Die in Genf erzielte Vereinbarung übertrifft die Erwartungen. Auch der aggressive Ton zwischen den Supermächten hat sich gemässigt. Die Finanzmärkte reagieren positiv.

Die Erwartungen im Vorfeld der Handelsgespräche von Genf waren gedämpft. Umso positiver hat die Meldung überrascht, wonach die Delegationen der USA und Chinas eine substanzielle Vereinbarung erzielen konnten. Laut einer gemeinsamen Erklärung, welch die beiden Länder publiziert haben, reduzieren die USA ihren Zolltarif gegenüber chinesischen Produkten von 145 auf 30 Prozent. China umgekehrt senkt den Tarif von 125 auf 10 Prozent.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Die Vereinbarung gilt vorerst für 90 Tage. Die USA und China haben aber gleichzeitig beschlossen, die hochrangig besetzten Verhandlungen weiterzuführen. Sie werden angeführt von US-Finanzminister Scott Bessent sowie dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten He Lifeng.

Die Einigung hatte sich über das Wochenende bereits abgezeichnet. So bezeichnete US-Präsident Donald Trump die Gespräche auf seiner Onlineplattform Truth Social als «einen vollständigen Neustart». Zunächst hatte er dort ein Zollniveau von 80 Prozent ins Spiel gebracht – was nun nochmals deutlich unterboten wurde.

Auch der zuvor aggressive Ton zwischen den Kontrahenten hat sich inzwischen gemässigt. In ihrer Mitteilung betonen die beiden Länder die Bedeutung ihrer bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Ebenso unterstreichen sie die Absicht, im Geiste der gegenseitigen Öffnung und des gegenseitigen Respekts voranzukommen.

Die Börsenkurse steigen deutlich

Die Finanzmärkte haben ausgesprochen positiv auf diesen Durchbruch reagiert. Der europäische Aktienindex Euro Stoxx 50 legte um 1,7 Prozent zu, der deutsche Dax gewann 1,5 Prozent und erreichte ein neues Rekordhoch. Auch der chinesische Aktienmarkt schloss deutlich im Plus.

Weniger positiv entwickelte sich dagegen der Schweizer Aktienmarkt. Der Swiss Market Index verlor sogar leicht, weil die Pharma-Schwergewichte Novartis und Roche deutlich an Wert einbüssten. Auf ihnen lastet die Ankündigung von US-Präsident Trump, die Preise für Medikamente zu senken.

Bemerkenswert war zudem, wie stark die Devisenmärkte auf den Erfolg bei den Handelsgesprächen reagiert haben. Der Dollar legte gegenüber dem Euro 1,3 Prozent zu. Zum Franken resultierte gar ein Plus von 1,6 Prozent. Der massive Vertrauensverlust, der seit Ausbruch des Zollkonflikts auf der amerikanischen Währung lastete, konnte damit teilweise korrigiert werden.

Einbruch der Importe aus China

Der Zollstreit mit China hat in der amerikanischen Wirtschaft bereits starke Schäden angerichtet. Das Bruttoinlandprodukt schrumpfte im ersten Quartal zum ersten Mal seit drei Jahren. Der Grund war eine Zunahme der Importe in Vorwegnahme der höheren Zölle, was zudem das Handelsbilanzdefizit weiter anschwellen liess.

Nach Ankündigung der Zölle Anfang April brachen die Importe dann drastisch ein. So verschiffte China im letzten Monat nur noch Güter im Wert von 33 Milliarden Dollar in die USA. Dies entspricht einem Rückgang von 21 Prozent im Jahresvergleich.

Bereits haben sich in den amerikanischen Supermärkten Lieferengpässe und leere Regale abgezeichnet, was die Popularität der US-Regierung stark untergraben könnte. Dasselbe gilt für steigende Preise aufgrund der höheren Zölle. Dass Donald Trump nach seiner anfänglichen brachialen Rhetorik nun plötzlich auf einen versöhnlicheren Kurs umgeschwenkt ist, muss daher als Schwächezeichen gedeutet werden.

Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, betont, die USA wären ohne Korrektur auf eine Stagflation, also eine Rezession mit gleichzeitig steigender Inflation zugesteuert: «Bisher hat China sich mit seiner harten Haltung, die US-Zölle mit nahezu ähnlich hohen Zöllen zu vergelten, weitgehend durchgesetzt», erklärte er gegenüber der Agentur Reuters. «Peking hat die USA an den Verhandlungstisch gezwungen.»

Trotz der nun erzielten Einigung bleiben dennoch grosse Vorbehalte unter den Marktteilnehmern bestehen. Neil Wilson, Stratege der Investmentplattform Saxo Markets, schrieb in einer ersten Analyse, die Neuausrichtung der Weltwirtschaft gehe dennoch weiter. Man müsse nach wie vor davon ausgehen, dass die US-Regierung letztlich auf eine Abkoppelung von China abziele.

Auch Christopher Hodge, Chefökonom der Investmentbank Natixis, erklärte, die Risiken eines extremen Negativszenarios seien nun zwar vom Tisch. Dennoch würden die Zölle am Ende dramatisch höher bleiben und das Wachstum in den USA belasten.

Exit mobile version