrgenommen. Neben Science-Fiction versteht er sich auf No-Bullshit-Thriller wie «Prisoners» (2013) und «Sicario» (2015). So wirkt er auch vom Typ her: geerdet, seriös, leicht nerdig. Ein beflissener Arbeiter und ein Filmverrückter. Von einer Begegnung vor einigen Jahren hat man ihn als einen Gesprächspartner in Erinnerung, der schnell spricht und genau weiss, was er will. Umgemünzt auf Bond, stellt man sich einen Geheimagenten vor, der eher kurze Espressi kippt als geschüttelte Martinis.