Samstag, Oktober 5

Der Entscheid der Landesregierung sorgt für Kritik. Einige Kantone wünschen sich Anpassungen, um Missbräuche besser bekämpfen zu können.

Der Bundesrat hat am Mittwoch entschieden, den Schutzstatus S für Geflüchtete aus der Ukraine bis zum 4. März 2026 zu verlängern. Eine nachhaltige Stabilisierung der Lage in der Ukraine sei nicht absehbar, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung. Nach wie vor müsse «auf dem gesamten Staatsgebiet der Ukraine mit kriegerischen Handlungen gerechnet werden». Im Juni hatte bereits die Europäische Union entschieden, ihrerseits den Schutzstatus S für Ukrainer bis 2026 zu verlängern.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich im Vorfeld mit den Kantonen ausgetauscht. Diese stehen mehrheitlich hinter dem Entscheid. Solothurn schreibt etwa in einer Medienmitteilung, dass eine Abschaffung zum gegenwärtigen Zeitpunkt «zu einer erheblichen Belastung des Asylsystems führen würde».

Einschränkungen gefordert

Allerdings wünschen sich einige Kantone Anpassungen. Unter anderen St. Gallen, wo bürgerliche Politiker den Schutzstatus S wegen Missbrauchsfällen am liebsten ganz abgeschafft hätten. Die Regierung stellt sich zwar hinter den Bundesrat, fordert aber eine «rigorose Missbrauchsbekämpfung». Geflüchtete müssten zwingend Deutsch lernen und wenn möglich nachweisen, dass sie sich um Arbeit oder eine Ausbildung bemühten. Der Kanton Uri findet es prüfenswert, den Schutzstatus für Personen aufzuheben, welche aus sicheren Gebieten der Ukraine kommen. Diese Forderung wird auch in Bern ernsthaft diskutiert. Der Ständerat hat im Juni einen entsprechenden Vorstoss von Esther Friedli (SVP) angenommen.

Der Kanton Basel-Stadt wiederum möchte, dass Geflüchtete mit Schutzstatus S nur noch «in begründeten Fällen» in die Heimat reisen dürfen, um «den Willen hinsichtlich einer verbindlichen Integration weiter zu stärken». Wer mehr als zwei Wochen abtaucht, soll den Schutzstatus S verlieren. Auch diese Forderung wurde in Bern bereits aufgenommen, der Ständerat hat einem entsprechenden Vorstoss von Benedikt Würth (Mitte) zugestimmt.

Die Frage ist, wann die Kantone allfällige Resultate zu sehen bekommen. Bis die Gesetze angepasst sind, dürfte der Bundesrat bereits über die nächste Verlängerung des Schutzstatus S befinden. Die SVP wirft der Landesregierung in einem Communiqué daher vor, die Missstände im Zusammenhang mit dem Schutzstatus S nicht anzugehen.

Gar nicht so unbürokratisch

Anfänglich war der Schutzstatus S als unbürokratische, schnelle Hilfe gedacht. Er gilt seit März 2022 für Geflüchtete aus der ganzen Ukraine. Mit ihm erhalten sie sofort Schutz, ohne reguläres Asylverfahren. Sie werden den Kantonen zugeteilt, in den Gemeinden untergebracht und finanziell unterstützt.

Die Zahlen sind seit eineinhalb Jahren ziemlich stabil. Derzeit befinden sich rund 66 000 Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus in der Schweiz, die Mehrheit davon weiblich. Im Dezember 2022 waren es knapp 63 000 Personen. Zwar gibt es laufend neue Gesuche, gleichzeitig verlassen viele Ukrainerinnen und Ukrainer die Schweiz auch wieder.

Doch so schnell und unkompliziert wie geplant läuft der Prozess nicht mehr ab. Gemeinden in Zürich oder eben St. Gallen beklagen sich darüber, dass sie Mühe haben, die vielen Schutzsuchenden unterzubringen. Und das Staatssekretariat für Migration (SEM) hatte Anfang 2024 zunehmend mit Antragstellern zu tun, die bereits in anderen Ländern einen Schutzstatus erhalten hatten. Ausserdem hat das SEM seine Kontrolltätigkeiten erhöht. So machten unter anderem Gerüchte von gefälschten ukrainischen Pässen die Runde. Der Mehraufwand beim SEM führte dazu, dass die Verfahren fast bis zu drei Monaten in Anspruch nahmen.

Eine weitere Herausforderung ist die Beschäftigungsquote: Sie lag Ende August bei knapp 28 Prozent, das sind 4 Prozent mehr als Ende April. Bis Ende Jahr sollen 40 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer einen Job haben. Dieses ambitionierte Ziel hat Bundesrat Beat Jans im Mai verkündet. Um das zu erreichen, führt er unter anderem das Programm S weiter. Der Bund beteiligt sich mit 3000 Franken pro Person und Jahr an den Integrationsanstrengungen der Kantone, insbesondere zur Sprachförderung und zum Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. Fachleute stellen allerdings infrage, ob eine Erwerbsquote von 40 Prozent bis Ende Jahr realistisch ist.

Der Bundesrat diskutierte am Mittwoch auch die Wiederaufbauhilfe für die Ukraine. Für ein Bündelung der Tätigkeiten setzte er den Freisinnigen Jacques Gerber als Delegierten mit Botschafterstatus ein. Gerber war bisher Staatsrat im Kanton Jura.

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