Freitag, November 22

Die iranische Führung reagiert empört auf einen neuen Beschluss der Internationalen Atomenergiebehörde, der von Teheran eine umfangreiche Erklärung zum iranischen Atomprogramm fordert.

Mit einer neuen Resolution hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) den Druck auf Iran erhöht, offene Fragen zu seinem Atomprogramm zu beantworten. Die Behörde fordert von Iran eine bessere Zusammenarbeit mit der IAEA und eine Erklärung, warum Uran in offiziell nicht deklarierten iranischen Anlagen gefunden wurde. Eine umfassende iranische Antwort sei «dringend und notwendig», heisst es.

Verabschiedet wurde die Resolution am Donnerstag vom Gouverneursrat der Behörde. Darin sind 35 Länder vertreten. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und die USA hatten den Entwurf eingebracht. 19 Länder stimmten dafür, zwölf enthielten sich. China, Russland und Burkina Faso votierten dagegen.

Noch wenige Tage vor der Abstimmung hatte Teheran in Aussicht gestellt, seinen Vorrat an Uran, das sich für den Bau von Atomwaffen eignet, zu begrenzen – offenbar in der Hoffnung, eine neue Resolution und damit auch mögliche weitere Sanktionen abwenden zu können. Iran befindet sich schon seit Jahren in einer schweren Wirtschaftskrise. Sanktionen westlicher Staaten tragen dazu bei. Sollte Teheran der IAEA die bis Frühjahr 2025 geforderten Antworten schuldig bleiben, könnte der Uno-Sicherheitsrat eingeschaltet werden und neue Strafmassnahmen gegen Iran beschliessen.

Ausreichend Uran für vier Nuklearwaffen

Teheran reagierte empört auf den Beschluss des Gouverneursrat. «Diese politisch motivierte und destruktive Resolution sabotiert den Beginn der konstruktiven Zusammenarbeit Irans mit der IAEA», teilte das iranische Aussenministerium in einer Presseerklärung mit. Geradezu trotzig kündigte es an, im Gegenzug nun neue Zentrifugen für eine schnellere Urananreicherung einführen zu wollen.

«Anreicherung von Uran» bezeichnet die Erhöhung der Konzentration des radioaktiven Schwermetalls – ein aufwendiger Prozess. Das Uran in den Brennstäben eines Kernreaktors enthält in der Regel zwischen drei und fünf Prozent des in der Natur extrem seltenen Stoffes U-235. Für den Bau einer Atombombe hingegen wird Uran mit mindestens 90 Prozent U-235 benötigt.

Laut der IAEA besitzt Iran bereits jetzt genügend hoch angereichertes Uran, um relativ schnell nukleares Spaltmaterial für vier Atombomben herstellen zu können. Darüber hinaus verfügt der Staat über weniger konzentriertes Uran, das für weitere Bomben reichen würde. Iran bestreitet, Atomwaffen bauen zu wollen und sagt, sein Atomprogramm diene ausschliesslich zivilen Zwecken – allerdings braucht man dafür kein hoch angereichertes Uran.

Das Land streitet sich seit Jahren mit der IAEA über sein Atomprogramm. In der Vergangenheit verwehrte Teheran Inspektoren der Behörde den Zugang zu einer Werkstatt, in der Teile für Zentrifugen zur Uran-Anreicherung hergestellt werden, und lehnte eine Ausweitung der Zusammenarbeit ab.

Parallel dazu liess Iran aber immer wieder durchblicken, dass es bereit sei, sein Atomprogramm einzuschränken, wenn es seinerseits mit Entgegenkommen rechnen darf: mit der Aufhebung von Sanktionen zum Beispiel. Aktuell hofft Teheran möglicherweise auch, mit Zugeständnissen an den Westen einem israelischen Militärschlag gegen seine Atomanlagen zuvorzukommen.

Israel hatte Ende Oktober militärische Einrichtungen in Iran bombardiert – als Reaktion auf einen iranischen Angriff auf Israel mit fast 200 ballistischen Raketen. Entgegen allen Befürchtungen verschonte der jüdische Staat Irans Atomprogramm. Doch Israel droht damit, bei einer nächsten Eskalation weniger zurückhaltend zu sein.

Hoffnung auf Zusammenarbeit

Westliche Staaten wiederum hoffen, mit der neuen Resolution und der Forderung nach einem umfangreichen Bericht Iran zu neuen Gesprächen über sein Atomprogramm bewegen zu können. Im Jahr 2015 hatten sich die Uno-Vetomächte, Deutschland und Iran auf ein Atomabkommen geeinigt, das Teheran davon abbringen sollte, eine Atomstreitmacht aufzubauen.

Drei Jahre später kündigte der damalige US-Präsident Trump das Abkommen eigenmächtig wieder auf. Seine erste Amtszeit im Weissen Haus war von starken Spannungen mit Iran geprägt. Beobachter gehen davon aus, dass der designierte Präsident auch künftig einen anti-iranischen Kurs verfolgen wird.

In der vergangenen Woche war IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi nach Teheran gereist – offenbar in der Hoffnung, den neuen und als vergleichsweise moderat geltenden iranischen Präsidenten Masud Pezeshkian von einer besseren Zusammenarbeit mit der IAEA zu überzeugen. Die neue Resolution scheint – zumindest kurzfristig – das Gegenteil bewirkt zu haben.

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