Donnerstag, Oktober 3

Die Gefahr einer Eskalation im Nahen Osten, das erneute Aufflackern der Inflation und steigende Zinsen dämpfen die Stimmung an den Leitbörsen in den USA. Umso wichtiger wird die Berichtssaison zum ersten Quartal. Können die Schwergewichte aus dem Tech-Sektor liefern?

Das Klima wird rauer. Die amerikanischen Börsen haben sich am Dienstag zwar etwas stabilisiert. Dennoch lässt die Dynamik mehr und mehr nach. Der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten ist nach der Konsolidierung der vergangenen Tage auf das Niveau von Anfang Februar zurückgefallen. Die Small Caps aus dem Russell 2000 notieren seit Anfang Jahr inzwischen sogar deutlich im negativen Bereich.

Jede Erfolgsserie geht einmal zu Ende. Der US-Leitindex S&P 500 hat am Montag erstmals seit dem 2. November unter dem gleitenden Durchschnitt der letzten fünfzig Tage geschlossen. Wer nach Gründen sucht, das Risiko zu reduzieren, hat mit der wachsenden Gefahr einer Eskalation im Nahen Osten seit dem Wochenende ein Argument mehr.

Eine Entwicklung im makroökonomischen Umfeld ist aber noch wichtiger, zumindest für den Moment: Die Rendite auf zehnjährige Treasuries ist am Dienstag weiter auf annähernd 4,7% geklettert.

Zur Erinnerung: Bei der «Everything Rally» in der Schlussphase von 2023 waren die langfristigen Zinsen auf weniger als 3,8% gesunken. Wie der Stratege Jim Bianco bemerkt, hat der US-Bondmarkt in den vergangenen fünfzig Jahren im Zeitraum von Januar bis Mitte April nur in drei Fällen grössere Verluste erlitten als dieses Jahr: 1980, 1994 und 2022.

Was sich schon seit Monaten abzeichnet, wird nun auch von der amerikanischen Notenbank als Fakt öffentlich anerkannt. Das erneute Aufflackern der Inflation und die generell robuste Verfassung der Wirtschaft machen baldige Zinssenkungen in grösserem Umfang zusehends unwahrscheinlich.

«Die jüngsten Daten haben uns eindeutig kein grösseres Vertrauen gegeben, sondern deuten darauf hin, dass es vermutlich länger als erwartet dauern wird, Vertrauen zu gewinnen», sagte Fed-Chef Jerome Powell gestern zur schwindenden Hoffnung, dass die Inflation in den USA bald auf das Ziel von 2% sinkt.

Die Erwartungen zur ersten Lockerung der Geldpolitik verschieben sich damit weiter nach hinten. An den Märkten wird inzwischen erst Mitte September mit einem ersten Zinsschritt gerechnet – wenn überhaupt.

Hält sich die US-Notenbank an die Devise «higher for longer» und belässt die Zinsen länger auf erhöhtem Niveau, wächst entsprechend der Druck auf die Bewertungen. Stark exponiert sind Aktien aus dem Technologiesektor. Auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate handelt der Nasdaq 100 zum Kurs-Gewinn-Verhältnis 28, was sowohl historisch wie auch relativ zum Gesamtmarkt ziemlich sportlich ist.

Besonders zinsempfindliche Anlagen wie die hochgradig spekulativen Tech-Titel im ARK Innovation ETF von Cathie Wood, kleine Biotech-Aktien, Cloud-Software-Firmen und IPO-Unternehmen sind schon vor Wochen eingebrochen.

Vor diesem Hintergrund gewinnen die Unternehmensabschlüsse zum ersten Quartal noch mehr an Relevanz. In den kommenden zwei Wochen werden grosse US-Konzerne, die zusammen fast 70% der Marktkapitalisierung des S&P 500 ausmachen, über den Geschäftsverlauf informieren.

Die heutige Ausgabe von «The Pulse» nimmt deshalb einen Ausblick auf die Berichtssaison vor, wobei sich ein spezieller Fokus auf den Tech-Sektor richtet.

Gemischte Signale aus Corporate America

Heute Mittwoch ging es los. Mit dem niederländischen Halbleiterausrüster ASML präsentierte der erste grosse Tech-Konzern den Leistungsausweis für das erste Quartal 2024: Die Nachfrage entwickelte sich markant schwächer als erwartet, der Auftragseingang sank gegenüber der Vorjahresperiode. Das dürfte heute auch bei den Schweizer Zulieferern VAT, Inficon und Comet für Druck auf dem Aktienkurs sorgen. Mit dem taiwanischen Auftragsproduzenten TSMC wartet in der Nacht auf Donnerstag ein weiterer Branchenleader aus dem Chipsektor mit Zahlen auf.

Zu den prominenten Namen, die diese Woche mit dem Ergebnis aufwarten, gehören ebenso der Streaming-Pionier Netflix und der finnische Telecom-Equipmenthersteller Nokia. Der Schwedische Konkurrent Ericsson hat das Resultat bereits gestern publiziert. Obschon sich das Geschäft in der Berichtsperiode erneut schwierig gestaltete und die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr 15% sanken, überraschte der Ausblick angenehm.

Wie Ericsson-CEO Börje Ekholm berichtet, sollte sich der Umsatz in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren, sofern die gegenwärtigen Trends bestehen bleiben. Dies, «dank jüngsten Vertragsabschlüssen und der Normalisierung der Lagerbestände unserer Kunden in Nordamerika». Im US-Handel schlossen die Titel am Dienstagabend knapp 2% fester.

Richtig ernst wird es dann kommende Wochen, wenn die Superschwergewichte Microsoft, Alphabet und Meta Platforms an der Reihe sind. Ausserdem weisen IBM, Texas Instruments und Intel Zahlen aus. Erwartet wird ebenso der Abschluss von Amazon, wobei ein Termin bisher noch nicht bestätigt ist. Wie meistens schliessen in der Folgewoche Apple und Qualcomm die Berichtssaison im Tech-Sektor ab.

Generell sind in den vergangenen Tagen gemischte Nachrichten aus Corporate America eingetroffen. Für einen grösseren Dämpfer sorgte der Finanzriese JPMorgan Chase. Mit Enttäuschung wurde ebenso der Abschluss des breit aufgestellten Industrie-Distributors Fastenal aufgenommen. «Die grösste Herausforderung bleibt die schwache Nachfrage», sagte Finanzchef Holden Lewis. «Die Industrieproduktion ging im Januar und Februar leicht zurück, aber die Segmente, die Fastenal am unmittelbarsten betreffen, wie der Maschinenbau, waren viel schwächer.»

Alarmierend ist die Situation bei Tesla. Der Hersteller von Elektroautos legt den Abschluss am Mittwoch in einer Woche vor. Bereits bekannt ist, dass der Absatz im ersten Quartal deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb. Zu Wochenbeginn hat Konzernchef Elon Musk einen massiven Stellenabbau angekündigt, der 10% der Belegschaft betrifft. Zugleich treten zwei Mitglieder des oberen Managements zurück, was für zusätzliche Irritation sorgt.

Zu den schwierigen Rahmenbedingungen im Markt für Elektrofahrzeuge kommen bei Tesla hausgemachte Probleme hinzu. Musk streicht überraschend die Pläne für das günstige Model 2, die noch beim letzten Quartalsbericht Ende Januar angeblich «sehr weit fortgeschritten waren». Der hastig angekündigte Investorentag zu Robotaxis im August wird an der Börse wenig ernst genommen.

Selbst die zuversichtlichsten Tesla-Analysten sind beunruhigt: «Die Aneinanderreihung schlechter Nachrichten in den vergangenen Monaten war eine Horrorshow für Investoren», meint etwa Dan Ives vom Brokerhaus Wedbush. Der Konsens rechnet mit einem Rückgang der Einnahmen von 3% für das erste Quartal. Für das Gesamtjahr wird nur noch ein Umsatzplus von 8% erwartet, und die Prognosen sinken praktisch täglich. Nicht gerade passend zum Narrativ einer «Wachstumsstory».

Optimismus an Wallstreet

Wie jede Berichtssaison wird es positive und negative Überraschungen geben. Tech-Konzerne haben vergangenes Jahr von einer Kombination vorteilhafter Voraussetzungen profitiert: der wenig anspruchsvollen Vergleichsbasis nach der Rezession in der Branche im Jahr 2022, festere Margen dank Kostensenkungen sowie der grossen Begeisterung für das Thema künstliche Intelligenz.

Die ersten beiden Faktoren werden im weiteren Verlauf dieses Jahres sukzessive nachlassen. Die Vergleichsbasis wird anspruchsvoller, und die Effizienzprogramme sind weitgehend umgesetzt. Künstliche Intelligenz regt weiterhin die Fantasie an. Nun müssen sich die massiven Investitionen in die Technologie aber allmählich in den operativen Zahlen positiv bemerkbar machen.

Der Konsens bleibt optimistisch. Gemäss dem Datendienst FactSet gehen Analysten für den Sektor Informationstechnologie für das erste Quartal von fast 21% Gewinnwachstum aus. Für den Sektor Kommunikationsdienste, wo der Google-Mutterkonzern Alphabet, Meta Platforms und Netflix den Ton angeben, sollen es sogar fast 27% sein.

Etwas weniger dynamisch, aber dennoch beachtlich soll die operative Performance gemäss den Schätzungen bis Ende Jahr ausfallen. Im zweiten bis vierten Quartal wird für den IT-Sektor laut dem Datendienst LSEG mit einem Gewinnwachstum von 14 bis 15% gerechnet, was die Entwicklung im S&P 500 insgesamt weiterhin übertreffen würde.

Anders gesagt: Das Gewinnwachstum im Tech-Sektor hat den Zenit aller Wahrscheinlichkeit nach bereits überschritten, während das erste Quartal für den Rest von Corporate America voraussichtlich das Tief in diesem Zyklus markieren wird. Vorausgesetzt natürlich, dass es nicht zu einem Konjunkturabschwung kommt.

Schon jetzt ist klar, dass die meisten Konzerne die Erwartungen übertreffen werden. Gemäss FactSet melden 75% der Unternehmen in der Regel ein besseres Ergebnis als von Analysten prognostiziert. In den vergangenen zehn Jahren lag das tatsächliche Gewinnwachstum durchschnittlich 5,5 Prozentpunkte über der Konsensschätzung. Auf Basis des aktuell prognostizierten Gewinnwachstums von 3,4% für das erste Quartal wird demnach eine Steigerung von knapp 9% impliziert.

Entscheidend bleibt letztlich der Ausblick. Gute Anhaltspunkte zu den Aussichten für Tech-Konzerne und zur Wirtschaft allgemein dürften vor allem die Abschlüsse von Halbleiterkonzerne geben. Dies liegt daran, dass ihr Geschäftsverlauf typischerweise der Konjunktur vorausläuft und sie heute fast alle Wirtschaftszweige beliefern.

Anhaltspunkte aus Taiwan

Der Zyklus im Chipsektor hat im ersten Halbjahr 2023 das Tief durchschritten. Seit vergangenem Oktober nimmt der globale Umsatz zu. Gemäss den neusten Daten des Branchenverbands SIA belief sich das Wachstum für Februar auf 14% im Vorjahresvergleich.

Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt indes, dass die Zunahme zuletzt ausschliesslich auf der rasanten Erholung im schwankungsanfälligen Memory-Segment beruhte. Klammert man Speicherchips aus, verzeichnete der Rest der Branche im Februar sogar einen Umsatzrückgang von etwas mehr als 1%.

An der Börse hat sich der Aufwärtstrend im Chipsektor in den vergangenen Wochen abgeflacht. Der Konsolidierung konnten sich auch «heisse» KI-Aktien wie Nvidia, AMD und Broadcom nicht entziehen. Einen Rückschlag erlitten die Valoren von Intel nach Vorabzahlen zur Fabrikationssparte, deren Geschäftsentwicklung der Konzern fortan separat ausweist.

Immerhin: Gemessen am Stand von Anfang Januar notiert der PHLX Semiconductor Index rund 13% im Plus, nachdem er vergangenes Jahr gut 65% vorgeprescht war.

Aufschlussreich sind in der Regel die Zahlen zur IT-Industrie Taiwans, die in den Lieferketten vieler führender Tech-Konzerne eine zentrale Rolle spielt. TSMC, der weltgrösste Auftragsproduzent für Halbleiter, hat bereits vergangene Woche gemeldet, dass der Umsatz im ersten Quartal in Lokalwährungen um 16,5% gegenüber der Vorjahresperiode gestiegen ist.

Massgeblich verantwortlich dafür ist das Geschäft mit Hochleistungschips für Smartphones, PC-Geräte und Grossrechner. Der kleinere Konkurrent UMC, der weniger anspruchsvolle Komponenten für ein breiteres Spektrum der Wirtschaft fabriziert, berichtet über einen Umsatzzuwachs im ersten Quartal von bloss 1%. Das ist nicht unbedingt ein gutes Zeichen für Hersteller von Analogchips wie Texas Instruments, Analog Devices, Infineon oder STMicroelectronics.

Allgemein lief es taiwanischen Herstellern von Hardware-Komponenten im ersten Quartal gemäss Branchenumfragen primär in den Segmenten Memory, chinesische Smartphones, PC-Geräte und Grossrechner besser, als vom Konsens erwartet. Hinter den Prognosen zurückgeblieben sind Komponenten, die spezifisch zur Lieferkette von Apple zählen. Das Gleiche gilt für Wafer im Rohformat.

Apple fällt ab

Das Hauptereignis der Berichtssaison sind die Quartalszahlen der fünf Tech-Titanen Microsoft, Apple, Amazon, Alphabet und Meta Platforms. Nvidia veröffentlicht den Abschluss erst am 22. Mai. Die Aufmerksamkeit wird sich auf die Kapitalinvestitionen richten, die wegen des Wettrüstens im Bereich künstliche Intelligenz dieses Jahr deutlich steigen dürften.

Auf operativer Ebene stehen zwei Aspekte im Vordergrund. Der erste betrifft Cloud-Infrastrukturdienste, wo Amazon, Microsoft und Alphabet führend sind. Das Wachstum mit Rechen- und Speicherlösungen übers Internet hat sich nach einer längeren Flaute gegen Ende vergangenes Jahr etwas belebt. Entscheidend für die Kursreaktion bei den Quartalszahlen wird deshalb sein, ob sich dieser positive Trend fortsetzt.

Beim zweiten Aspekt geht es um die Entwicklung im Markt für Onlinewerbung. Dieser Bereich ist für das Ergebnis von Alphabet, Meta und zusehends auch Amazon entscheidend. Gemäss einer regelmässigen Branchenumfrage des Research-Teams von UBS hat sich der Ausblick seit Dezember aufgehellt.

«Der Grund dafür ist eine Kombination aus stärkerem Konsum sowie höheren Werbeausgaben in den Kategorien Gesundheit, E-Commerce/Einzelhandel und Politik», heisst es dazu in einer Studie der Grossbank. Im letzteren Fall dürften mitunter die Wahlkampagnen im Zusammenhang mit den US-Wahlen im Herbst ins Gewicht fallen.

Bei Alphabet rechnen die Branchenspezialisten von UBS für das erste Quartal mit einer Zunahme der digitalen Werbeeinnahmen von gut 11%. Im Fall von Meta soll sich das Wachstum im Vergleich zur Vorjahresperiode auf knapp 13% belaufen.

In einer schwierigen Position ist Apple. Die neuste iPhone-Generation stösst auf verhaltene Resonanz, und das Wachstum der margenträchtigen Sparte Services mit Diensten wie dem App Store verlangsamt sich. Unter den fünf Branchenriesen schneiden die Aktien mit einem Minus von 10% seit Anfang Jahr denn auch am schwächsten ab.

Der Konsens rechnet für das März-Quartal bei Apple mit einem Umsatzrückgang von mehr als 4%. Allerdings ist das Formtief schon seit einiger Zeit bekannt. Wichtiger als die Zahlen zum Geschäftsgang könnten deshalb erste Anhaltspunkte zur mit Spannung erwarteten Entwicklerkonferenz im Juni sein, wenn Konzernchef Tim Cook voraussichtlich über die Strategie im Bereich künstliche Intelligenz erstmals im Detail informieren wird.


Deep Diving

An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:

  • Künstliche Intelligenz löst nicht nur Begeisterung aus, sondern hat auch kontroverse Aspekte. Dazu zählt der Einsatz der Technologie in der modernen Kriegsführung. Das verdeutlicht diese investigative Reportage der Onlinepublikation «+972 Magazine» zum Programm «Lavendel», die KI-Maschine, die Israels Bombardierungen im Gazastreifen steuert. Dies tut sie oftmals mit wenig menschlicher Aufsicht.
  • Der folgende Beitrag geht in eine ähnliche Richtung. Mehr als 2 Mrd. Menschen in fünfzig Ländern sind dieses Jahr aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellte Inhalte werden dabei immer häufiger zur Verbreitung von Fehlinformationen sowie zur Verwirrung von Wählern eingesetzt. Das Tech-Magazin «Rest of World» verfolgt mit diesem Tracker die weltweit brisantesten Vorfälle zu KI-Wahlpropaganda.
  • Wenn von der weltweiten Halbleiterproduktion die Rede ist, wird meist Taiwan genannt. Eine Schlüsselrolle spielt ebenso Malaysia, wo Chips hauptsächlich getestet und in Gehäuse verpackt werden. Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen dem Westen und China nehmen die Direktinvestitionen zu. Zu den Grosskonzernen die ihre Präsenz ausbauen, zählen Intel, GlobalFoundries und Infineon. Diese Berichte von «Nikkei Asia» und dem Newsportal des Börsensenders «CNBC» geben einen Hintergrund zur boomenden Halbleiterindustrie Malaysias.

Und zum Schluss noch dies: Down to the Wire

Die Rohstoffmärkte verspüren Auftrieb. Dynamik zeigt besonders Kupfer. Der Preis für das Buntmetall, das wegen seiner hohen thermischen und elektrischen Leitfähigkeit in der Energiewirtschaft eine Schlüsselrolle spielt, hat sich seit Ende Oktober um mehr als 20% erhöht.

Das weckt Begehrlichkeiten – und kriminelle Aktivitäten. Eines der jüngsten Opfer ist ein Denkmal, das seit rund hundert Jahren im MacArthur Park in Los Angeles steht. Es zeigte Harrison Gray Otis, einen General aus dem Bürgerkrieg und später Herausgeber der «Los Angeles Times», flankiert von einem Soldaten und einem Zeitungsjungen.

Der Soldat zu seiner Linken wurde schon vor Jahren entwendet. Nun ist auch der Zeitungsjunge gestohlen worden. Übrig geblieben sind nur die abgesägten Füsse. Aufnahmen von Sicherheitskameras zeigen, dass die Diebe reflektierende Sicherheitswesten trugen, um den Anschein von städtischen Angestellten zu erwecken.

Historische Monumente wie das Otis-Denkmal sind üblicherweise aus Bronze. Beim Einschmelzen erhält man zum Teil grössten Kupfer. Mit dem steigenden Preis des Metalls nehmen Diebstähle überall in Südkalifornien zu. Besonders im Visier der Diebe sind auch Strassenlaternen, deren Kupferdrähte herausgerissen werden, so dass ganze Stadtviertel nachts im Dunkeln liegen.

Das kostet. Bereits vergangenes Jahr wurden in L.A. mehr als 6800 Strassenlampen «geplündert». Die Reparaturarbeiten kamen auf mehr als 20 Mio. $ zu stehen. Mitte Februar wurde deshalb eine spezielle Taskforce gegen Kupferdiebe gestartet. «Die Stadt wird im wahrsten Sinne des Wortes in ihre Einzelteile zerlegt», lautet die Begründung der Massnahme.

Das Problem betrifft nicht nur Los Angeles. Auch in anderen Teilen der USA kommt es immer häufiger zu Kupferdiebstählen. Nicht selten handelt es sich um das Werk organisierter Banden. Im Januar beispielsweise wurde in Wichita, im US-Gliedstaat Kansas, eine Bronzestatue der Baseball-Legende Jackie Robinson entwendet. Das US-Energiedepartement schätzt, dass Kupferdiebstähle jährlich rund 1 Mrd. $ kosten.

Dass solche kriminellen Machenschaften mehr und mehr zum Problem werden, lässt aufhorchen. Das letzte Mal, als sich die Schlagzeilen zu Kupferdiebstählen häuften, war während der grossen Rohstoffhausse vor mehr als zehn Jahren. «Da sich das weltweite Angebot weiter verknappt, wird der Markt für illegales Kupfer wahrscheinlich wachsen», warnte seinerzeit das FBI.

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