Samstag, Oktober 12

Velofahrer sollen ebenfalls Verkehrsabgaben bezahlen, und zwar kostendeckende. Andere Kantone hatten schon die gleiche Idee.

Wer in der Schweiz ein Verbrennerauto fährt, finanziert den Strassenbau gleich mehrfach mit: über die Mineralölsteuer, über die kantonale Motorfahrzeugsteuer, über die Autobahnvignette und über die allgemeinen Steuern.

Ganz anders sieht es beim Fahrrad aus. Für das Velofahren an sich fallen keine Gebühren und Abgaben an, die Pedaleure dürfen die Strassen kostenlos nutzen. Selbst die Velonummer wurde abgeschafft. Nur indirekt, als Steuerzahler, leisten auch Zweiradfans einen Beitrag an die Infrastruktur.

Das heisst nicht, dass der Veloverkehr gratis ist. 2015 bewilligte zum Beispiel die Stadtzürcher Stimmbevölkerung einen Rahmenkredit über 120 Millionen Franken für den Ausbau der Velowege. Die Stadt rechnet pro Kilometer Velovorzugsroute, eine Art Highway für Fahrräder, mit Kosten von zwischen 400 000 und 600 000 Franken.

Beim Kanton Zürich wiederum läuft derzeit ein Veloförderprogramm, das mit 12 Millionen Franken alimentiert ist. Mit dem Geld wird unter anderem die Umsetzung des kantonalen Velonetzplans begleitet, ausserdem gibt es PR-Massnahmen. Der Ausbau der Velowege selbst wird separat mit Mitteln aus dem Strassenfonds finanziert.

Was heisst hier verursachergerecht?

Dass Velofahrer so viel erhalten, aber nur wenig bis nichts bezahlen, stösst auf Kritik. Andreas Schlegel, ein Jurist aus Küsnacht und ehemaliger Stadtzürcher Gemeindeparlamentarier, hat im Kantonsrat eine Einzelinitiative eingereicht. Seine Forderung ist ganz einfach: Der Kanton Zürich soll Verkehrsabgaben für Velofahrer einführen – und zwar kostendeckende.

Ihm gehe es nicht darum, gegen Velos Stimmung zu machen oder gar Auto- und Velofahrer gegeneinander auszuspielen, sagt Schlegel. Er selbst benutze alle möglichen Verkehrsmittel. «Ich bin Fussgänger, fahre Velo, Vespa, Auto und besitze ein GA.»

Ihm sei bewusst, dass die Situation für Velos gerade in der Stadt Zürich nicht optimal sei und es Massnahmen brauche. «Aber es ist nicht ehrlich, wenn ausgerechnet Velofahrer keinen Beitrag an die sehr teure Infrastruktur leisten müssen, die nur für sie erstellt wird.»

Mit Ausnahme der Fussgänger sollten sich alle Verkehrsteilnehmer am Ausbau der Strassen beteiligen. Dies, sagt Schlegel, sei eigentlich auch im Strassenfonds so vorgesehen.

Tatsächlich schreibt der Kanton zum Strassenfonds, dass dieser «verursachergerecht» gespeist werde. Gleichzeitig steht im Verkehrsabgabengesetz aber, dass «Fahrräder und deren Anhänger abgabefrei» seien. Konsequent verursachergerecht geäufnet wird der Fonds also doch nicht.

Baselland hat die Idee schon abgelehnt

Ganz neu ist die Idee mit der Velosteuer nicht. Auch in anderen Kantonen ist sie bereits zum Thema geworden.

In Baselland wurde das Ansinnen im letzten Winter diskutiert. Ein FDP-Parlamentarier hatte die Einführung einer Velosteuer gefordert, «im Sinne der Gleichbehandlung mit den Autofahrern», wie er in seinem Vorstoss ausführte.

Die Basellandschaftliche Regierung lehnte das Ansinnen ab; sie begründete dies mit Argumenten, die auch im Kanton Zürich in die Debatte einfliessen dürften. So sei es sowohl aus ökologischen wie aus gesundheitlichen Gründen erwünscht, dass die Bevölkerung vermehrt das Rad nehme – eine Besteuerung des Velos stünde dazu im Widerspruch.

Ausserdem sei es nicht so, dass nur die Radfahrer selbst von einer ausgebauten Veloinfrastruktur profitieren würden. Wenn ein Autofahrer auf das Velo umsteige, entlaste dies die Strassen, wovon der motorisierte Verkehr profitiere.

Zu bedenken gab der Regierungsrat von Baselland weiter, dass es kaum möglich sei, zu kontrollieren, woher ein Velo stamme. Es gebe im Gegensatz zu Autos im Verkehrsrecht keine Pflicht für ein Kontrollschild. Somit sei es sehr einfach, die Steuer zu umgehen.

Das Parlament von Baselland folgte dieser Argumentation und lehnte den Antrag ab.

Im Kanton Luzern wurde eine Velosteuer Anfang September verworfen. Dort war der Antrag von der Mitte gekommen. Wie die Zeitungen von CH-Media berichteten, wurde im Parlament kritisiert, dass eine Velosteuer Familien besonders treffen würde. Diese nähmen das Velo nicht nur, um die Umwelt zu schonen, sondern auch aus finanziellen Gründen.

Auf Bundesebene hatte die SVP bereits 2022 mit einem Vorstoss die Einführung einer Velosteuer gefordert. Sie zog ihren Antrag aber später wieder zurück. Der Bundesrat hatte zuvor auf den hohen Verwaltungsaufwand hingewiesen, den eine Velosteuer mit sich brächte.

Die Sache mit den externen Kosten

Keine Freude an Zürcher Verkehrssteuern für Radfahrer hat der Interessenverband Pro Velo. «Velofahrerinnen und Velofahrer leisten bereits einen Beitrag an den Strassenbau», sagt der Pro-Velo-Zürich-Präsident Res Marti. «Die meisten Velowege sind kommunale Strassen, und diese werden über die Steuern finanziert.»

Wenn über die Kosten diskutiert werde, dann müssten auch die externen Kosten einbezogen werden – und dort komme das Fahrrad sehr viel besser weg als das Auto, sagt Marti mit Bezug auf die jüngsten Zahlen des Bundes. «Beim Auto gibt es heute 16,5 Rappen ungedeckte Kosten pro Personenkilometer, beim Velo gibt es einen Nutzen von 26,8 Rappen für die Allgemeinheit.»

Andreas Schlegel, der Initiant, der Verkehrsabgaben auch für Velofahrer will, möchte sich nicht auf eine Preisdiskussion einlassen. Es gehe ihm nicht um die externen Kosten, diese liessen sich sowieso nicht genau berechnen. «Aber ich will eine gewisse Gerechtigkeit», sagt er.

Das Argument, dass Velofahrer schon über ihre Steuern einen Beitrag leisteten, lässt er nicht gelten. Auch mit der Volksgesundheit muss man ihm nicht kommen. Sehr viele Personen bezahlten überhaupt keine Steuern, wirft er ein. Und die Gesundheit fange nicht erst beim Velofahren an, sondern bei einem Spaziergang im Wald oder am See, und das koste nichts.

Und, ja, letztlich wäre eine nationale Lösung wohl besser als eine kantonale, sagt Schlegel. Aber als grösster Kanton komme Zürich eine wichtige Vorbildfunktion zu. Wenn Zürich eine Regel einführe, dann sei das ein starkes Signal.

Ob dieses Signal tatsächlich ertönen wird, ist offen. Damit Schlegel mit seiner Einzelinitiative im Kantonsparlament durchkommt, muss sie in einer ersten Runde mindestens sechzig Stimmen erhalten, dies entspricht einem Drittel des Rats.

Doch die velofreundliche rot-grüne Ratsseite und die Feinde neuer Steuern auf der bürgerlichen Seite dürften der Abgabe eher kritisch gegenüberstehen.

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