Montag, September 30

Angeführt von schwächelnden Tech-Aktien eröffnen auch die US-Börsen tiefrot. Die entscheidende Frage ist, ob sich die Sorgen der Investoren in eine sich selbst erfüllende Prophezeiung verwandeln.

Die schlechte Stimmung an den Börsen ist um den Erdball gewandert und am Montag erneut in den USA angelangt, wo sie ihren Ausgang genommen hatte. Die amerikanischen Leitindizes eröffneten deutlich im Minus.

Bereits im vorbörslichen Handel hatte der technologielastige Nasdaq 100 mehr als 5 Prozent eingebüsst, beim breiteren S&P 500 waren es ebenfalls fast 4 Prozent. Die Titel der Schwergewichte Apple, Amazon und Meta kamen besonders unter die Räder. Immerhin erholten sich die Titel kurz nach Börseneröffnung etwas.

Die Investoren fliehen derweil in sichere Anlagen: Die Renditen auf US-Staatsanleihen sanken markant, vor allem in den kürzeren Laufzeiten. Das bedeutet, dass ihr Wert entsprechend steigt. Das führt dazu, dass sich die Zinsstrukturkurve normalisiert. Dass der Erdölpreis trotz der politischen Unruhen im Nahen Osten weiter sinkt, ist ein weiteres Indiz dafür, dass Investoren mit einer sich abschwächenden Konjunktur vor allem in den USA rechnen.

Angst vor Rezession steigt

Ausgelöst wurde der Meinungsumschwung am Freitag von schwachen Arbeitsmarktzahlen. Die US-Wirtschaft hatte im Juli nur 114 000 Stellen geschaffen statt der erwarteten mehr als 170 000. Die Arbeitslosenrate erhöhte sich von 4,1 auf 4,3 Prozent.

Für sich genommen waren das keine aussergewöhnlich schlechten Zahlen; eine Arbeitslosenquote unter 5 Prozent gilt in den USA eigentlich als guter bis sehr guter Wert. Andere Indikatoren, etwa die Zahl der offenen Stellen, liegen ebenfalls noch im grünen Bereich.

Zudem hatte der Hurrikan Beryl, der im Juli über den wichtigen Gliedstaat Texas hinweggefegt war, für einen bedeutenden Einmaleffekt gesorgt: Allein in Texas wurden vermutlich einige zehntausend Stellen weniger geschaffen als erwartet. Auch darüber hinaus könnte das schlechte Wetter einen negativen Effekt auf die Zahlen gehabt haben, gab der Marktbeobachter Ed Yardeni zu bedenken.

Aber der schwache Arbeitsmarktbericht traf auf eine nervöse Finanzgemeinde, die für solche Feinheiten nicht empfänglich war. Sie schien zur Einsicht gekommen zu sein, dass alle guten Zeiten einmal enden und dass der Boom der Tech-Aktien nun vorüber sein könnte.

Als der Chiphersteller Intel sehr schwache Zahlen vorlegte und ein hartes Sparprogramm ankündigte, sahen sich die Anleger bestätigt in dieser Sorge; obwohl Intel im Unterschied zu seinen Konkurrenten Nvidia und AMD den KI-Hype verpasst hatte und daher eine Anpassung ohnehin zu erwarten war.

Am Samstag wurde zudem bekannt, dass Berkshire Hathaway, das Unternehmen der Investorenlegende Warren Buffett, im zweiten Quartal die Hälfte ihres enormen Portfolios an Apple-Aktien verkauft hatte. Die Titel des Tech-Riesen aus Cupertino wären also ohnehin unter Druck geraten; nun fügte sich Buffetts Verkaufsorder ins pessimistische Narrativ.

Die US-Notenbank Fed hatte erst vergangenen Mittwoch einen Zinsentscheid gefällt und dabei abermals auf eine Senkung verzichtet. An den Märkten bildete sich ab Freitag daher rasch die Erwartung, dass die Notenbank ab dem nächsten Treffen im September nun aggressivere Zinssenkungen durchführen wird, um den Rückstand aufzuholen. Derzeit rechnen knapp 80 Prozent der Marktteilnehmer mit einer Senkung um 0,5 Prozentpunkte im September; der Rest sogar eine Senkung um 0,75 Prozentpunkte.

Fed-Chef Jerome Powell hatte an seiner Pressekonferenz am 31. Juli eigentlich noch gesagt, dass eine Senkung um 0,5 Prozentpunkte nicht im Zentrum der Überlegungen stehe. Aber die Märkte wetten darauf, dass das Fed seine Position jetzt überdenken muss.

Angst vor einer Rezession

Die Unsicherheit an den US-Börsen bleibt gross, wie etwa der Volatilitätsindex zeigt. Ob der Ausverkauf weitergeht, hängt nun stark von der Reaktion der Wirtschaftsteilnehmer ab. Es ist durchaus möglich, dass die Juli-Zahlen vom Arbeitsmarkt ein negativer Ausreisser bleiben und sich die US-Wirtschaft bloss graduell abkühlt – was das Fed mit seinen zuletzt hohen Zinsen auch so bezwecken wollte.

Aber am amerikanischen Arbeitsmarkt bewegen sich die Dinge rasch. Wenn die Unternehmen glauben, dass härtere Zeiten bevorstehen, können sie sich ziemlich schnell von ihren Mitarbeitern trennen; was wiederum die Stimmung unter den Konsumenten beeinträchtigt und ihnen die Kauflust verdirbt. Es ist also durchaus möglich, dass sich eine Rezession schneller als erwartet materialisiert. Aber es kommt stark darauf an, wie die Firmen und Konsumenten nun reagieren.

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