Freitag, November 22

Experten im Gesundheitswesen klagen, dass Lachgas überall verfügbar, billig und sehr schädlich sei. Nun will Lauterbach handeln, bevor es Neuwahlen gibt.

Lachgas ist in Deutschland sehr leicht zu bekommen. Distickstoffmonoxid, wie es korrekt heisst, ist in Rahmkartuschen, die es in jedem Supermarkt gibt, enthalten. Berliner Spätis bieten es schon länger in grossen Flaschen an und verkaufen es an Jugendliche und Nachtschwärmer, die es inhalieren und sich berauschen. Im Frühsommer 2024 machten zudem Snackautomaten in der niedersächsischen Stadt Gifhorn Schlagzeilen. Lachgaskartuschen waren hier für 20 Euro erhältlich, in unmittelbarer Nähe zu Schulen, einem Kindergarten und einem Jugendzentrum.

Alle paar Monate sagten Gesundheitsexperten warnend, mit der beliebten Partydroge sei nicht zu spassen. Es half nichts. Deshalb hat sich der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingeschaltet. «Der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen muss ein Anliegen aller verantwortungsbewussten Parteien des Bundestages sein», sagte Lauterbach der Deutschen Presse-Agentur. Am Mittwoch billigte das Bundeskabinett Lauterbachs Entwurf, der den Verkauf von Lachgas an Minderjährige verbietet. Nun muss der Bundestag darüber entscheiden.

Lauterbach rechnet mit einer breiten Mehrheit für sein Anliegen und will ein entsprechendes Gesetz noch vor den geplanten Neuwahlen im Frühjahr 2025 durch das Parlament bringen.

Andere europäische Länder haben bereits gesetzliche Massnahmen gegen den missbräuchlichen Konsum von Lachgas ergriffen. Die Niederlande haben es als Genussmittel im Januar 2023 verboten. In Grossbritannien ist der Besitz von Lachgas seit Anfang November 2023 strafbar. Wer wiederholt gegen das Verbot verstösst, muss mit einer Höchststrafe von zwei Jahren Haft rechnen.

Schäden an Nerven und Rückenmark

Die Medizin nutzt Lachgas seit mehr als 150 Jahren als leichtes Betäubungsmittel bei kleineren Eingriffen. Schon in den 1830er Jahren diente es der Belustigung von Besuchern auf Jahrmärkten, auch auf Raves und Technopartys der 1990er Jahre war Lachgas beliebt. Durch die sozialen Netzwerke wurde es zu einer immer beliebteren Partydroge für immer jüngere Menschen. Viele von ihnen glauben, weil Lachgas überall erhältlich ist und die Wirkung nach wenigen Minuten nachlässt, sei die Droge kaum gefährlich.

Das Gas wirkt bereits nach wenigen Sekunden, die Konsumenten fühlen sich entspannt, euphorisch, lachen minutenlang. Nebenwirkungen sind Schwindel, Kopfschmerzen, Kribbeln am Körper. Wer das Gas direkt aus der Kartusche inhaliert, kann sich zudem Erfrierungen in Mund und Rachenbereich zuziehen.

Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) warnte vor zwei Jahren vor Lachgas und sprach von einem wachsenden Problem.

Seither haben zahlreiche Gesundheitsexperten in Fachzeitschriften und in der Öffentlichkeit vor den Auswirkungen des Lachgaskonsums gewarnt. Die Gewerkschaft der Berliner Polizei teilte mit, sie finde bei Verkehrsunfällen immer häufiger Lachgaskartuschen in den Unfallfahrzeugen.

Die Forschung hat inzwischen gezeigt, dass der Konsum von Lachgas zu gravierenden gesundheitlichen Schäden führen kann. Ärzte berichteten, dass sie immer häufiger schwere Schäden an Nerven und Rückenmark feststellten. Sie führten das auf den Lachgaskonsum der Patienten zurück.

Das Verbot ist schon länger ein Thema

Im Frühling 2024 kündigte Lauterbach an, den Verkauf von Lachgas strenger zu regeln. Kurz darauf initiierte die niedersächsische Landesregierung eine Bundesratsinitiative. Damit wollte sie den Verkauf an Minderjährige unterbinden. Die niedersächsische Ärztekammer versuchte das Momentum zu nutzen und schlug vor, den Verkauf von Lachgas auch für Erwachsene zu verbieten. Im Juli hiess es aus dem Gesundheitsministerium schliesslich, die Gesetzesänderung für ein Verbot des Verkaufs an Jugendliche sei in Arbeit.

Laut Medienberichten sollen Lachgas und K.-o.-Tropfen in bestimmten Mengen unter ein «Umgangsverbot» für psychoaktive Stoffe fallen. Minderjährige dürfen die Substanzen weder kaufen noch besitzen. Ein generelles Verbot sieht der Entwurf laut den Berichten für die Abgabe von Lachgas in Automaten und den Versandhandel vor. Ausgenommen davon sind Bereiche, in denen Lachgas als Arzneimittel oder gewerblichen und industriellen Zwecken dient. Dasselbe gilt auch für Rahmkartuschen.

*Mit Agenturmaterial

Exit mobile version