Mittwoch, Oktober 2

Trotz höherer Verzinsung bleiben Anleihen unattraktiv, und die US-Börse ist hoch bewertet. Doch es gibt eine Reihe von Aktienmärkten, die gute Renditen versprechen.

Nach der langjährigen Nullzinsphase und dem anschliessenden deutlichen Anstieg der Kapitalmarktrenditen wurde von vielen Anlageexperten eine «Renaissance der Anleihe» ausgerufen. Doch es kam anders, unsere Warnungen erwiesen sich als berechtigt. Der Bund-Future fällt, die Zinsen steigen.

Deutsche Bundesanleihen, gemessen am REXP-Index, haben seit Ende 2020 inklusive Zinsen inflationsbereinigt fast 30% verloren und gehörten damit zu den schlechtesten Anlagen überhaupt. Auch bei der aktuellen Rendite von 2,58% für zehnjährige Bunds bleibt das Chance-Risiko-Verhältnis völlig unattraktiv. Es stellt sich die Frage, warum Kapitalsammelstellen und Privatanleger in Deutschland nach wie vor einen Grossteil ihrer Kapitalanlagen in Nominalwerten (Festverzinsliche, Festgeld, Cash) halten, statt langfristig mehr Geld in Aktien und Edelmetalle zu investieren.

Ein Blick über den Tellerrand zeigt deutlich, wie man es besser machen kann. So hat zum Beispiel in Japan der frühere Premierminister Shinzo Abe den staatlichen Pensionsfonds GPIF, der bis dahin 60% in japanischen Regierungsanleihen hielt, bereits 2014 auf 50% Aktien und 50% Anlagen in Fremdwährung umgestellt. Gegenüber der ursprünglichen Struktur brachte dies dem Fonds einen Mehrwert von 370 Mrd. $, was 10% des japanischen Bruttosozialprodukts entspricht.

Japan zeigt, wie es geht

Und die japanische Zentralbank BoJ hat die Notenpresse angeworfen und rund 7% aller japanischen Aktien aufgekauft, deren Wert sich inzwischen mehr als verdoppelt hat. So kann auch ein hochverschuldetes Land mit einer alternden Bevölkerung seine Pensionsprobleme lösen. Bei uns dagegen fährt man aus ideologischer Verblendung das Renten- und Pensionssystem mit wachsenden Defiziten gegen die Wand.

Nicht nur die USA, sondern auch Europa steuert in ein paar Jahren auf eine veritable Staatsschuldenkrise zu. Denn die öffentlichen Ausgabenbedürfnisse sind schier unbegrenzt. Die Wirtschaft muss für den Klimawandel umstrukturiert werden (Green Deal), unsere Armeen müssen kriegstauglich gemacht werden, eine Rekalibrierung der Lieferketten soll uns von autokratischen Systemen unabhängiger machen, und der aufgeblähte Beamtenapparat muss genauso finanziert werden wie die marode Verkehrsinfrastruktur (Brücken, Strassen, Bahn).

Es bleibt auch unverständlich, warum ausgerechnet Deutschland mit Geld und Waffen zu den Hauptunterstützern der Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland werden muss. Aber wir haben ja bereits am Hindukusch und in Mali unsere westlichen Werte erfolglos verteidigt. So wird die Schuldenbremse zur Makulatur und die EU zu einer Union der Schuldenmacher umgestaltet.

Ist diesmal wirklich alles anders?

Speziell die Wallstreet hat in den letzten Jahrzehnten eine beispiellose Aufwärtsentwicklung erlebt. Getragen wurde diese von einem markanten Anstieg des Gewinns je Aktie, wobei die tatsächliche Entwicklung der Unternehmensgewinne durch massive Aktien-Rückkaufprogramme stark nach oben verzerrt wird. Doch auch eine deutliche Höherbewertung der Dividendenpapiere hat stattgefunden.

Erkennbar wird dies am Shiller-KGV, bei dem die aktuellen Kurse durch die inflationsbereinigten Durchschnittsgewinne der letzten zehn Jahre geteilt werden. Fast hundert Jahre lang schwankte das Shiller-KGV (Cape) für den US-Aktienmarkt um einen durchschnittlichen Wert von 13,5.

Andere Bewertungskennzahlen zeigten ein ähnliches Bild. Doch in den letzten 35 Jahren seit 1989 hat sich das Bewertungsniveau nach oben verschoben. Das durchschnittliche Shiller-KGV stieg auf 26. Heute wird also im Schnitt fast doppelt so viel für Aktien gezahlt, gemessen an der Ertragskraft der Unternehmen. Auf diesen Umstand hat jüngst der amerikanische Kapitalmarktforscher Jim Paulsen in einer Studie hingewiesen.

Erklärungsversuche dafür gibt es viele. Die Rezessionsphasen sind seltener und kürzer geworden, die Innovationszyklen haben sich beschleunigt (Mobiltelefone, Internet, soziale Medien, elektronische Handelssysteme, künstliche Intelligenz u.v.m.). Aber warum sollte dies ausgerechnet nur für die US-Börse gelten?

Gefährliche Schlussfolgerung

Jim Paulsen kam jedenfalls im Mai 2024 zu dem Schluss, dass der amerikanische Aktienmarkt seit 1989 auf ein permanent höheres Bewertungsniveau gestiegen ist. Diese Schlussfolgerung halten wir für gefährlich. Es erinnert an den Yale-Ökonomen Irving Fisher, der vor 85 Jahren in einem Beitrag für «The New York Times» jubelte, dass die Aktienkurse ein permanent höheres Kursplateau erreicht hätten. Nur wenige Tage später hat sich der Dow Jones innerhalb kürzester Zeit halbiert. Ähnlich erging es dem hoch bewerteten japanischen Aktienmarkt ab 1989.

Einen kleinen Nachteil hat das Shiller-KGV (Cape) aber, auf den inzwischen auch der Erfinder – der Nobelpreisträger Robert Shiller – selbst hingewiesen hat. In der Berechnung werden die Zinsen nicht berücksichtigt, obwohl sie eine wichtige Rolle bei der Attraktivität von Unternehmensinvestitionen und alternativen Kapitalanlagen spielten. Deshalb berechnen wir in unserer Kapitalmarktforschung auch die sogenannte «Excess Cape Yield», das ist die Differenz zwischen der Realverzinsung am Bondmarkt und der zyklisch bereinigten Gewinnrendite der Unternehmen. Doch auch hier bleibt der US-Markt hoch bewertet.

Peter E. Huber

Peter E. Huber ist Gründer und Geschäftsführer der Huber Portfolio GmbH in Oberursel. Er ist spezialisiert auf antizyklische Investitionen an den Aktien- und Anleihenmärkten. Zuvor war er Partner und Fondsmanager beim Vermögensverwalter StarCapital, den er 2016 an die Bellevue Group verkaufte. Huber hat in Mannheim Betriebswirtschaft studiert und danach für die Privatbank SMH in Frankfurt gearbeitet, bevor er sich 1981 selbständig machte.

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